Das Verhandlungsmandat des Bundesverbands der Presse-Grossisten verstößt nicht gegen Kartellrecht. Der BGH hat eine Klage des Bauer-Verlags abgewiesen. Gleiss Lutz hat den Verband in dem Rechtsstreit vertreten.
Der Bundesverband Buch- und Presse-Großhändler verstößt mit der Praxis, die Konditionen der einzelnen Presse-Grossisten zentral auszuhandeln, nicht gegen das Kartellrecht. Die Bauer Media Group ist mit dem Versuch, das zentrale Verhandlungsmandat zu kippen, gescheitert. Die Klage des Verlags wies der Bundesgerichtshof (BGH) ab (Urt. v. 06.10.2015, Az. KZR 17/14).
Mit seinem Urteil klärte der BGH eine Grundsatzfrage des deutschen Pressegroßhandelsvertriebs und bestätigte damit auch die Europarechtskonformität des im Rahmen der letzten GWB-Novelle neu eingeführten § 30 Abs. 2a GWB. Gleiss Lutz hat in dem seit über fünf Jahren laufenden Rechtstreit den Bundesverband Presse-Grosso beraten.
Dem Bundesverband gehören verlagsunabhängige Presse-Grossisten in Deutschland an, die als Zwischenhändler Zeitungen und Zeitschriften an den Einzelhandel weiterverkaufen. Der Verband verhandelt bundesweit einheitliche Grosso-Konditionen mit den Verlagen und schließt entsprechende Branchenvereinbarungen ab. Infolgedessen gelten bundesweit für alle Presseerzeugnisse vergleichbare Vertriebsbedingungen, die einen freien Marktzugang und einen optimalen Titelwettbewerb im Einzelhandel ermöglichen.
Verfahren lief seit 2010
Der Hamburger Bauer-Verlag sah das zentrale Verhandlungsmandat als unzulässige Kartellabsprache an und leitete 2010 durch seine Tochtergesellschaft Bauer Vertriebs KG ein Verfahren gegen den Bundesverband Presse-Grosso ein. Das Landgericht Köln und das Oberlandesgericht Düsseldorf folgten zunächst der Rechtsauffassung des Verlages. Der Kartellsenat des BGH gab mit seinem Urteil vom 6. Oktober 2015 nun aber der Revision des Bundesverbandes Presse-Grosso statt und hob das Urteil des OLG Düsseldorf vom 26.2.2014 auf. Damit wurde die Klage des Bauer-Verlages abgewiesen und höchstrichterlich klargestellt, dass zentral verhandelte Branchenvereinbarungen im Pressevertrieb weiter zulässig sind.
Der BGH hob hervor, dass die dem Bundesverband angehörenden Presse-Grossisten durch § 30 Abs. 2a GWB mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nämlich dem flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften, im Sinn von Art. 106 Abs. 2 AEUV betraut seien. Die Anwendung der sonstigen EU-Wettbewerbsregeln stünde der Aufgabenerfüllung durch die Grossisten entgegen. Dafür ist die Einschätzung des Gesetzgebers, der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften werde bei Anwendung der Wettbewerbsregeln auf das zentrale Verhandlungsmandat gefährdet, ausreichend. Daher kommt es nur zu einer eingeschränkten Anwendung des Kartellrechts im Bereich des Pressevertriebs.
Gleiss Lutz für den Grosso-Verband:
Prof. Dr. Rainer Bechtold, Kartellrecht, Stuttgart (inzw. im Ruhestand)
Dr. Martin Raible, Kartellrecht, Partner, Düsseldorf
BGH-Anwalt: Prof. Dr. Ralph Schmitt
Gleiss Lutz: . In: Legal Tribune Online, 09.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17141 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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