Noch mehr teure Klageverfahren: Bei der Anfechtung der Vorstandswahl der RAK Düsseldorf gibt es schon 15 Beigeladene. Und die zweite Kündigungsschutzklage von Susanne Offermann-Burckart offenbart die Gründe ihrer erneuten Kündigung.
Die Streitigkeiten rund um die Führungsriege der Düsseldorfer Anwaltskammer (RAK) halten an. In gleich zwei Verfahren sitzt die RAK auf der Beklagtenbank.
Schon Anfang Oktober fand vor dem Anwaltsgerichtshof (AGH) in Hamm der Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Wahlanfechtungsverfahren statt, das zwei der unterlegenen Kandidaten nach der Wahl im April 2017 eingeleitet haben. Formelle Mindeststandards seien nicht eingehalten und die Wahl im Vorfeld unzulässig beeinflusst worden.
Am darauffolgenden Donnerstag wurde in Düsseldorf über die Kündigung der ehemaligen Hauptgeschäftsführerin der Kammer, Dr. Susanne Offermann-Burckhart, verhandelt. Es ist bereits die zweite Kündigungsschutzklage gegen die zweite Kündigung der renommierten Berufsrechtlerin. Ein Ende der Auseinandersetzungen ist nicht in Sicht. Die Verhandlungen gewähren Einsicht in eine zutiefst gespaltene Führungsetage.
Die Anfechtung der Vorstandswahl
Im Wahlanfechtungsverfahren wehren sich Dr. Karl-Heinz Göpfert und Dr. Jochen Heide aus Düsseldorf gegen die Wahl des Vorstands vom 26. April 2017: Wegen formeller Fehler sowie der Verletzung des Rechts auf eine freie und gleiche Wahl halten der Steuerstrafrechtler aus der gleichnamigen Sozietät und der Verwaltungsrechtler von Patt Rechtsanwälte diese für ungültig oder nichtig.
Die Wahl sei chaotisch verlaufen, Mindeststandards nicht eingehalten worden. Nichtberechtigte hätten teilnehmen, Berechtigte mehrfach wählen können, die Urnen seien vor und nach den Wahlgängen zugänglich gewesen, Wahlunterlagen hätten überall herum gelegen, heißt es in der Klage weiter, die "mit Unterstützung zahlreicher anderer Kammermitglieder" eingereicht wurde.
Zudem sei die Wahl im Vorfeld unzulässig beeinflusst und damit die Freiheit und Gleichheit der Wahl verletzt worden. Kandidaturen seien verhindert, Kandidaten seien verunglimpft worden und gleich mehrere Anwaltvereine hätten ihre Mitglieder per Rundschreiben unzulässig beeinflusst. Die Kandidaten seien ungleich behandelt worden und speziell der (alte und neue) Präsident der Kammer, Herbert P. Schons, habe sein Amt missbraucht und die Wahl gesetzwidrig beeinflusst.
Rechtlich komplex und womöglich ziemlich teuer
Mittlerweile sind alle 15 betroffenen Vorstandsmitglieder, die im April in den Düsseldorfer Rheinterrassen gewählt wurden, beigeladen worden. Sie werden anwaltlich vertreten oder vertreten sich selbst. Für die Kläger birgt das ein nicht unerhebliches Kostenrisiko. Verlieren sie, müsste der AGH sie zur Übernahme sämtlicher Kosten der Beigeladenen verurteilen. In Abhängigkeit vom Streitwert, der schwer einzuschätzen ist, nach LTO-Informationen in einem vergleichbaren Verfahren in Berlin aber mit 40.000 Euro beziffert wurde, könnten so leicht zehntausende Euro Verfahrenskosten entstehen.
Laut gut informierten Kreisen werden die beiden Kläger allerdings – auch finanziell - von einer Gruppe von Anwälten rund um die Vorstandsmitglieder Dr. Sven-Joachim Otto von PwC Legal und Prof. Dr. Dirk Uwer von Hengeler Mueller unterstützt. Sie hatten sich im Vorfeld der Wahlen in dem social media Netzwerk Twitter unter dem Hashtag #Aufbruch 2017 für neue Strukturen und damit neues Personal in der RAK Düsseldorf eingesetzt, am Ende wurde aber keiner der von ihnen vorgeschlagenen Kandidaten gewählt. Uwer und Otto sitzen seit 2015 im Vorstand der Düsseldorfer Kammer, in der Klageschrift zur Wahlanfechtung werden sie mehrfach als Zeugen benannt.
Auch rechtlich bietet das Verfahren Spannendes. Streitig ist schon, wie der beklagte Vorstand der RAK sich überhaupt in der Angelegenheit positionieren, nämlich Beschlüsse fassen kann. Dürfen die Mitglieder, um die es geht, bei der Abstimmung abstimmen, oder sind sie befangen? Haben Beschlüsse, an denen sie mitwirken, eine Wirkung?
In der zerstrittenen Führungsriege der Düsseldorfer Kammer, in der mit Präsident, Vizepräsident und Schriftführer sämtliche Repräsentanten nun prozessbeteiligt sind, sind diese Fragen sicherlich nicht rein theoretischer Natur. Was würde aus den seit der Wahl, spätestens aber seit der Anhängigkeit der Wahlanfechtung getroffenen Entscheidungen, sofern der Senat die Wahl tatsächlich nach § 112 f Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) für ungültig erklären würde? In Hamm aber spielten sie noch keine Rolle, so weit kam man Anfang Oktober gar nicht.
