Massive Prüfungspanne in Hessen

Klau­sur­fall zusammen mit Lösungs­hin­weisen aus­ge­teilt

von Xenia Piperidou und Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten

In Hessen musste eine Klausur im zweiten Examen abgebrochen werden, nachdem in den Prüfungsunterlagen mehrere Seiten mit Lösungshinweisen aufgetaucht waren. Die Klausur wird nachgeholt, die Betroffenen sind mehr als verärgert.

Am Freitag ist die Arbeits- und Wirtschaftsrechtsklausur des aktuellen Durchgangs im zweiten juristischen Staatsexamen in ganz Hessen kurz nach Beginn der Bearbeitungszeit abgebrochen worden. Der Grund dafür war ein schwerwiegender Fehler in den Prüfungsunterlagen: Anstelle des bloßen Prüfungssachverhalts fanden die Prüflinge mehrere Seiten mit Lösungshinweisen in den Unterlagen vor.

Die Dokumente, die gut 18 Seiten umfassten, beinhalteten zwischen den Seiten neun und zehn überraschend einige Seiten mit Lösungen und Erläuterungen zu dem Fall. Es handelte sich dabei zwar nicht um die gesamte Lösungsskizze, doch es ging auch nicht nur um Nebenaspekte der Klausur. Vielmehr betrafen die versehentlich ausgeteilten Lösungshinweise auch zentrale Teile der Aufgabenstellung, wie etwa den Tenor eines zu verfassenden arbeitsgerichtlichen Urteils und Abwägungen zur prüfenden Kündigungsschutzklage. 

Dass die eingefügten Seiten die Nummern "20-24" trugen, machte den Fehler offensichtlich, sodass dieser bereits kurz nach Beginn der Bearbeitungszeit auffiel.

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Ärger und Frust bei den Prüflingen

LTO erreichten daraufhin zahlreiche Hinweise auf den Klausurabbruch. Übereinstimmend berichten die Prüflinge, dass sie zunächst angewiesen worden seien, mit der Klausurbearbeitung fortzufahren, nachdem der Fehler aufgefallen und gemeldet worden war. Doch etwa eine halbe Stunde nach Bearbeitungsbeginn sei die offizielle Mitteilung gekommen: Die Klausur wird hessenweit abgebrochen.

Der Abbruch trifft die hessischen Referendare hart, weil die Wiederholung der Klausur bereits nächste Woche Mittwoch stattfindet. Das heißt zwar, dass die Urlaubs- und Erholungspläne, die die Prüflinge für das Ende der kommenden Klausurenwoche geschmiedet haben, nicht ins Wasser fallen. Doch stehen in der kommenden Woche bereits vier planmäßige Klausuren an, sodass der Ruhetag am kommenden Mittwoch ausfällt, weil dann die Klausur vom Freitag nachgeholt wird. Heißt: fünf Tage Dauerstress.

Neben der Frustration und der Enttäuschung über die Panne selbst sorgt fehlende Kommunikation für weiteren Unmut. In ihren Zuschriften an LTO werfen die Prüflinge dem zuständigen Justizprüfungsamt Inkompetenz in doppelter Hinsicht vor. 

Zum einen sind sie der Meinung, dass ein so offensichtlicher Fehler nicht nur nicht passieren dürfe, sondern schon durch einfaches Gegenlesen der Unterlagen vorab hätte verhindert werden können. "Wie kann es sein, dass niemand diesen Mist wenigstens mal durchblättert?", so die Kritik in einer der vielen Zuschriften. 

Zum anderen werfen sie den Verantwortlichen schlechte Kommunikation vor: Vor Ort sei zu hemdsärmelig auf so eine ernste Situation reagiert worden. Bedenken wegen der geplanten Urlaube – der Wiederholungstermin ist den Prüflingen erst im Laufe des Freitagnachmittags mitgeteilt worden – seien nicht ernst genommen worden. "Die sollten sich mal selber an die strengen Maßstäbe halten, die für uns gelten!", heißt es in einer weiteren Zuschrift an LTO.

Prüfungsamt "bedauert Vorfall außerordentlich"

Auf LTO-Anfrage beziehen das Prüfungsamt beziehungsweise das hessische Justizministerium Stellung: "Das Justizprüfungsamt ist sich sehr bewusst darüber, welche Leistung die Kandidatinnen und Kandidaten für die Staatsexamensklausuren aufbringen müssen. […] Es bedauert daher diesen Vorfall in der zweiten juristischen Staatsprüfung außerordentlich und wird alles dafür tun, dass der heutige Tag ein einmaliges Ereignis in seiner Geschichte bleibt."

Es verweist darauf, dass es trotz der spontan terminierten Wiederholungsklausur gelungen sei, "dass alle Kandidatinnen und Kandidaten ihre Klausuren am gewohnten Ort schreiben können." Zudem sichert ein Ministeriumssprecher "allen Kandidatinnen und Kandidaten zu, dass sie sich mit ihren Fragen und allen anderen Anliegen zur Nachholklausur vertrauensvoll an das Justizprüfungsamt wenden können."

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