Übermittlung von Schriftsätzen an die Gerichte: Ab 1.Januar 2022 müssen Anwälte elek­tro­nisch kom­mu­ni­zieren

Gastbeitrag von Dr. Alexander Siegmund

17.11.2021

In wenigen Wochen wird es ernst für die Anwaltschaft: Kommunikation mit den Gerichten nur noch elektronisch. Aber sind darauf auch alle hinreichend vorbereitet?  Alexander Siegmund erläutert, was auf die Anwälte ab Januar zukommt.

Der elektronische Rechtsverkehr in Deutschland "feiert" dieses Jahr gewissermaßen sein zwanzigjähriges Jubiläum. Richtig Fahrt aufgenommen hat er für Anwältinnen und Anwälte aber erst seit 2018 mit der flächendeckenden elektronischen Erreichbarkeit der Gerichte nach den zentralen Verfahrensordnungen. Seit diesem Zeitpunkt sind sie auch generell verpflichtet, Mitteilungen über ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) zur Kenntnis zu nehmen.

Ab 1.1.2022 müssen Anwältinnen und Anwälte ihre Dokumente überwiegend elektronisch bei den Gerichten einreichen (§ 130d Zivilprozessordnung n.F.) Wird ein Dokument anders eingereicht, ist es unheilbar unwirksam. Nach Fristablauf bleibt nur die Wiedereinsetzung. Deren Begründung dürfte allerdings schwierig werden. Schließlich wird man sich nur in wenigen Fällen darauf stützen können, dass das Gericht vor Fristablauf nicht mehr die Möglichkeit eingeräumt hat, das Dokument elektronisch nachzureichen.

Unmöglichkeit elektronischer Kommunikation

Allerdings hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Technik auch einmal versagen kann. In diesem Fall sind Anwältinnen und Anwälte berechtigt, das Dokument in Papierform oder als Telefax bei Gericht einzureichen. Es muss aber unverzüglich glaubhaft gemacht werden, dass eine technische Unmöglichkeit vorlag, die vorübergehender Natur war. Es ist es also nicht relevant, ob der Anwalt oder die Anwältin schuld an dem technischen Ausfall war. Das technische Problem darf aber auch nicht generell bestanden haben, weil in der Kanzlei bspw. noch nicht die technischen Voraussetzungen für die elektronische Kommunikation geschaffen wurden.

Anwältinnen und Anwälte müssen künftig bei technischen Störungen schnell handeln und auf gerichtliche Anforderung ein Dokument nochmals elektronisch nachreichen. Es ist zu spät, erst 14 Tage nach der Störung technische Probleme glaubhaft zu machen. Man wird auch dann nicht von seinen Pflichten entbunden, wenn das Gericht selbst Kenntnis von der Störung hatte. Dafür muss die betroffene Anwältin oder der betroffene Anwalt aber auch nicht die näheren Hintergründe für die Störung ermitteln. Fehlt allerdings die Glaubhaftmachung oder wurde sie formunwirksam durchgeführt, bleibt das ersatzweise eingereichte Dokument unwirksam.

Indes, nicht jedes Dokument kann wirksam in elektronischer Form bei Gericht eingereicht werden. Die Prozessvollmacht muss schriftlich zu den Gerichtsakten eingereicht werden. Auch die Vorlage von Originaldokumenten zu Beweiszwecken macht elektronisch keinen Sinn. Dasselbe gilt für Urkunden, die vom Gericht zu informatorischen Zwecken oder zu Beweiszwecken angefordert worden sind. In diesen und vergleichbaren Fällen bleibt die Übermittlung in Papierform natürlich zulässig.

Formatierung der Dokumente

In der gegenwärtigen Übergangsphase hat sich gezeigt, dass die Anforderungen an die Formatierung der Dokumente in Teilen der Rechtsprechung zu streng gesehen wurden. Der Gesetzgeber hat zum Jahreswechsel klargestellt, dass die Formanforderungen keinem Selbstzweck dienen. Es soll nur die Lesbarkeit durch das jeweilige Gericht sichergestellt werden.

Somit fällt zukünftig insbesondere die Anforderung weg, dass die elektronischen Dokumente durchsuchbar sein müssen. Es genügt, wenn PDF-Dokumente eingereicht werden, die zumindest druckbar sind. Aktive Elemente, die auf andere Quellen außerhalb des PDF verweisen, sollen vermieden werden. Zulässig wird es aber nach aller Voraussicht sein, dass das Dokument Hyperlinks enthält. In der Vergangenheit hat sich die Formatierung als PDF/A bewährt.

