Zweifel an fairem Verfahren: OLG Karls­ruhe lehnt Aus­lie­fe­rung nach Polen ab

09.03.2020

Ein Mann, der in Polen wegen Betrugs gesucht wird, wird vorerst nicht dorthin ausgeliefert. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Auslieferung als unzulässig erweisen wird, entschied das OLG Karlsruhe.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat einen Verdächtigen aus Polen aus der Auslieferungshaft entlassen, weil es Zweifel an der Wahrung eines fairen Verfahrens in dessen Heimatland hat. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes ist das der erste Fall dieser Art in Deutschland, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag berichtete.

Der Beschluss zur Aufhebung der Abschiebehaft beruhe auf einer vorläufigen Bewertung, sagte ein Sprecher des OLG am Montag. Damit sei noch keine Entscheidung über das Auslieferungsverfahren gefallen (Beschl. v. 17.02.2020, Az. Ausl 301 AR 156/19).

Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die Auslieferung des Verfolgten wegen der derzeitigen Entwicklungen in Polen im Rahmen der Justizreform als zumindest derzeit unzulässig erweist, zitierte das RND aus dem Beschluss des 1. Strafsenats. In einer Mitteilung des Gerichts hieß es: "Der Senat sieht die Gefahr, dass die mit dem Verfahren befassten Richter nach dem Inkrafttreten des polnischen Gesetzes zur Änderung der Gerichtsverfassung vom 29.12.2019 allein aufgrund der von ihnen vorgenommenen Würdigung von Beweisen in einem Strafverfahren mit disziplinarischen Sanktionen rechnen müssen, wodurch ihre Unabhängigkeit und ein faires Verfahren in Frage gestellt sind." Die Richter haben nach Angaben des Sprechers weitere Informationen aus Polen angefordert.

Der Mann werde in Polen unter anderem wegen Betrugs gesucht, heißt es weiter. Er bestreite die Vorwürfe und habe angegeben, es seien Zeugen für Falschaussagen bestochen worden.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Zweifel an fairem Verfahren: . In: Legal Tribune Online, 09.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40709 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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