Stellung der Syndikusanwälte

DRV will Übergangsregelung vorschlagen

von Martin W. HuffLesedauer: 5 Minuten
Seit den BSG-Urteilen im April ist der Status von Syndikusanwälten ungeklärt. Auf dem Berufsrechts-Summit des BUJ wies ein Vorsitzender BSG-Richter die Kritik an den Entscheidungen von sich. Rechtspolitiker des Bundestages plädierten für eine Definition des "Rechtsanwalts" und für eine Vertrauensschutzregelung. Die DRV möchte nun bis Ende des Jahres eine Übergangsregelung vorschlagen.

Das Bundessozialgericht (BSG) entschied am 3. April 2014 (Az. B 5 RE 13/14 R u.a.), dass Syndikusanwälte nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind. Seitdem ist die Verunsicherung in der deutschen Anwaltschaft groß. Wie steht es um den Status der Justiziare – sind sie überhaupt Rechtsanwälte? Ist ihr Befreiungsbescheid gültig? Wie sieht die Zukunft der Unternehmensjuristen aus und wie kann die Vergangenheit aufgearbeitet werden? Auch die Entscheidungen in zahlreichen, insbesondere seit 2009 offenen Verfahren vor den Sozialgerichten sind von der Frage abhängig, wie es nun weitergehen soll. Die schriftlichen Entscheidungsgründe der Urteile des BSG liegen nunmehr seit Ende August vor. Betroffene und auch der Deutschen Rentenversicherung Bund hatten gehofft, dass sich dort weitergehende Ausführungen zu den Fragen des Bestands- und Vertrauensschutzes finden. Doch diese haben sich nicht erfüllt. In der Begründung stehen nur wenig mehr dürre Sätze als im Terminsbericht vom 4. April 2014. Viele Detailfragen müssen noch geklärt werden. Daher fordern die betroffenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Unternehmen und Verbänden jetzt Regelungen von der Politik, sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft. Rechtspolitiker der großen Koalition haben auf dem Berufsrechts-Summit des Bundesverbands der Unternehmensjuristen (BUJ)  erstmals öffentlich zu den Folgen der Urteile Stellung genommen.

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Politik und Verbände plädieren für einheitliche Anwaltschaft

Handlungsbedarf sieht auch Rechtsanwalt Dr. Jan-Marco Luczak, Mitglied der CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag und im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz: "Wir müssen als Gesetzgeber jetzt handeln, denn die Urteile des BSG sind für mich nicht nachvollziehbar", sagte er auf dem Kongress des BUJ in Frankfurt. Er verwies unter anderem darauf, dass der Gesetzgeber in rechtlicher Hinsicht immer mehr von den Unternehmen verlangt, was nur durch qualifizierten Rechtsrat bewältigt werden kann. Syndikusanwälte seien daher Rechtsanwälte. Er plädierte für eine rasche großzügige Vertrauensschutzregelung für die vielen offenen Rechtsfragen, die sich bis zu den Urteilen  vom April ergeben haben. Dies müsse schnell erfolgen und könne entweder durch eine Verwaltungsregelung mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales oder durch eine gesetzliche Übergangsregelung im Sozialgesetzbuch Teil VI umgesetzt werden. Hier laufen die entsprechenden politischen Gespräche in der großen Koalition. Dem stimmte der SPD-Rechtspolitiker Christian Flisek ausdrücklich zu. Auch er hält die Entscheidungen aus Kassel für nicht zutreffend, hier werde ein falsches Berufsbild "betoniert". Er müsse eine politische Lösung für die Syndikusanwälte geben. Er sehe die Anwälte in Unternehmen als Rechtsanwälte an, die auch von der Versicherungspflicht in  der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sind. Er sehe ebenfalls raschen Handlungsbedarf und  auch Bundesministerin Andrea Nahles (SPD) habe diese Notwendigkeit erkannt. Die Vertreter der Anwaltsverbände, für die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) deren Vizepräsident Dr. Michael Krenzler, für den Deutschen Anwaltverein (DAV) Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer und für den Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) Elisabeth Rögele, plädierten gemeinsam für eine berufsrechtliche Regelung für die Syndikusanwälte. Denn die Einheit der Anwaltschaft müsse gewahrt werden. Deutlich wurde dabei aber auch, dass es zunächst eine Definition der anwaltlichen Tätigkeit geben müsse. Nicht jeder Jurist ist im Unternehmen wirklich anwaltlich tätig. Insgesamt deutete sich an, dass die drei Verbände an einer gemeinsamen Haltung arbeiten.