Sollte es im Einzelfall einmal nicht möglich sein, das elektronische Dokument zu bearbeiten, so weist das Gericht den Anwalt darauf hin. Dieser hat dann die Möglichkeit, das Dokument nochmals in lesbarer Form nachzureichen. Das Dokument gilt dann dennoch als rechtzeitig eingegangen.

Die elektronische Unterschrift

Auch wenn Anwälte elektronische Dokumente versenden, müssen sie ihren Schriftsatz mit ihrer "Unterschrift" freigeben. Die handschriftliche Unterzeichnung ist dabei aber endgültig passé. Im digitalen Workflow haben Anwältinnen und Anwälte nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie verbinden das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder sie versenden es auf einem sicheren Übermittlungsweg.

Als sicherer Übermittlungsweg kommt für die meisten Anwältinnen und Anwälte nur die Nutzung des beA in Betracht. Die Einrichtung einer absenderbestätigten DE-Mail mag daneben zur Sicherheit dienen. Bei der Nutzung des beA muss darauf geachtet werden, dass man die Nachricht selbst aus seinem Profil heraus versendet. Nur in diesem Fall produziert das System einen vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN), der die Authentizität der Nachricht sicherstellt und auf eine zugelassene Anwältin verweist.

Bei Nutzung des sicheren Übermittlungswegs müssen Anwältinnen und Anwälte zudem noch ihre (einfache) Signatur unter das Dokument setzen. Diese ist lediglich der maschinenschriftliche Name des verantwortenden Anwalts bzw. der Anwältin. Was sich einfach anhört, macht in der Praxis mitunter die meisten Probleme. So muss der Name mit dem Inhaber des Absenderpostfachs identisch sein und sich unter dem Schriftsatz befinden. Nicht selten erfolgt der Versand aber mit der Absenderadresse eines anderen Sozius.

Geht etwas mit der elektronischen Unterschrift schief, dann ist ein schriftformbedürftiges Dokument unwirksam. Der Fehler kann nicht geheilt werden und es bleibt wieder nur die Wiedereinsetzung. Diese gelingt aber in den meisten Fällen regelmäßig nicht.

Fit werden für den elektronischen Rechtsverkehr

Während sich zahlreiche Anwältinnen und Anwälte schon fit für den elektronischen Rechtsverkehr gemacht haben, gibt es doch noch einige Kanzleien, die ihre Hausaufgaben bis zum 31.12.2021 machen müssen. Dabei geht es nicht nur darum, sich technische Kenntnisse anzueignen. Auch die einschlägigen Verfahrensbestimmungen sollten dringend einmal gelesen werden. Neben dem Besuch entsprechender Fortbildungsveranstaltungen wird zudem empfohlen, die aktive Nutzung des beA in geeigneten gerichtlichen Verfahren ohne Fristendruck vor dem 31.12.2021 zu testen.

Sobald ein Workflow für die eigene Kanzlei entwickelt wurde, ist es zudem unabdingbar, organisatorische Anweisungen für die Kanzleimitarbeiterinnen und -mitarbeiter hinsichtlich der Prüfung eines erfolgreichen und wirksamen Versands der elektronischen Dokumente zu entwickeln, diese anzuleiten und zu überwachen. Nur dann kann bei einem Fristversäumnis ein Wiedereinsetzungsantrag überhaupt erfolgreich sein.

Die Prüfpflichten im elektronischen Rechtsverkehr sind zwar mannigfach, größtenteils aber auch lapidar. So kommt es nicht selten vor, dass an eine Nachricht das falsche Dokument angefügt oder innerhalb der Nachricht das falsche Gericht als Adressat ausgewählt wurde.

Die Überprüfung der technischen Protokolle nach dem Versand ist zwar etwas anspruchsvoller, aber mit ein wenig Übung leicht zu bewältigen. Die Gerichte übersenden nämlich nach erfolgreicher Speicherung der Nachricht auf ihrem Server eine Eingangsbestätigung, die unmittelbar in das im beA erzeugte Übertragungsprotokoll eingefügt wird. Mit diesem lässt sich sodann eine umfassende Prüfung des Versandvorgangs durchführen. Ein weiteres Prüfprotokoll gibt Auskunft über die Wirksamkeit angefügter Signaturen bzw. des VHN. Die Prüfungsdauer sollte eine Minute nicht überschreiten.

Der Autor Dr. Alexander Siegmund ist Mitglied im beA-Anwenderbeirat der BRAK und Partner der Münchener Kanzlei ASR.

Zitiervorschlag

Übermittlung von Schriftsätzen an die Gerichte: . In: Legal Tribune Online, 17.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46670 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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