Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und als rechtsextrem eingestufte Jens Maier trat am Montag entgegen aller Kritik seinen Dienst als Richter wieder an. Gleichzeitig leitete nun das LG Dresden auch ein Disziplinarverfahren ein.
Nachdem seine Zeit als AfD-Bundestagsabgeordneter endete, plante Jens Maier seinen Dienst als Richter wieder aufzunehmen. Die Kritik an der Rückkehr des Richters, den der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft, war groß. Am Montag hat er seinen Dienst beim Amtsgericht Dippoldiswalde angetreten. Auch weil über ein Eilverfahren noch nicht entschieden wurde. Das Landgericht (LG) Dresden hat bereits den nächsten Schritt eingeleitet.
LG Dresden leitet Disziplinarverfahren ein
Das LG hat gleichzeitig mit dem ersten Arbeitstag ein Disziplinarverfahren gegen Maier eingeleitet. Nach Auffassung des Gerichts bestehe der Verdacht, dass er seine Dienstpflichten zur Verfassungstreue, zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt habe, wie das sächsische Justizministerium am Montag mitteilte.
Besonders interessant für das Verfahren dürfte ein Zeitraum kurz vor Einzug Maiers in den Bundestag sein. Denn auch bevor er sein Mandat errang, hielt sich Richter Maier im Spätsommer 2017 mit heftigen Aussagen nicht zurück – trotz Verwarnung. Nach Informationen von LTO werden Aussagen aus diesem Zeitraum aber auch aus seiner Bundestagszeit geprüft.
Justizministerin Katja Meier (Grüne) begrüßte den Schritt des zuständigen Landgerichts Dresden am Montag ausdrücklich. "Alle Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte im Dienst des Freistaates Sachsen müssen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Einhaltung jederzeit eintreten", sagte sie. Es sei wichtig, dass sich Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen könnten.
Erster Tag am Amtsgericht Dippoldiswalde
Mit Dippoldiswalde fiel die Wahl auf ein kleines Amtsgericht mit rund 10 Richterinnen und Richtern. Maier habe "ordnungsgemäß seinen Dienst beim Amtsgericht Dippoldiswalde angetreten", teilte der Direktor des Gerichtes, Rainer Aradei-Odenkirchen, auf Anfrage mit. Maier werde im Wesentlichen für allgemeine zivilrechtliche Angelegenheiten sowie zu einem kleinen Teil für Nachlasssachen zuständig sein. Außerdem stehen Vollstreckungsverfahren in Ordnungswidrigkeitenverfahren für Maier im Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts.
Bei der Wahl des neuen Arbeitsplatzes dürfte neben Aufnahmekapazitäten und -bereitschaft es kein unglücklicher Zufall gewesen sein, dass die Dienstaufsicht über das kleine Amtsgericht beim LG Dresden liegt - das nun auch das Disziplinarverfahren eingeleitet hat -, dem ehemaligen Gericht von Maier. Auch fällt an einem kleinen Gericht die soziale Kontrolle erfahrungsgemäß intensiver aus. Andererseits liegt die Stadt Dippoldiswalde nur rund 20 Kilometer von Dresden entfernt, es braucht keinen großen Ortswechsel. Die Wahl des kleinen Gerichts kann also auch als ein Kompromiss gesehen werden.
Weitere Verfahren vor dem Dienstgericht laufen
Gegen den früheren Abgeordneten laufen parallel noch Verfahren vor dem Dienstgericht für Richter beim Landgericht Leipzig. Das sächsische Justizministerium, dessen internes Gutachten Aufsehen erregte und das LTO veröffentlichte, hatte dort beantragt, dass der Jurist in den Ruhestand versetzt wird. Eine Entscheidung darüber steht aber noch aus. Auch zu einem Eilantrag, Maier vorläufig die Amtsgeschäfte zu untersagen, gab es zunächst keine Entscheidung. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, dazu wollte auch am Montag die zuständige Sprecherin des Dienstgerichts auf Nachfrage von LTO keine Angaben machen.
Sein Anwalt habe Akteneinsicht beantragt und wolle sich zu dem Antrag äußern, erklärte das Dienstgericht in einer Pressemitteilung von Freitag. Das alles wird seine Zeit brauchen. Maiers Anwalt war am Montag bis zum Erscheinen dieses Beitrags nicht zu erreichen.
Rechtsanwältin Kati Lang vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) aus Dresden kritisierte: "Aus anwaltlicher Erfahrung erscheint es höchst verwunderlich, weshalb über ein Eilverfahren nicht innerhalb eines Monats ab Antragseingang unter Wahrung des rechtlichen Gehörs entschieden werden kann. Vielmehr erscheint das Vorgehen des Richterdienstgerichts verzögernd und nicht dem Beschleunigungsgedanken eines Eilverfahrens ‐ gerade in Anbetracht des im Raum stehenden Schadens für die Rechtspflege ‐ entsprechend."
Ohnehin bleibt auch nach Abschluss des Eilverfahrens noch die Frage nach Rechtsmitteln. Gegen die Eilentscheidung könnte Maier Beschwerde zum Richterdienstgerichtshof beim OLG Dresden einlegen.
Gutachten zur Richteranklage erwartet
Die Grünen-Fraktion des Sächsischen Landtags zeigte sich unterdessen zuversichtlich, dass in Kürze weitere Schritte unternommen werden können. Dazu erklärt Valentin Lippmann, verfassungs- und rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag: "Auch wenn nun bereits zwei verschiedene Verfahren gegen Jens Maier in Gang gesetzt wurden, sind nach wie vor alle Verfassungsorgane in der Pflicht, ihre Möglichkeiten zu nutzen, um diesen Rechtsextremisten von der Richterbank zu entfernen. Ich bin deshalb der Überzeugung, dass auch eine Richteranklage durch den Sächsischen Landtag weiterhin auf der Agenda steht. Wir erwarten das von uns hierzu beauftragte Gutachten des Staatsrechtlers Prof. Dr. Christoph Möllers spätestens in der kommenden Woche."
LG Dresden zu Richter Jens Maier: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47819 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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