Die Diskussion um ein Schreiben, mit dem Buchalik Brömmekamp für die Insolvenz in Eigenverwaltung warb, ebbt nicht ab. Der Verein Forum 270 kritisiert die Werbeaktion deutlich. Das will Buchalik Brömmekamp aber nicht auf sich sitzen lassen.
Gewöhnlich halten sich Anwälte mit öffentlicher Kritik an Kollegen zurück. Doch der branchenweite Aufruhr, den ein Akquise-Schreiben der Kanzlei Buchalik Brömmekamp verursacht hat, rief nun das "Forum 270 – Qualität und Verantwortung in der Eigenverwaltung" auf den Plan. In dem Verein haben sich Restrukturierungsberater und Insolvenzrechtler aus renommierten Kanzleien zusammengeschlossen.
Buchalik Brömmekamp hatte unter anderem dem Trigema-Chef Wolfgang Grupp einen Werbebrief geschickt, in dem eine Insolvenz in Eigenverwaltung angepriesen wird. Grupp reagierte erbost und verfasste wütende Briefe an die Namenspartner der Kanzlei und an den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl. Später griffen unter anderem Bilanz und Focus das Thema auf und veröffentlichen kritische Berichte.
"Erheblicher Schaden" für die Eigenverwaltung
In einer Stellungnahme, die unter anderem an Medien, Amtsgerichte, Gläubigervertreter sowie Vertreter aus Politik und Verwaltung verschickt wurde, kritisieren nun auch die 13 Mitglieder des Forum 270 die Werbeaktion mit ungewöhnlich klaren Worten. Sie füge dem Ansehen der Eigenverwaltung "erheblichen Schaden" zu und "erschwere vielen Unternehmen den Rückgriff auf dieses wichtige und bewiesenermaßen funktionierende Sanierungsinstrument nachhaltig", schreiben sie dort.
Sie wollen Behauptungen, die in dem Schreiben aufgestellt werden, richtigstellen und so "den Eindruck entkräften, die Eigenverwaltung sei nur ein Mittel, um die Gläubiger zu benachteiligen".
In dem Werbebrief werde beispielsweise der Eindruck erzeugt, dass durch die rechtzeitige Einleitung eines Verfahrens private Bürgschaften oder sonstige Haftungserklärungen nicht zum Tragen kämen. "Diese Aussagen sind in ihrer Generalität nicht richtig, wie wir aus einer Vielzahl von durchgeführten Verfahren selber wissen", schreiben die Vereinsmitglieder. Zwar ergebe sich bei rechtzeitiger Planung tatsächlich eine höhere Erfolgschance, auch Bürgschafts- und sonstige in das Privatvermögen hineinreichende Verpflichtungen zu lösen, es bedürfe aber "einer gewissenhaften Analyse im Vorfeld der Verfahrensdurchführung, um die Chancen und Auswirkungen beurteilen zu können".
"Augenwischerei"
Auch die Aussage in dem Schreiben von Buchalik Brömmekamp, dass bei rechtzeitiger Planung einer Insolvenz in Eigenverwaltung eine nahezu hundertprozentige Erfolgschance bestehe und eine Sanierung in der Regel ohne die Zuführung externer Mittel gelinge, sei nicht richtig. "Vielmehr ist es so, dass der Unternehmer vor dem Antrag darauf hingewiesen werden muss, dass das Verfahren auch in der Eigenverwaltung nur in enger Abstimmung mit den Gläubigern geführt werden kann", stellen die Mitglieder des Forum 270 klar.
Beispielsweise könnte es vorkommen, dass sich im Rahmen der durchgeführten M&A-Prozesse Investoren engagieren, die im Ergebnis zu einer höheren Gläubigerbefriedigung beitragen. Auch in der Eigenverwaltung müsste diesen Investoren der Vorzug zu geben werden. "Es ist Augenwischerei, dem Unternehmer zu suggerieren, er käme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne fresh money durch das Verfahren."
