Wer zu Unrecht im Gefängnis sitzt, bekommt vom Staat eine Haftentschädigung. Die soll nun von bisher mageren 25 Euro auf 75 pro Tag erhöht werden, beschloss der Rechtsausschuss im Bundesrat.
Der Rechtsausschuss des Bundesrats ist am Mittwoch dem Vorschlag des Bundeslandes Hamburg gefolgt, die Haftentschädigung von derzeit 25 Euro auf 75 Euro zu erhöhen. Das hat er mit großer Mehrheit beschlossen. Die Haftentschädigung gibt es für jeden, der zu Unrecht im Gefängnis gesessen hat.
Haftentschädigung erhalten beispielsweise Untersuchungsgefangene, die später freigesprochen werden. Auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung können Betroffene Haftentschädigung erhalten, wenn ein Wiederaufnahmeverfahren mit Freispruch endet oder die Strafe aufgehoben wird. Die Entschädigungszahlungen sind immer wieder Streitthema, so etwa auch im Fall des deutschlandweit bekannten Justizopfers Gustl Mollath, der mit dem Land Bayern um hohe Summen für viele zu Unrecht im Gefängnis verbrachte Jahre stritt. Bereits im November 2017 hatte sich die Justizministerkonferenz auf Initiative von Hamburg einstimmig für eine deutliche Erhöhung der Entschädigung ausgesprochen.
Der Hamburger Justizsenator Dr. Till Steffen sagte dazu: "Im Rechtsstaat gibt es kein schärferes Schwert als den Freiheitsentzug. Deshalb muss der Rechtsstaat auch Wiedergutmachung leisten, wenn jemand zu Unrecht inhaftiert wurde. Schon lange setzen wir uns dafür ein, dass der viel zu niedrige Satz deutlich erhöht wird. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Justizminister der CDU ihre Blockadehaltung aufgegeben haben und nun endlich unserem Vorstoß folgen. Auch wenn die Haftentschädigung den Betroffenen nicht die in Haft verbrachte Zeit zurückgibt, sollen sie wenigstens einen besseren finanziellen Ausgleich erhalten."
Ulrich Schellenberg, ehemaliger Präsident des Deutschen Anwaltvereins, der sich seit Jahren für die Anhebung der Haftentschädigung einsetzt, reichen 75 Euro noch nicht: "Ich begrüße die Anhebung der Haftentschädigung von 25 auf 75 Euro, auch wenn ich mir mehr gewünscht hätte. Der deutschen Justiz müsste es aus meiner Sicht 100 Euro wert sein, einen Menschen zu Unrecht seiner Freiheit beraubt zu haben." Nach vielen Jahren der Blockade habe sich die Politik immerhin endlich durchgerungen und mit der Erhöhung ein Zeichen gesetzt. Das sei ein erster Schritt, könne und dürfe aber nicht der letzte sein, so Schellenberg.
ms/LTO-Redaktion
Bundesrat folgt Hamburger Vorschlag: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39069 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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