Der Autohersteller lässt seinen Schriftzug auf einer Halle in Braunschweig anlässlich des dort stattfindenden AfD-Parteitags abhängen. Das Recht der sogenannten Naming-Right-Verträge erläutern Jonas Kahl und Franziskus Horn.
Der Autohersteller Volkswagen hat gegenüber dem Betreiber der Stadthalle Braunschweig durchgesetzt, dass der Schriftzug auf der "Volkswagen Halle Braunschweig" über das kommende Wochenende abgehängt wird. Anlässlich des dort stattfindenden Bundesparteitags der AfD waren sich VW-Betriebsrat und Unternehmensseite einig: Die von der Partei vertretenen Werte seien nicht mit denen des Konzerns in Einklang zu bringen. Das Abhängen soll eine Assoziation des Unternehmens mit der Partei verhindern. Um sich Möglichkeiten wie diese offen zu halten, schließen Sponsoren mit den Betreibern der Gebäude häufig sogenannte Naming-Right-Verträge. Doch eins nach dem anderen.
Üblicherweise stellen sich Konstellationen wie die im Falle von VW wie folgt dar: Sponsoren erstehen die Namensrechte an Veranstaltungsorten. Sie profitieren von der hohen Öffentlichkeit, die mit der Omnipräsenz bei jeder Veranstaltung, jedem verkauften Ticket, der Stadtbeschilderung, der Vor- und Nachberichterstattung, etc. einhergeht. Gerade bei der Benennung von Fußballstadien kommt oft noch die emotionale Bindung des Besuchers an einen Fußballverein oder eine Stadt hinzu.
Die für die Namensrechte fließenden Lizenzgebühren kommen wiederum dem Eigentümer der Immobilie zugute. Teilweise ermöglicht der Verkauf dieser Rechte überhaupt erst den Bau des Gebäudes. Eigentümer sind meist Privatunternehmen oder nicht selten auch Städte oder Gemeinden. Sie schalten oft eine Betreibergesellschaft dazwischen, welche den Veranstaltungsort bewirtschaftet und dementsprechend als erster Ansprechpartner für die Rechtevergabe zuständig ist.
So stellt es sich auch in Braunschweig dar: Eigentümer der Halle ist eine städtische Gesellschaft, die diese auch betreibt. Volkswagen ist der Sponsor, der die Namensrechte an der Halle erstanden hat und dessen Name dementsprechend den öffentlichen Eindruck der Halle prägt.
Image-Schaden und besondere Probleme bei öffentlichen Gebäuden
Prangt nun der Firmenname stolz über dem Veranstaltungsort, findet in der Öffentlichkeit zwangsläufig eine Identifikation des Namensgebers mit dem statt, was drum herum und drinnen vor sich geht. Das Problematische: Der Sponsor hat in der Regel nichts mit der Veranstaltungsplanung zu tun und keinen unmittelbaren Einfluss darauf, an wen der Eigentümer vermietet. Um eine Image-Schädigung abzuwenden oder wenigstens zu begrenzen, befindet sich der Sponsor dann in Erklärungsnot. Häufig reagiert er mit einem öffentlichen Statement.
Im Falle städtischer Einrichtungen kommt erschwerend hinzu, dass diese gegebenenfalls verpflichtet sind, Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Hier schließt sich der Kreis zu der jedem Jurastudenten bekannten "Zwei-Stufen-Theorie": Über das "Ob" der Benutzung einer städtischen Immobilie ist öffentlich-rechtlich zu entscheiden. Gleichheits- und Teilhabeaspekte können die städtische Betreiberin dann binden und zum Beispiel dazu zwingen, politischen Parteien gleichermaßen die Nutzung kommunaler Gebäude einzuräumen und keine einzelnen Parteien aufgrund politischer Motive hiervon auszuschließen. Die Bedingungen einer solchen Nutzung, also das "Wie" (z. B. Mietvertrag über die Nutzung der Stadthalle), können hingegen wieder privatrechtlich ausgestaltet sein.
Auch in Braunschweig wurde die Frage nach der Vermietung der "Volkswagen Halle" an die AfD politisch diskutiert. Der Stadtrat stimmte aber schließlich gegen eine Kündigung des schon geschlossenen Mietvertrags mit der AfD.
Ist die Entscheidung, an eine Partei zu vermieten, einmal getroffen, kann dies natürlich den Interessen des Sponsors als Namensgeber des Gebäudes zuwiderlaufen. Denn solche Sponsoring-Verträge haben meist eine lange Laufzeit und sehen oft ein allumfassendes Branding mit dem Namen in jeglichem Kontext vor. Dies birgt für den Namensgeber die Gefahr, jede Entscheidung des Betreibers – sei es aus Überzeugung oder aus rechtlicher Bindung – mit dem eigenen Namen mittragen zu müssen.