Eine weitere Aussage von Buchalik Brömmekamp, wonach die ungesicherten Gläubiger und das Insolvenzgeld in der Regel nur mit einer geringen Quote befriedigt werden, sei "so verallgemeinernd nicht richtig". Sie habe "allein das Ziel, beim 'unbedarften' Leser den Eindruck zu erwecken, er könne sich dieser Verbindlichkeiten billig entledigen", heißt es in der Stellungnahme weiter. Tatsächlich werde aber die Quote gezahlt, die sich bei bestmöglicher Verwertung des Unternehmens ergebe.
Werbebrief schade der Branche
In einer abschließenden Bewertung geizen die Mitglieder des Forum 270 ebenfalls nicht mit klaren Worten: "Durch all diese Aussagen soll offensichtlich bei Unternehmern der Eindruck erweckt werden, dass durch die Eigenverwaltung und den Schutzschirm auf einfachem und billigem Weg eine Rettung des eigenen Unternehmens und des eigenen Vermögens möglich ist", schreiben sie.
Es sei zwar nicht ungewöhnlich, dass in Werbebriefen nicht alle Schwachstellen und Probleme aufgezählt würden. "In Anbetracht der erheblichen Komplexität der Verfahren halten wir allerdings das Vermitteln des Eindrucks eines nahezu sicheren Erfolges ohne den Einsatz eigener Mittel auf Kosten der Gläubiger für unangemessen."
Die Vorgehensweise, die durch den Werbebrief nahegelegt wird, erzeuge auf lange Sicht bei den wesentlichen Stakeholdern ein Misstrauen gegen die neuen Sanierungsinstrumente, befürchten die Mitglieder des Vereins.
Das Forum 270 hat sich im April dieses Jahres gegründet, der Verein hat derzeit 13 Mitglieder. Der Vorstand besteht aus Thomas Oberle von SZA Schilling Zutt & Anschütz, Dr. Georg Bernsau von BBL Bernsau Brockdorff und Andreas Elsässer von Schultze & Braun.
Kritik an der Kritik*
Diese harsche Kritik lässt Buchalik Brömmekamp nicht auf sich sitzen: Nur zwei Tage, nachdem das Forum 270 seine Stellungnahme verbreitet hat, veröffentlicht die Kanzlei ihrerseits eine Replik. Ihrer Ansicht nach werde ihr in dem Schreiben des Vereins "eine wesentliche Aussage untergeschoben, die der Informationsbrief nicht enthält, und Halbsätze zitiert, in denen wesentliche Einschränkungen fehlen". Damit werde der Inhalt des Akquise-Schreibens an wichtigen Stellen verfälscht und "letztlich werden unwahre Tatsachen behauptet". Das Forum 270 spare in seiner Stellungnahme vieles aus, was für das Gesamtverständnis des Lesers wichtig gewesen wäre, moniert Buchalik Brömmekamp.
Die Kanzlei betont erneut, dass sie die Adressaten ihres Schreibens an keiner Stelle aufgefordert habe, einen Antrag auf Eigenverwaltung zu stellen. "Die vielfach verbreitete Behauptung, wir hätten Unternehmern eine vorsätzliche Insolvenz vorgeschlagen, ist ebenso falsch wie absurd."
Buchalik Brömmekamp gibt sich empört: "Texte im Sinn zu entstellen und falsche Eindrücke zu erwecken, zeugt weder von einem hohen Werte- und Anstandsgefühl noch von einem verantwortlichen Umgang mit einem hochsensiblen Thema", schreibt die Kanzlei. Es sei zu vermuten, dass es dem Verein mit seiner Stellungnahme eher um Eigenmarketing gehe als um die Sache.
*Die folgenden Abschnitte wurden am Montag, 16.10.2017, um 14:16 Uhr ergänzt (ah/LTO-Redaktion)
Anja Hall, Umstrittene Werbung mit der Planinsolvenz: . In: Legal Tribune Online, 12.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24989 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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