In der Affäre um den Befangenheitsverdacht zweier Berliner Staatsanwälte sieht die Generalstaatsanwältin dafür keine Anhaltspunkte. Die Versetzung des Chefs der Staatsschutzabteilung und eines Dezernenten sei gleichwohl "alternativlos".
Zwei Wochen nach der Versetzung zweier Staatsanwälte im Zusammenhang mit der rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln hat die Behördenleitung keine Anhaltspunkte für Voreingenommenheit der beiden bei Ermittlungen. Das sagte Generalstaatsanwältin Margarete Koppers am Mittwoch im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Gleichwohl seien die Versetzung des Chefs der Staatsschutzabteilung und eines Dezernenten "alternativlos". Es liege ein Schatten auf der Staatsschutzabteilung, "der zu einem Neustart mit einer anderen Leitung führen muss".
Vor zwei Wochen war öffentlich geworden, dass sich zwei Verdächtige schon vor längerer Zeit darüber austauschten, dass ein Staatsanwalt auf ihrer Seite und AfD-Wähler sei. Die Informationen stammten aus einem entschlüsselten Chat auf einem Handy, vorausgegangen war eine Vernehmung einer der Angeklagten. Der Behördenleitung bekannt wurden die brisanten Vorwürfe nach Darstellung von Koppers erst vor kurzem, nachdem sie monatelang in Akten schlummerten. Erst nach Beschwerden der Anwältin eines Anschlagsopfers waren die Akten überprüft worden. Daraufhin zog die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich, zwei Staatsanwälte wurden wegen Befangenheitsverdachts versetzt. Die Vereinigung der Berliner Staatsanwälte übte daraufhin scharfe Kritik an der Generalstaatsanwaltschaft und der Berliner Justizsenatsverwaltung.
"Wir alle kennen die Wahrheit nicht, weil wir nicht dabei waren. Und wir können sie auch nicht ermitteln", sagte Koppers mit Blick auf die fragliche Vernehmung. Aber unabhängig davon gelte: "Nur der kleinste Verdacht einer politisch motivierten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsführung kann das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat gefährden." Und weiter: "Es darf nicht ein noch so geringer Zweifel daran bestehen, dass wir Straftaten aus dem rechtsextremistischen Phänomenbereich nicht, nicht mit ausreichender Intensität oder nur schleppend verfolgen."
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte wegen des Befangenheitsverdachts alle Ermittlungsverfahren zu mehr als 70 Straftaten gegen Menschen übernommen, die sich in Neukölln gegen Rechtsextremismus engagieren. Darunter sind 14 Brandanschläge zwischen 2016 und 2018. Täter wurden bisher nicht dingfest gemacht, stattdessen kamen schon mehrere Ermittlungspannen ans Licht.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Nach Versetzung zweier Berliner Staatsanwälte: . In: Legal Tribune Online, 20.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42547 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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