Die RAK München entzog einem 81-jährigen Anwalt dessen Fachanwaltstitel, weil der während der Corona-Zeit nicht an Online-Weiterbildungen teilgenommen hatte. Recht so, hat der AGH Bayern nun bestätigt.
Um Infektionen zu vermeiden, fanden viele Veranstaltungen während der Corona-Pandemie online statt. Dies betraf auch die Fortbildungen für Fachanwälte der Rechtsanwaltskammer (RAK) München. Ein 81-jähriger Fachanwalt für Steuerrecht nahm an den Online-Fortbildungen jedoch nicht teil. Die RAK entzog ihm deshalb den Fachanwaltstitel. Zu Recht, entschied der Anwaltsgerichtshof (AGH) Bayern, wie kürzlich bekannt wurde (Urt. v. 16.11.2023, Az. III-4-6/23). Das Vertrauen der Mandanten in die regelmäßige Fortbildung eines Fachanwalts überwiege die Berufsfreiheit der Anwälte, denen der Titel entzogen wird.
Geklagt hatte ein Anwalt, der über dreißig Jahre lang den Titel Fachanwalt für Steuerrecht trug und zusätzlich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig ist. Nachdem er der RAK München ab 2020 nicht mehr die erforderlichen Fortbildungsnachweise vorlegte, widerrief diese die Erlaubnis, die Bezeichnung Fachanwalt für Steuerrecht zu tragen. Der AGH Bayern bestätigte die Entscheidung der RAK.
Nach § 15 Fachanwaltsordnung (FAO) muss jemand, der die Bezeichnung Fachanwalt führt, jährlich mindestens 15 Stunden Fortbildung nachweisen. Fünf Stunden davon können im Selbststudium nachgewiesen werden, beispielsweise durch das Lesen von Fachzeitschriften.
AGH sieht Ermessensreduzierung auf Null
Diesen Nachweis habe der Anwalt jedoch auch im Laufe des Widerrufsverfahrens nicht erbracht, führt der AGH in seiner Entscheidung nun aus. Der klagende Berufsträger habe zwar vorgetragen, dass er einschlägige Fachzeitschriften gelesen habe, ein Lernerfolgsnachweis sei allerdings nicht erfolgt. Zudem könne das Selbststudium nur fünf von 15 Stunden Fortbildung abdecken. Auch durch Fortbildungen innerhalb der Steuerberatertätigkeit des Anwalts könne er die Pflicht nach § 15 FAO nicht erfüllen, da diese Veranstaltungen andere Themen abdecken.
Der AGH geht sogar davon aus, dass die RAK verpflichtet gewesen sei, dem Anwalt die Erlaubnis zur Führung des Fachanwaltstitels zu entziehen. Das in dem Widerrufstatbestand der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vorgesehene Ermessen sei in einem solchen Fall auf Null reduziert.
Insbesondere habe der Anwalt keine triftigen Gründe vorgetragen, warum er nicht an den Fortbildungen teilgenommen hat. Die Tatsache, dass sie online stattgefunden haben und er nicht über die notwendigen Technikkenntnisse verfüge, reiche als Begründung nicht aus. Der AGH führt aus, es sei dem 81-Jährigen "zumutbar gewesen, das technische Knowhow zu schaffen", um an den Veranstaltungen teilnehmen zu können.
hes/LTO-Redaktion
AGH Bayern sieht Ermessen auf Null reduziert: . In: Legal Tribune Online, 08.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53836 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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