Vier Monate warten ist zu lang
Eine Referendarin wollte nur das Zeugnis für ihre Anwaltsstation. Doch trotz mehrfacher telefonischer und schriftlicher Nachfragen reagierte die ausbildende Anwältin nicht. Obwohl die Ausbilderin das Zeugnis schließlich nach über vier Monaten Verzögerung schickte, muss sie nun die Kosten für das Verfahren beim Anwaltsgerichtshof (AGH) tragen (Beschl. v. 23.08.2024, Az. 2 AGH 12/18). Denn die Frau hatte es auch versäumt, dort eine Antragsrücknahme zu erklären.
Der Vorfall ist bereits Jahre her: Die Referendarin war bis Ende Juli 2017 in der Anwaltsstation, das Landgericht (LG) forderte danach mehrfach das Zeugnis für die Referendarin bei der ausbildenden Anwältin an. Vier Monate und mehrere Schreiben und Telefonate später informierte das Gericht schließlich die Rechtsanwaltskammer (RAK) Hamm.
Die leitete damals recht schnell ein berufsrechtliches Verfahren gegen die Rechtsanwältin ein. Zwischen der Information an die RAK und der Eröffnung dieses Verfahrens aber hatte die Anwältin das Zeugnis geschickt. Die Frist zur Stellungnahme durch die RAK ließ sie daher verstreichen. Sie sagte später, sie sei irrtümlich davon ausgegangen, das habe sich erledigt.
Keine Reaktion gegenüber der RAK
Aber erst mal nicht für die RAK: Die drohte nach Fristablauf ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro an und setze eine erneute Frist. Sie sah den Verdacht, dass die Anwältin gegen §§ 43 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) , 46 Juristenausbildungsgesetz (JAG) NRW verstoßen haben könnte. In § 43 BRAO ist die allgemeine Berufspflicht der Rechtsanwält:innen geregelt. Danach hat ein "Rechtsanwalt seinen Beruf gewissenhaft auszuüben" und sich "innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen". In § 43 JAO NRW ist normiert, dass Anwält:innen nach Abschluss einer Ausbildungsstation ein Zeugnis auszustellen haben und welche Ausführungen darin enthalten sein müssen.
Erst nach der Androhung eines weiteren Zwangsgeldes und erneuten Fristablauf schrieb die Anwältin der RAK. Sie sei irrtümlich davon ausgegangen, die Sache habe sich mit der Übersendung des Zeugnisses erledigt. Die verspätete Überlassung des Zeugnisses begründe aus ihrer Sicht keinen berufsrechtlichen Verstoß. Sie sei davon ausgegangen, dass insoweit durch das (konkludente) Berufen auf ihr Schweigerecht keine weitere Äußerung gegenüber der Kammer notwendig sei. Sie bat von Zwangsmaßnahmen abzusehen und beantragte ausdrücklich die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen.
Die RAK erklärte dann die Zwangsgeldfestsetzung für erledigt. Auch der Berichterstatter des AGH telefonierte dann mit der Anwältin – denn die geforderte Entscheidung durch das Gericht stand weiter im Raum. Die Anwältin kündigte ein Schreiben mit einer Antragsrücknahme an. Doch es passierte nichts.
Viele Ankündigungen doch keine Handlungen
Wie der AGH nun in seiner Entscheidung formulierte, geriet die Akte sodann im Jahr 2022 "außer Kontrolle". Nach der Rekonstruierung zwei Jahre später 2024 habe es wiederholt telefonischen Kontakt mit der Anwältin gegeben. Sie habe die Rücknahme wiederum angekündigt, erfolgt ist sie nicht.
In der Hauptsache ist die Sache gleichwohl durch die Erklärung der RAK zur Aufhebung des Zwangsgeldes erledigt. Die Kosten des Verfahrens muss aber die Anwältin tragen, §§ 197, 197a BRAO. Über die sei nach billigem Ermessen zu entscheiden, dabei sei auf den wahrscheinlichen Verfahrensausgang abzustellen, so der AGH – und dabei sei die Anwältin voraussichtlich unterlegen. Denn zum einen seien ihr die Schreiben mit der Androhung und auch der Festsetzung des Zwangsgeldes zugegangen. Und zum anderen habe sie auch die "Ursache für das gesamte Verfahren" gesetzt, so der AGH. Aus § 46 JAG folge die Pflicht, das Zeugnis unverzüglich nach Abschluss der Ausbildung zu erteilen. Dieser Pflicht sei die Anwältin aber erst nach mehrmaliger Aufforderung und mehrmonatiger Verzögerung ihrer Verpflichtung nachgekommen.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.
tap/LTO-Redaktion
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2024 M09 23
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