Über vier Stunden lang war das Faxgerät eines Gerichts besetzt. Um 20 Uhr, nach 54 erfolglosen Übermittlungsversuchen, gab der Anwalt schließlich auf. Das war allerdings zu vorschnell, entschied nun der BGH.
Scheitert die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes an der temporären Belegung oder Störung des Faxgeräts des Gerichts, darf ein Anwalt die Übermittlungsversuche nicht ohne Weiteres mehrere Stunden vor Ablauf der Frist einstellen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Dienstag veröffentlichen Beschluss entschieden (Beschl. v. 20.08.2019, Az. VIII ZB 19/18).
Ein Anwalt hatte erfolglos versucht, per Telefax einen fristgebundenen Schriftsatz an das Landgericht (LG) Paderborn zu übermitteln. Am nächsten Tag begehrte er dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Gericht sei an dem Tag per Telefax in der Zeit von 15.43 Uhr bis etwa 20 Uhr nicht zu erreichen gewesen, da das Faxgerät die Rückmeldung "besetzt" gegeben hätte. Die vorgelegten Sendungsprotokolle zeigten in dem Zeitraum 54 erfolglose Übermittlungsversuche. Auch eine telefonische Kontaktaufnahme ab 17 Uhr sei nicht möglich gewesen. Weitere versuche bis 23.59 Uhr könnten von dem Anwalt nicht verlangt werden, so die Begründung für das Wiedereinsetzungsbegehren.
Das LG wies den Wiedereinsetzungsantrag jedoch zurück. Zwar sei das Faxgerät des Gerichts am Nachmittag über längere Zeit wegen eines über 200 Seiten starken Schriftsatzes zeitweise belegt gewesen. Aus der eingeholten Übersicht über die an dem Tag eingegangenen Faxschreiben ergebe sich jedoch, dass das Faxgerät über den ganzen Tag betriebsbereit gewesen sei. Zuletzt sei um 20.48 Uhr ein Faxschreiben eingegangen.
BGH: Weitere Übermittlungsversuche in den Abendstunden zumutbar
Der Anwalt, so das LG, habe mit seinen Übermittlungsversuchen daher nicht bereits um 20 Uhr aufhören dürfen. Das Unterlassen weiterer Übertragungsversuche im verbleibenden Zeitraum von fast vier Stunden bis Mitternacht begründe ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden.
Der BGH schloss sich dieser Auffassung nun an und entschied, dass das LG den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht zurückgewiesen habe. Die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes dürfe nicht vorschnell abgebrochen werden, wenn eine Übersendung zunächst insbesondere wegen einer Belegung des Empfangsgeräts mit anderweitigen Sendungen nicht gelingt. Hiermit müsse der Rechtsanwalt, der sich für eine Übermittlung per Telefax entschieden hat, stets rechnen.
Laut BGH haben Anwälte daher von vornherein eine gewisse Zeitreserve einzuplanen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass weitere Übermittlungsversuche nach 20 Uhr von vornherein aussichtslos gewesen wären, hätten sich aus der Fehlermeldung "Empfangsgerät belegt" gerade nicht ergeben, entschied der BGH. Vielmehr hat nach Ansicht der Karlsruher Richter die Vermutung nahe gelegen, dass es sich bei dem Zeitraum, in dem es der Anwalt versuchte, um die besonders frequentierten Zeiten am Nachmittag und am frühen Abend handelt. Weitere Übermittlungsversuche in den späteren Abendstunden seien nicht von vornherein aussichtslos oder unzumutbar gewesen.
acr/LTO-Redaktion
BGH zu besetztem Faxgerät am Gericht: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37537 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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