2/2: Weiter im Dezember
Die zahlreichen beigeladenen Vorstandsmitglieder hatten noch in den Tagen vor dem Termin umfangreiche Schriftsätze eingereicht. Der Senat rund um den Berichterstatter Prof. Dr. Andreas Frieser aus Bonn sah sich deshalb nicht dazu in der Lage, inhaltlich zu verhandeln.
Der Vertreter der Kläger, der renommierte Berufsrechtler Dr. Michael Kleine-Cosack, kann nun bis Ende Oktober noch einmal auf die Schriftsätze erwidern. Im Anschluss haben die beklagte RAK Düsseldorf sowie sämtliche Beigeladenen wiederum Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21. November diesen Jahres.
Für Anfang Dezember ist der Schluss der mündlichen Verhandlung vorgesehen, das Gericht will dann schriftlich entscheiden. So wird Präsident Herbert P. Schons seine Sicht der Dinge aller Voraussicht nach gar nicht persönlich vor Gericht darlegen. Der Duisburger Rechtsanwalt ließ sich am vergangenen Donnerstag vertreten und erschien nicht selbst. Und das, obwohl man ihm eine besondere Betroffenheit attestieren kann. Die Kläger Göpfert und Heide fechten die Vorstandswahl nicht nur insgesamt an. Hilfsweise haben sie beantragt, die Wahl jedenfalls insoweit für ungültig zu erklären, als Schons in den Vorstand gewählt wurde.
Die Kündigung von "SOB": Eine lange Geschichte…
Persönlich zugegen war der Präsident jedoch, als nur wenige Tage später, am vergangenen Donnerstag, vor der 4. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Düsseldorf der Kammertermin im Kündigungsschutzverfahren der langjährigen Hauptgeschäftsführerin der RAK Düsseldorf, Dr. Susanne Offermann-Burckart, stattfand. Hier wurde zwar verhandelt, eine Sachentscheidung erging aber auch in diesem Verfahren noch nicht.
Es ist schon das zweite Kündigungsschutzverfahren. Das erste hat die bekannte Berufsrechtlerin, in Kammerkreisen bekannt als "SOB", in erster und zweiter Instanz gewonnen. Die RAK Düsseldorf hatte sie 2015 fristlos entlassen, weil sie eine Angestellte der Kammer als Schreibhilfe für ihre Nebentätigkeiten genutzt habe. Außerdem sei es zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen.
Das hatte schon das Arbeitsgericht nicht überzeugt, auch das LAG hielt die Kündigung für unwirksam. Vom Vorwurf der finanziellen Unregelmäßigkeiten blieb schnell nichts mehr übrig, die Inanspruchnahme von Kammer-Ressourcen hielten beide Instanzgerichte für arbeitsvertraglich legitimiert.
… voller Missverständnisse?
Schon zwei Monate nach ihrer Rückkehr im Oktober 2016 kündigte die Kammer Offermann-Burkart aber erneut. Gegen diese Kündigung wehrt sie sich nun, mittlerweile hat die 57-Jährige ihre Klage auch um die Lohnzahlungsansprüche aus Annahmeverzug erweitert. Nach mehreren Verschiebungen fand der Kammertermin am Donnerstag vergangener Woche statt.
Dabei wurden die Gründe für die erneute Kündigung erstmals öffentlich*, vorher sollen diese selbst intern nur Teilen der zerstrittenen Führungsspitze bekannt gewesen sein. Die Kammer stützt die Kündigung auf einen Vorwurf, hilfsweise einen Verdacht im Zusammenhang mit der für "SOB" zu führenden Personalakte.
Eine solche muss die zuständige Kammer gemäß § 58 BRAO für jeden in ihrem Bezirk tätigen Rechtsanwalt führen und aufbewahren. Die RAK trägt vor, bei ihr sei keine Personalakte von Offermann-Burkart vorhanden. Die habe vielmehr dafür gesorgt, dass im Rahmen ihrer Umzulassung von Köln nach Düsseldorf im Jahr 2007 ihre Personalakte aus Köln unmittelbar an sie persönlich versandt worden sei. Sie habe diese Personalakte fortan selbst verwahrt und damit dem Zugriff der Kammer entzogen. Zudem habe sie verhindert, dass bei Einführung des digitalen Systems ihre Personalakte habe eingescannt werden können. Der Präsident der RAK, Herbert P. Schons, habe davon erst im Oktober 2016 erfahren. Offermann-Burckart bestreitet die Vorwürfe.
Nun soll eine Beweisaufnahme klären, ob sich die Personalakte der Klägerin nicht im Bestand der Beklagten befindet und ob Offermann-Burckart gegenüber Mitarbeitern geäußert habe, dass sie ihre Personalakte bei sich selbst und unter Verschluss aufbewahre. Dazu sollen mehrere Mitarbeiter der Kammer als Zeugen vernommen werden.
Die RAK wird also weitere Gelder investieren, um ihre Hauptgeschäftsführerin loszuwerden. Dabei sind schon die bislang in den Rechtsstreitigkeiten angefallenen Kosten weit überdurchschnittlich - und nach Auffassung vieler Anwälte aus dem Kammerbezirk, die als (Zwangs-)mitglieder mit ihren Beiträgen die Rechtsstreitigkeiten finanzieren, auch nicht erforderlich. Der neue Kammertermin wurde bestimmt auf den 8. Dezember 2017.
* Anm. d. Red: Geringfügige redaktionelle Anpassung, ebenso wie im Teaser, am Tag der Veröffentlichung, 16:46h.
Pia Lorenz, Zerstrittene Führungsriege in Düsseldorf: Eine Anwaltskammer vor Gericht . In: Legal Tribune Online, 17.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25065/ (abgerufen am: 03.07.2024 )
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