BGH legt Jahresbericht 2021 vor: Diesel-Senat, Neubau und IT-Leute

von Tanja Podolski

07.07.2022

Am BGH sind im vergangenen Jahr mehr Verfahren eingegangen – das liegt vor allem an Massenverfahren im Dieselskandal. Für letztere gibt es seit 2021 einen eigenen Senat. Außerdem ist ein Neubau geplant – mit mehr Platz für IT-ler.

Am Bundesgerichtshof (BGH) sind die Zahlen bei den Eingängen im Jahr 2021 insgesamt erneut gestiegen. Bei den Zivilsachen lag die Zahl bei 6.686, das ist ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr (plus 3,7 Prozent). Gleichzeitig schafften die Richterinnen und Richter geringfügig mehr Erledigungen: Diese Zahl stieg um 0,1 Prozent auf 6.277. Sie liegt somit knapp unter der Zahl der Neueingänge, teilte der BGH beim Jahrespressegespräch in Karlsruhe am Mittwochabend mit. 

Die Zahl der Ende 2021 im Zivilrecht offenen Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden stieg im Vergleich zum Vorjahr um 13,5 Prozent auf 4.300, was durch die deutlich gestiegene Zahl der Neueingänge in den Jahren 2020 und 2021 zu erklären sei, sagte BGH-Vizepräsident Prof. Dr. Jürgen Ellenberger.

Auch bei den Strafsenaten sind die Zahlen höher als im Vorjahr: Die der Neueingänge belief sich im Jahr 2021 insgesamt auf 3.705 und lag damit über dem Vorjahresniveau (3.397). Erledigt wurden 3.552 Verfahren, das ist nach Mitteilung des Gerichts ein Anstieg um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Mehrheit der Verfahren nach sechs Monaten abgeschlossen

Auch zur Verfahrensdauer liefert der Tätigkeitsbericht des Gerichts Zahlen: So waren im Strafrecht bei den 160 durch Urteil entschiedenen Revisionen 25 Prozent innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Akten beim BGH abgeschlossen sowie weitere 43,7 Prozent innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten. Bei den Beschlusssachen (nach § 349 Abs. 1, 2 und 4 StPO) waren 89,8 Prozent der Verfahren schon nach drei Monaten abgeschlossen.

Im Zivilrecht dauerten die Verfahren länger: Von den durch Urteil oder Beschluss nach § 544 Abs. 9 ZPO abgeschlossenen Revisionsverfahren und Berufungen in Patentsachen wurden 28,5 Prozent (Vorjahr: 34,2 Prozent) innerhalb eines Jahres ab dem Eingang des Rechtsmittels erledigt. In 54,8 Prozent der Fälle lag die Verfahrensdauer zwischen einem und zwei Jahren (Vorjahr: 49,4 Prozent). 16,6 Prozent der Verfahren dauerten länger als 2 Jahre (Vorjahr: 16,5 Prozent), heißt es im Bericht. 

Bei den Nichtzulassungsbeschwerden (einschließlich der Anträge auf Zulassung der Sprungrevision) erfolgte die Entscheidung über die Zulassung in 65,6 Prozent der Verfahren innerhalb von zwölf Monaten ab dem Eingang des Rechtsmittels (Vorjahr: 58,9 Prozent). Weitere 30,8 Prozent dieser Verfahren wurden innerhalb des zweiten Jahres erledigt (Vorjahr: 35,7 Prozent). In 3,5 Prozent der Fälle dauerte das Verfahren länger als zwei Jahre (Vorjahr: 5,3 Prozent).

Im Zivilrecht lag die Zunahme der Fälle vor allem am Anstieg der Masseverfahren, konkret zum Widerruf der Verbraucherkreditverträge und den Dieselverfahren. Für letztere hat das Gericht im Jahr 2021 einen eigenen Zivilsenat, den VI a eingerichtet

Platz für Richter und IT-ler 

Die Richter und Richterinnen packten die Verfahren an, sagte Ellenberger. Und das Anpacken gelte auch für den Neubau, der auf dem Gelände an der Herrenstraße entsteht. Für diesen Herbst ist die Grundeinlegung für diesen Ostbau geplant. Zudem laufen derzeit erhebliche Sanierungsarbeiten am Westbau, wo einst die Strafsenate untergebracht waren. Die sind noch ausgelagert, ein Rückzug wird für Ende 2023 angestrebt. "Wenn der Neubau steht, werden wir merken, dass wir immer noch zu wenig Platz haben", sagte Ellenberger. Der BGH brauche z.B. Platz für IT-Leute, die dann auch so bezahlt werden müssten, dass das Gericht mit der freien Wirtschaft konkurrieren könne. "Das müssen wir und das werden wir", so der Vizepräsident. 

Ebenfalls angepackt wird die Gedenktafel zur Erinnerung an 34 Reichsgerichtsräte und Reichsanwälte, die in einem Gebäude im BGH in die Wand eingelassen ist. Mit dem weiteren Umgang befasst sich das Gericht intensiv, zuletzt bei einem Symposium im Juni. Noch ist allerdings unklar, wann eine Entscheidung getroffen werden kann. Es läuft aber bereits ein Forschungsprojekt zu den Kontinuitäten und Diskontinuitäten am BGH – sowohl bezogen auf die Personalien als auch auf die Rechtsprechung. Das Projekt soll 2024 abgeschlossen sein.

Zitiervorschlag

BGH legt Jahresbericht 2021 vor: . In: Legal Tribune Online, 07.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48974 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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