Referendar aus Vorbereitungsdienst entlassen
Ein Rechtsreferendar, der der Ernennungsbehörde nicht mitteilt, dass gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren läuft, begeht eine arglistige Täuschung und kann rückwirkend entlassen werden. Das entschied das Verwaltungsgericht (VG) Berlin im Eilverfahren (Beschl. v. 06.02.2023, Az. VG 7 L 487/22).
Ein 28-Jähriger bewarb sich im Oktober 2019 in Berlin als Referendar für den Vorbereitungsdienst. Bei der Bewerbung unterschrieb er eine Erklärung darüber, ob und welche Vorstrafen vorliegen und darüber, ob strafrechtliche Ermittlungsverfahren laufen würden. Die Erklärung enthielt auch den Zusatz, dass spätere Änderungen der Ernennungsbehörde unverzüglich angezeigt werden müssen.
Im März 2021 wurde dem künftigen Referendar von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Vergewaltigung eingeleitet wurde. Der Bewerber behielt diese Information für sich, teilte sie der Ernennungsbehörde nicht mit und begann im Februar 2022 sein Rechtsreferendariat.
Wie der Zufall es wollte, wurde der Referendar während seiner Ausbildungsstation von der gegen ihn ermittelnden Staatsanwältin erkannt. Daraufhin wurde er im August 2022 rückwirkend entlassen.
Relevanz hätte sich dem Referendar aufdrängen müssen
Einen gegen die Entlassung gerichteten Eilantrag des Referendars wies das VG zurück, wie nun bekannt wurde. Nach der gesetzlichen Regelung sei die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sie durch arglistige Täuschung herbeigeführt worden sei. So auch in diesem Fall. Angesichts der Schwere der ihm vorgeworfenen Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung habe sich dem juristisch vorgebildeten Referendar geradezu aufdrängen müssen, dass diese Tatsache für die Einstellung ins Referendariat erheblich ist. Er habe zudem durch die unterschriebene Erklärung zu den Vorstrafen gewusst, dass er der Ernennungsbehörde Informationen über anhängige Ermittlungsverfahren hätte mitteilen müssen.
Die Behauptung des Referendars, er habe die Behörde per Brief über das Ermittlungsverfahren informiert, überzeugte das Gericht nicht. Dazu sei die Täuschung des Referendars auch arglistig, da er zumindest in Kauf genommen habe, dass die Ernennungsbehörde irrtümlich davon ausgehe, dass keine Ermittlungsverfahren anhängig seien. Hätte er das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren offenbart, wäre er nicht unmittelbar zum Rechtsreferendar ernannt worden, sondern allenfalls später nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens und erneuter Antragstellung.
Anklage wegen Vergewaltigung wird derzeit zugestellt
Zu einer erneuten Antragstellung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst wird es jedoch vorerst wohl nicht kommen. Nach Angaben der Pressesprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegenüber LTO wurde im Fall des entlassenen Rechtsreferendars Anklage zum Landgericht Berlin erhoben. Das LG Berlin teilte LTO mit, dass die Anklage wegen Vergewaltigung derzeit zugestellt werde und in einigen Wochen mit einem Hauptverhandlungstermin zu rechnen sei.
Gegen den Beschluss des VG kann Beschwerde beim OVG Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
ku/LTO-Redaktion
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2023 M02 14
Referendariat
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