"Todesliste" beim JPA Hamm

Durch­faller heißen intern "Block­ver­sager"

von Xenia Piperidou und Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten

Das JPA Hamm hatte für kurze Zeit eine Liste mit durchgefallenen Staatsexamenskandidaten unter dem Titel "Internet Blockversager April 2024" veröffentlicht. Dies führt zu vielen Diskussionen in sozialen Medien. Ist die Empörung berechtigt?

Noch ein technischer Fauxpas in dieser Woche: Erst war versehentlich ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Wahlrecht vorab im Netz abrufbar, nun sorgt das Justizprüfungsamt (JPA) Hamm für Aufregung. 

Was ist passiert? Jeden Monat veröffentlicht das JPA Hamm auf seiner Website eine Liste derjenigen Prüflinge, die im schriftlichen Teil des ersten Staatsexamens durchgefallen, also nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen sind. Unter den Studierenden wird diese Auflistung oft als "Todesliste" bezeichnet, denn der offizielle Titel "Informationen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 JAG NW" ist unstreitig weniger prägnant. Intern trägt Liste im JPA Hamm aber offenbar einen ganz anderen Namen, denn die aktuelle Todesliste war für etwa eine Stunde mit dem Titel "Internet Blockversager April 2024" abrufbar. Mittlerweile ist sie wieder unter ihrem üblichen Titel auf der JPA-Homepage zu finden.

"Blockversager". Diese Bezeichnung stieß vielen Studierenden, die am Mittwoch routinemäßig die Website des Prüfungsamts nach aktuellen Examensresultaten durchsuchten, übel auf. Narin Arslan etwa, die bereits ihr erstes Staatsexamen bestanden hat, und Martha Göktas zum Beispiel, die sich derzeit auf das Examen vorbereitet, zeigten sich enttäuscht. Die beiden Bielefelder Jurastudentinnen kommentieren den Vorfall gegenüber LTO so: "Durch die Bezeichnung als 'Versager' durch das JPA Hamm wird deutlich, wie die Mitarbeitenden des JPA Hamm Studierende sehen, die die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden haben – nämlich als eben solche."

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"Fuckups-in-der-juristischen-Ausbildung-Wettbewerb"

Auch ein Prüfling*, der sich derzeit ebenfalls aufs erste Staatsexamen vorbereitet und anonym bleiben möchte, äußerte sich gegenüber LTO kritisch: "Ich kann noch verstehen, dass es intern so genannt wird, weil es vielleicht kürzer ist als 'Nichtbesteherliste'. Es dann allerdings mit demselben Wortlaut online zu stellen und die betroffenen Prüflinge als 'Versager' zu bezeichnen – das muss einfach nicht sein."

Auch in den sozialen Medien geht es rund. "Mehr muss man über diese Ausbildung nicht wissen", kommentiert zum Beispiel ein X-Nutzer als einer der ersten den kursierenden Screenshot. Professor Dr. Rafael Harnos von der Universität Passau kommentiert auf LinkedIn sarkastisch: "Nachdem Bayern mit der Tauchen-darf-man-aber-nicht-Aktion im Fuckups-in-der-juristischen-Ausbildung-Wettbewerb aufgeholt hat, muss sich NRW etwas anstrengen. Wenn man das, die Streichung der Referendarstellen und die geschickte Kommunikation bei der  Vorverlegung der mündlichen Prüfung zusammenzählt, ist das bevölkerungsreichste Bundesland wieder auf Platz 1. Herzlichen Glückwunsch."

JPA Hamm: "Blockversager" etablierter Verwaltungssprech

Der Vorfall passiert zu einer Zeit, in der die Jura-Bubble unter dem #iurserious intensiv über die Reform der Juristenausbildung diskutiert. Das macht den Zeitpunkt für das JPA Hamm noch unangenehmer.

Entsprechend schnell reagierte es auf eine LTO-Presseanfrage und erklärte, dass das Dokument mit dem Titel "Internet Blockversager April 2024.pdf nur für etwa eine Stunde" online gewesen sei. "Dem JPA Hamm ist ein wertschätzender Umgang mit allen Kandidatinnen und Kandidaten wichtig. Dieser wird in ständiger Praxis gelebt", so ein Sprecher.

Er ergänzt: "Der Begriff 'Blockversager' ist ein althergebrachter Fachbegriff, der in Verwaltung, Rechtsprechung und Literatur verwendet wird". Diese Bezeichnung sei intern seit Jahrzehnten etabliert, werde jedoch normalerweise nicht nach außen kommuniziert – "aus Gründen des wertschätzenden Umgangs". Der Sprecher erklärte, dass es sich um ein bedauerliches Versehen handele, und der Titel des Dokuments auf der Webseite umgehend korrigiert worden sei.

Ob man "Blockversager" nun despektierlich oder als Verwaltungsfachbegriff versteht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Sicher aber ist: In der Jura-Bubble kommt derzeit keine Langeweile auf.

*Name der Person und Studienstatus sind der Redaktion bekannt.

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