Naming-Right-Verträge für den Fall der Fälle
Nun gibt es Möglichkeiten, um sich als Namensgeber rechtzeitig und präventiv für solche Konstellationen im Vertrag über das Namensrecht ("Naming-Right-Vertrag") abzusichern. Der Vertragspartner ist dabei in der Regel der Betreiber der Immobilie. Bei städtischen Lokalitäten kann als drittem Beteiligten zusätzlich die Mitsprache der Stadt oder Gemeinde als Eigentümer erforderlich sein.
Gegenstand des Vertrages ist dabei zunächst das Namensrecht. Dieses steht bei Gebäuden erstmal dem Eigentümer zu. Er kann sich in der Regel auch auf den Namensschutz aus § 12 BGB für das Gebäude berufen. Damit der Betreiber und konsekutiv der Sponsor den Namen ändern kann, ist – wie bei anderen Lizenzverträgen auch - eine schuldrechtliche Vereinbarung mit dem Eigentümer zu treffen, der die Umbenennung gestatten muss. Wichtig ist bei Verträgen mit dem Betreiber, dass dieser entsprechende Rechte vom Eigentümer erlangt haben muss und diese nicht etwa bereits an eine Vermarktungsagentur abgetreten worden sein dürfen.
In dem Naming-Right-Vertrag wird dann oftmals das ausschließliche, örtlich unbeschränkte Recht eingeräumt, dem Veranstaltungsort einen Namen zu geben, gegebenenfalls ein Logo festzulegen und dem Betreiber der Immobilie die Pflicht auferlegt, diesen Namen zu nutzen und zu verbreiten. Oftmals finden sich auch noch Regelungen zur Branchenexklusivität oder zu treffenden Werbemaßnahmen darin.
Was man darin regeln kann
Damit Sponsoren nicht in die missliche Lage kommen, ungewollte Assoziationen zu wecken, können sie zum Beispiel darauf bestehen, in dem Namensrechtvertrag ein Widerspruchsrecht gegen Veranstaltungen, die dem Ansehen des Unternehmens schaden könnten, eingeräumt zu bekommen. Natürlich müssen sie dabei konkretisieren, woraus sich dieses Ansehen zusammensetzen soll. Ansatzpunkte können zum Beispiel die Firmenwerte, die freiheitliche demokratische Grundordnung genauso wie sämtliche in Art. 3 GG erfassten Werte sein.
Auch hier tut sich wieder ein besonderes Problem auf, wenn die öffentliche Hand Träger des Gebäudes ist: Bei städtischen Veranstaltungsorten können die Parteien eine solche Klausel wohl kaum vertraglich festhalten. Eine solche könnte sonst mit der gebundenen Zulassungsentscheidung der Stadt gegenüber gewissen Veranstaltern kollidieren. Sponsoren mit Zustimmungsrechten hätten dann Einfluss auf kommunale öffentlich-rechtliche Entscheidungen. In solchen Konstellationen können Sponsoren erst nach der Zulassungsentscheidung mit einem Naming-Right-Vertrag Einfluss nehmen.
Je kreativer die Juristen, desto unterschiedlicher die Maßnahmen, die Namensrechtverträge den Sponsoren zugestehen. Das Abhängen oder das kostengünstigere Verdecken des Logos wie im Fall VW sind nur Beispiele für mögliche Handlungsweisen. Angesichts gegebenenfalls bestehender baurechtlicher Restriktionen ist das Verdecken eventuell sogar vorzugswürdiger. Gleiches gilt übrigens auch für sonstige im Innern des Gebäudes angebrachte Werbemaßnahmen. Stellt man sich vor, dass die Banner des Namensgebers prominent neben denen des unliebsamen Veranstalters hängen, kann etwa die mediale Berichterstattung aus dem Inneren des Gebäudes heraus die gleiche verheerende Image-Schädigung entfalten wie das große Logo draußen an der Halle.
Dr. Jonas Kahl, LL.M. ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Kanzlei Spirit Legal in Leipzig. Er ist zudem stellvertretender Vorsitzender des Fachanwaltsausschusses für Sportrecht der RAK Sachsen. Franziskus Horn ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Spirit Legal.
AfD-Parteitag in der "Volkswagen Halle": . In: Legal Tribune Online, 29.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38965 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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