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BSG-Richter verteidigt sein Urteil

Dr. Josef Berchtold, Vorsitzender Richter des 5. Senat des BSG, zeigte sich in seinem Referat auf dem Kongress durchaus betroffen von der Kritik an den Urteilen des BSG, denn er setzte sich emotional mit konkreten Besprechungen auseinander. Dem Gericht wurde vorgeworfen, man habe die Terminierung der Verhandlung viel zu kurzfristig angesetzt – im Regelfall werde in solchen Verfahren mit einer Frist von mehreren Wochen oder Monaten geladen. Außerdem habe man sich zu viel Zeit mit dem Abfassen der Urteilsgründe gelassen. Diese Kritik wies er umfassend von sich. Er habe zurzeit aufgrund von Konkurrentenklagen 2 Senate zu führen und müsse sehen, wie er die Arbeit schaffe. In Bezug auf die rasche Terminierung verwies er auf die 2-Wochen-Frist für eine Ladung, die ja unstreitig eingehalten worden sei. Auch die Abfassung der Urteilsgründe sei eigentlich rasch erfolgt, gerade wenn man sehe, dass er als Vorsitzender einen Monat im Urlaub gewesen sei. Er deutete auch an, dass eventuell andere Revisionen in Sachen Rentenversicherungspflicht für Unternehmensjuristen, die beim Senat anhängig seien, unzulässig sein könnten. Inhaltlich gestand er zu, dass das anwaltliche Berufsrecht – insbesondere die Frage der Zulassung – nicht kompatibel mit den sozialrechtlichen Vorschriften sei. Denn die Zulassung erfolge nicht für eine bestimmte Tätigkeit, sondern für jede erlaubte anwaltliche Tätigkeit. Er äußerte mit durchaus etwas arrogantem Ton Kritik an der Anwaltszulassung einiger Kläger: Wer keine Berufshaftpflicht für den Arbeitgeber und auch noch Kanzleiräume im Unternehmen habe, könne wohl nicht anwaltlich tätig sein. Da frage man sich, ob die Verwaltungsakte mit der Zulassung nicht nichtig sein könnten. Ausschlaggebend sei auch nicht die Weisungsfreiheit eines Syndikusanwalts. Dieser bleibe abhängig Beschäftigter, was sich auch aus den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu der Stellung von Chefärzten ergebe. Ohne Begründung meinte er auch, dass § 46 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) "mitnichten" von einer anwaltlichen Tätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis ausgehe.

Vorschläge zu Gesetzesänderungen

In der Zukunft könne sich dies nur ändern, wenn die gesetzlichen Regelungen geändert werden. Dies müsse aber in der BRAO geschehen, so der Richter. Eine Änderung des SGB VI in dem Sinn, dass ein Rechtsanwalt für alle Tätigkeiten - anwaltlich oder nicht - immer versicherungsfrei ist, lehnte er ab. Mit der Möglichkeit, dass die Berufskammern die anwaltliche Tätigkeit bestätigen könnten, befasste er sich nicht. Deutliche Kritik an den Ausführungen von Berchtold kam von Prof. Dr. Christian Rolfs von der Universität Köln. Er stellte klar, dass die des § 6 SGB VI im Jahr 1996 gerade nicht zum Wegfall der Befreiungsmöglichkeit von angestellten Rechtsanwälten führen sollte. Dies werde immer wieder vergessen und vom 5. Senat übersehen. Und die 4-Kriterien-Theorie sei sehr wohl ein geeigneter Ansatzpunkt für die Bewertung anwaltlicher Tätigkeit gewesen und sozusagen ein Umkehrschluss aus § 46 BRAO. Rolfs plädierte für weitgehende Übergangsregelungen für die Vergangenheit, dies sei rechtlich zwingend notwendig. In den nächsten Wochen wird sein Gutachten zu diesen Frage in der "Zeitschrift für Arbeitsrecht – ZfA" erscheinen. Der Abteilungsleiter der Grundsatzabteilung der DRV Bund, Christoph Skipka*, kündigte an, bis Ende des Jahres 2014 eine Übergangsregelung vorzuschlagen. Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei LegerlotzLaschet (LLR) in Köln und Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Fachhochschule Köln. Er bildet seit langem Pressesprecher der Justiz aus. Anm. d. Red.: Zunächst stand hier eine falsche Positionsbezeichnung. Wir bitten dies zu entschuldigen. Die Änderung erfolgte am 09.10.2014, 11:38 Uhr.

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