BGH zur Zulassung als Syndikusanwalt: Geht auch im öff­ent­li­chen Dienst

von Pia Lorenz

16.10.2018

Wer nicht hoheitlich tätig ist, kann auch für einen Job im öffentlichen Dienst als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden. Schlecht sieht es dagegen aus, wenn man für einen Rechtsdienstleister zu Rentenfragen berät, entschied am Montag der BGH.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über gleich drei Fragen der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entschieden. Dabei stellten die Karlsruher Richter klar, dass eine solche nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Job bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausgeübt wird. Sowohl eine bei einer Stadt angestellte Arbeitsrechtlerin als auch eine Datenschutzbeauftragte mit Aufsichtsfunktion bei einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt können zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden, urteilte der Anwaltssenat in seinen bisher unveröffentlichten Entscheidungen.

Nicht zugelassen haben die Anwaltsrichter dagegen eine angestellte Volljuristin, die für ein Unternehmen tätig ist, das über eine Zulassung als Rentenberater nach § 10 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verfügt. Sie nehme keine Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers wahr, sondern solche der Kunden.  

Syndikusanwalt kann man auch im öffentlichen Dienst sein

Die Berufung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gegen die Zulassung einer Syndikusrechtsanwältin durch die Rechtsanwaltskammer (RAK) Karlsruhe hat der BGH zurückgewiesen. Die Juristin ist bei einer Stadt angestellt und dort zuständig für die Erledigung der arbeitsrechtlichen Angelegenheiten, sie verfügt über eine Generalterminsvollmacht. Die DRV vertrat die Auffassung, dass wer im öffentlichen Dienst angestellt ist, nicht als Syndikusanwalt zugelassen werden kann. Schon vor dem Anwaltsgerichtshof (AGH) Baden-Württemberg war die Rentenversicherung damit nicht durchgedrungen.

Auch der Anwaltssenat des BGH hat am Montag*klargestellt, dass die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt jedenfalls dann auch bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausgeübt werden kann, wenn sie nicht hoheitlicher Natur ist. Die Tätigkeit der Arbeitsrechtlerin ist also, so die Anwaltsrichter, nicht unvereinbar mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege im Sinne von § 7 Nr. 8 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), (Urt. v. 15.10.2018, Az. Anwz BrfG 68/17). Ihr Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt Martin W. Huff  aus Köln, der auch Geschäftsführer der Anwaltskammer in der Domstadt ist, begrüßte gegenüber LTO, dass der BGH damit für Rechtssicherheit gesorgt habe. "Jetzt steht fest, dass auch Syndikusanwalt sein kann, wer im öffentlichen Dienst tätig ist, sofern er nicht hoheitlich tätig ist." 

Prägende Tätigkeit: sehr wohl eine Frage der Zeit

Detaillierter musste der Senat sich mit der Reichweite des § 7 Nr. 8 BRAO in einem anderen Verfahren befassen. Wiederum klagte die DRV gegen eine Zulassung, in diesem Fall durch die RAK Köln. Und wieder unterlag sie.

Die Kammer Köln hatte eine interne Datenschutzbeauftragte beim Westdeutschen Rundfunk (WDR), einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, als Syndikusanwältin zugelassen. Der DRV wie auch der erstinstanzlich mit der Sache befasste AGH Hamm hingegen sahen deren Tätigkeit als interne Datenschutzbeauftragte als nicht prägend im Sinne von § 46 Abs. 3 BRAO an. Die Juristin übt diese zwar zeitlich deutlich überwiegend mit 70-80 Prozent ihrer Arbeitszeit aus; in der übrigen Zeit ist sie aber als Landesdatenschutzbeauftragte tätig und dabei auch mit Aufsichtsfunktion ausgestattet. Diese Tätigkeit schwebte, so die DRV wie auch der AGH, drohend über ihrem Job als interne Datenschutzbeauftragte für den WDR, auch wenn sie zeitlich weit weniger Raum einnehme.

Der BGH dagegen entschied, dass die Tätigkeit der Juristin durch ihre betriebliche Arbeit anwaltlich geprägt ist. Auch eine i.S.v. § 7 Nr. 8 mit dem Anwaltsberuf unvereinbare Tätigkeit liege nicht vor (Urt. v. 15.10.2018, Az. AnwZ Brfg 20/18). 

Rechtsanwalt Tilman Winkler hält diese Entscheidung für richtig. "Das Urteil des Anwaltsgerichtshofes NRW ist sachlich unrichtig und zudem systematisch unglücklich begründet", kritisierte der Geschäftsführer der RAK Freiburg, der auch Syndikusanwälte in Fragen der Zulassung vertritt und am Montag in Karlsruhe vor Ort war. Um die Prägung der Tätigkeit gehe es dabei nicht: "Eine zeitliche Prägung der Beschäftigung kann nicht durch deren inhaltliche Ausgestaltung aufgehoben werden.

Wenn das möglich wäre, würde das Kriterium der Prägung der Beliebigkeit preisgegeben". Für diskutabel hält Winkler allenfalls, ob die Aufsichtsfunktion der Juristin i.S.v. § 7 Nr. 8 BRAO mit dem Anwaltsberuf unvereinbar sein könnte. Auch aus seiner Sicht ist das aber nicht der Fall, schließlich könne sie "keine Verwaltungsakte erlassen, sondern dem Rundfunkrat und dem Intendanten lediglich Beanstandungen vorlegen".

Rentenberater nach § 10 RDG darf nicht Syndikusanwalt werden

In einem dritten Fall, über den der Anwaltssenat am Montag entschied, obsiegte allerdings die DRV. Der BGH wies die Berufung einer Volljuristin gegen eine Entscheidung des AGH Zweibrücken zurück, welcher die Entscheidung der RAK Koblenz bestätigt hatte, sie nicht als Syndikusrechtsanwältin zuzulassen. Sie arbeitet für ein Unternehmen, das über eine Zulassung als Rentenberater nach § 10 RDG verfügt. Auch der BGH sah diesen Job am Ende nicht als geeignet an, um sie zur Anwaltschaft zulassen (Beschl. v. 15.10.2018, Az: AnwZ Brfg 58/17).

Sie nehme in Erfüllung ihres Arbeitsvertrags nämlich keine Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers wahr, sondern berate die Kunden zur Gestaltung von deren betrieblicher Altersvorsorge, argumentierte der Senat nach einer eingehenden Debatte in der mündlichen Verhandlung schließlich.

Für Martin W. Huff, der auch die Arbeitsrechtlerin in Karlsruhe vertrat, bleibt der Senat damit bei seiner zu engen Auslegung. Er will für seine Mandantin noch prüfen, ob sie Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung einlegen werde, in der er einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit sieht: "Ein Unternehmensjurist darf eine solche Beratung anbieten", sagte er gegenüber LTO mit Blick auf die Erlaubnis nach dem RDG – "aber Syndikusanwalt darf er dafür nicht werden?"

 

Anm. d. Red.: In einer früheren Version hieß es "Freitag", geändert am 22.10.2018, 10.04 Uhr

Zitiervorschlag

BGH zur Zulassung als Syndikusanwalt: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31543 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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