Rechtsreferendarin holt sich 4,60 Euro von der Bahn zurück
Eine Rechtsreferendarin aus Münster kennt ihre Rechte: Weil sie sich in der Bahn-App verklickt hatte, erklärte sie gegenüber der Bahn natürlich standesgemäß gleich die Anfechtung wegen eines versehentlich geschlossenen Vertrages. Nun hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main entschieden, dass die Deutsche Bahn AG der Juristin 4,60 Euro zuzüglich Zinsen erstatten muss (Urt. v. 04.08.2022, Az. 31 C 236/22 (96)).
Weil sie in Eile war, um den Zug zu bekommen, hatte die angehende Volljuristin hastig über die App der Deutschen Bahn auf ihrem Smartphone ein Ticket gebucht. Nach Abschluss der Buchung bemerkte sie, dass sie versehentlich auch ein Fahrradticket hinzugebucht hatte. Sie erklärte gegenüber der Bahn unverzüglich per E-Mail die Anfechtung in Bezug auf den Kauf des Fahrradtickets. Sie gab an, sich bei der Buchung verklickt zu haben, weshalb ein Erklärungsirrtum vorliege. Sie forderte die Deutsche Bahn zur Erstattung der 4,60 Euro für das Fahrradticket auf.
Als ihr der Kundenservice mitteilte, dass eine Stornierung nach dem ersten Geltungstag generell ausgeschlossen sei, wollte sie die Sache nicht auf sich beruhen lassen und verfolgte ihr Anliegen weiter. Doch selbst auf ein anwaltliches Anschreiben hin übersendete der Kundenservice der Referendarin per Post lediglich ein Formular zur Geltendmachung von Fahrgastrechten wegen Verspätung eines Zuges. Ihren Ärger über das sie nicht zufriedenstellende Verhalten des DB-Kundenservice nahm die Referendarin letztlich zum Anlasss, Klage vor dem AG Frankfurt a.M. zu erheben - auf Zahlung von 4,60 Euro.
Ein Fall, wie er im Lehrbuch steht
Und das mit Erfolg: Das AG verurteilte die Bahn zur Erstattung des Betrages wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB). Die Begründung des AG gleicht einem Lehrbuchfall der ersten Semester: Zulässigkeit der Anfechtung (+), Anfechtungsgrund (+), wirksame Anfechtungserklärung (+), Frist (+).
Die Referendarin habe ihre Willenserklärung wirksam wegen eines Erklärungsirrtums anfechten können, so das AG. Der äußere Erklärungstatbestand habe nicht dem Willen der Erklärenden entsprochen. Bei der Buchung sei der Referendarin die praktische Umsetzung ihres Erklärungswillens missglückt. Da die Juristin glaubhaft machen konnte, an dem Tag auch tatsächlich ohne Fahrrad unterwegs gewesen zu sein, sei in dem Erwerb der Fahrradtageskarte ein Irrtum zu sehen.
Die Bahn hatte vergeblich versucht, mit einem Vertrauensschaden (§ 122 BGB) aufzurechnen. Der Argumentation, dass wegen der erfolgten Buchung ein Fahrradplatz im System als belegt gebucht worden sei, folgte das Gericht nicht.
Hierzu hätte die Bahn vortragen müssen, dass ein anderer Fahrgast tatsächlich ein Fahrradticket buchen wollte, ihm dies aber wegen der Buchung der Klägerin nicht möglich war. Außerdem hätte die Bahn aufgrund ihrer Schadensminderungsobliegenheit dafür sorgen müssen, dass nach Eingang der Anfechtungserklärung im System der stornierte Fahrradstellplatz wieder freigegeben wird. Aus welchem Grund das technisch nicht möglich sein solle, habe die Bahn nicht nachvollziehbar erklärt.
Für die Referendarin hat sich das Studium also bereits ausgezahlt. Neben den 4,60 Euro und derzeit ganzen 16 Cent Zinsen muss die Bahn ihr ebenfalls die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 76,44 Euro zahlen.
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2022 M09 5
Referendariat
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