Es ist bereits der vierte Anlauf - zweimal scheiterte die Türkei mit ihren Kandidaten für das EGMR-Richteramt wegen deren fehlender fachlicher Eignung. Auf der Liste stehen nun zwei alte Bekannte und eine neue Frau.
Am Montag hat die türkische Regierung ihre neue Kandidatenliste mit drei Namen für ihre Richterstelle am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nach Straßburg geschickt – nunmehr im vierten Anlauf. Zwei Mal hatte der zuständige Expertenausschuss beim Europarat nicht alle Kandidaten als fachlich geeignet bewertet, im dritten Anlauf gab es einen Rückzieher – offenbar nachdem sich auch hier eine Zurückweisung angekündigt hatte. Von dem neuem Versuch erfuhr LTO nun aus Kreisen der türkischen Bewerbung.
Für die Bewerbung sind drei geeignete Kandidaten erforderlich, die dem Europarat schließlich zur Abstimmung gestellt werden. Es müssen allerdings drei geeignete Kandidaten sein – nicht nur zwei, und da war der Haken bei den letzten Versuchen.
Eigentlich sollte die Amtszeit der aktuellen türkischen Richterin Işıl Karakaş bereits am 30. April 2017 enden. Doch nun muss sie weiter im Amt bleiben, solange bis ein Nachfolger gefunden ist.
Wegen der bislang missglückten Anläufe stand zuletzt auch der Verdacht im Raum, dass die Türkei möglicherweise gar keine Neubesetzung finden wolle. Eine Verzögerungstaktik, aber mit welchem Ziel? Soll Işıl Karakaş, die sich zuletzt etwa bei der Entscheidung zu zwei in der Türkei inhaftierten Journalisten hatte vertreten lassen, weiter die Stellung halten?
Neue Kandidatin ohne besondere Qualifikation im Völkerrecht
Auf der neuen Liste von Montag stehen für den Expertenausschuss des Europarates zwei bereits bekannte und eine neue Personalie. Bei ersteren handelt es sich um den Jura-Professor Selami Kuran von der Universität in Marmara und Necati Polat, Professor für Internationales Recht, von der Middle East Technical University (METU) in Ankara.
Die beiden Kandidaten standen bereits in der letzten Runde auf der Vorschlagsliste der Türkei. An ihrer fachlichen Eignung gab es keine Zweifel. Den dritten Platz hatte letzte Runde die deutsch-türkische Nachwuchswissenschaftlerin Selma Öztürk-Pınar erhalten. Sie promoviert in Tübingen, arbeitet als Juristin* in Deutschland und unterrichtet an der Universität in Ankara.
Nun nimmt die promovierte Dozentin Neslihan Karataş Durmuş ihren Platz auf der Liste ein. Sie arbeitet an der Yıldırım-Beyazıt-Universität in Ankara am Lehrstuhl für Finanzrecht und hat in Frankreich studiert. Ob sie aber die fachlichen Eignungsanforderungen für den EGMR erfüllen wird, bleibt abzuwarten. Sie ist ausweislich ihrer Veröffentlichungsliste vor allem auf dem Feld des Steuer- und Unternehmensrechts spezialisiert.
*Korrektur vom 19.05.2018, 13,50 Uhr: An dieser Stelle hatten wir angegeben, dass Selma Öztürk-Pinar als Rechtsanwältin arbeitet.
Markus Sehl, Türkische Richter für Straßburg: . In: Legal Tribune Online, 18.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28697 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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