Jahresende in der Kanzlei

Stress, lass nach!

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten
Dass der Anwaltsberuf oft mit viel Arbeit verbunden ist, ist kein Geheimnis. Doch das muss nicht immer in Stress ausarten, auch nicht zum Jahresende. Dazu muss man nur einige Kniffe beachten.

Während andere sich auf die besinnliche Adventszeit freuen, sitzt so mancher Anwalt bis spät in die Nacht an seinem Schreibtisch, um noch im laufenden Jahr dringende Akten vom Schreibtisch zu bekommen. Muss das eigentlich sein? Nicht unbedingt, meint Christiane Huismans, selbst Rechtsanwältin und Coach für selbige. "Bei grundsätzlich organisierbaren Themen, wie etwa die Verjährung am Jahresende, kann man Mandanten bereits im Jahresverlauf darum bitten, die Informationen frühzeitig zu übermitteln." Leider klappt das manchmal nicht so wie erhofft, und der Anwalt sitzt doch wieder lange Stunden im Büro. Häufig steigt zum Jahresende auch der Druck auf laufende Projekte. "Mancher bis dahin zäh verhandelte oder komplizierte Deal gelingt plötzlich aufgrund einer erhöhten Motivation der Beteiligten, das Projekt noch im alten Jahr abzuschließen", so die Erfahrung von Christiane Huismans.

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Anti-Stress-Lösung: ein gutes Projektmanagement

Dr. Heiko Haller, Partner der Kanzlei Baker McKenzie, weiß, dass viele Mandanten vor Jahresschluss noch ihren Schreibtisch aufräumen und Unterlagen mit offenen Fragen an ihre Anwälte schicken. "Meist sind das aber keine dringenden Angelegenheiten, sodass wir uns auch im neuen Jahr darum kümmern können", sagt der Anwalt, der im Prozessrecht keinen Jahresendstress kennt. "Das liegt auch an unserem Aufgabengebiet: Bei Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren laufen die Fälle meist über einen längeren Zeitraum. Fristen laufen nicht alle kurz vor Weihnachten aus und größere Rechtsstreitigkeiten zeichnen sich meist über einen längeren Zeitraum ab, so dass wir nicht überraschend in letzter Minute vor Jahresende noch einen Schriftsatz vorbereiten müssen." Hallers wichtigster Tipp gegen unnötigen Stress: ein gutes Projektmanagement. "Man sollte alle Unterlagen immer rechtzeitig von den Beteiligten einfordern. Wenn ein Sachverständiger oder ein Mandant die Informationen trotzdem nicht bis zum erforderlichen Termin liefert, kann es natürlich schon mal eng werden." Nicht jeder fühlt sich dann gleich gestresst. Manch einer genießt auch die Anspannung und die Herausforderungen, die mit den anwaltlichen Aufgaben einhergehen. Wie man Stress empfindet, ist nämlich Typsache. "Grundsätzlich sind wir in der Lage, Stress auszuhalten und dadurch besondere Anforderungen zu bewältigen sowie mentale und körperliche Höchstleistungen zu erbringen", erklärt Christiane Huismans. "Problematisch wird es erst, wenn Anspannung und Entspannung auf Dauer nicht mehr in einem individuell angemessenen Verhältnis zueinander stehen."

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2/2: Äußere Stressoren und innere Stressverstärker

Individuell ist das Stichwort. Denn Stress kann durch die unterschiedlichsten Faktoren ausgelöst werden, die bei jedem anders wirken. Daher sollte, wer sich überfordert fühlt, zunächst analysieren, ob äußere Stressoren vorliegen – also zum Beispiel ständige Unterbrechungen bei der Arbeit oder zu viele Projekte, die gleichzeitig bearbeitet werden müssen – oder persönliche Stressverstärker. Zu Letzteren gehört zum Beispiel der Perfektionismus oder niemals Nein sagen zu können. Bei Baker McKenzie lernen Associates ebenso wie Partner, die oft andere Stresssituationen haben, in Workshops, ihre persönlichen Stressfaktoren zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Ist man an dem Punkt "Ich kann doch nichts an meiner Situation ändern!" angelangt, ist es schon fast zu spät. Besser sei es, schon vorher mit jemandem zu reden, der die Situation objektiv beurteilen könne, rät Coach Christiane Huismans. Dadurch eröffneten sich meist bis dahin unbekannte Wege, die Stressoren von außen oder die individuellen Stressverstärker zu minimieren und für Entspannung zu sorgen.

Banale Tricks können schon helfen

Manchmal helfen schon ganz banale Tricks: ausreichend Schlaf und frische Luft, Weihnachtsgeschenke schon im November besorgen sowie Erfolge wahrnehmen und sich über diese freuen. Heiko Haller empfindet es zudem als stressbefreiend, wenn ein Team gut zusammenarbeitet und sich gegenseitig unterstützt. "Dadurch kommt es erst gar nicht zu Konkurrenzdruck, der Stress verursacht", so der Partner. Christiane Huismans ergänzt: "Egal, ob jemand viel oder weniger arbeitet, ob er sich gestresst fühlt oder nicht: Es tut gut, sich bewusst zu machen, wie die eigenen Werte und Ziele aussehen und was einen persönlich motiviert." Aus diesen Erkenntnissen heraus sollte jeder individuell entscheiden, wie er seinen Berufsalltag gestalten möchte, damit er in Balance bleibt und auch stressige Zeiten gut bewältigt –am Jahresende ebenso wie zu anderen Zeiten im Jahr.

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