Burgen bauen, Löcher graben, Möwen füttern - an einigen deutschen Stränden ist das verboten. Besonders strikt ist Sylt, aber auch dort sind die Urlauber bisher um Geldbußen herumgekommen.
Bewaffnet mit Spaten und Eimern geht es dieser Tage zu den Stränden der Bundesrepublik. Es wird der Strandkorb mindestens für zwei Wochen gemietet und sofort angefangen, eine persönliche Trutzburg um diesen herum zu errichten. Zu klein darf die Burg nicht sein, mindestens drei Meter Durchmesser um den Strandkorb herum sollten es schon sein und mit einer nicht zu kleinen Mauer versehen, die gerne mit Muscheln verziert wird. Und wissen Sie was? Genau so ein Wall um den Strandkorb herum ist auf Sylt verboten.
Geregelt ist das in der Satzung der Gemeinde Sylt über die Einschränkung des Gemeingebrauchs am Meeresstrand. Konkret heißt es in §2 Abs. 4 Nr. 2: Nicht gestattet ist es, im Strandbereich Burgen zu bauen oder Löcher zu graben. Das ist kein Scherz. "Mit Saisonbeginn verwandelte sich der Westerländer Hauptstrand noch bis in die 1970er-Jahre hinein regelmäßig in eine Art Kraterlandschaft - Sandwälle rund um die Strandkörbe soweit das Auge reichte", erklärt Jutta Vielberg, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der nordfriesischen Insel. Den Gemeinden wurde es irgendwann zu bunt. Im Jahr 1979 versuchte man noch mittels einer Bauanleitung und genauer Angabe über die Breite des Bauwerks wieder Herr über die versandete Lage zu werden, wenig später wurde das Burgenbauen komplett verboten.
Früher hat man es in Kauf genommen, dass Großburgen bei starker Brandung dafür sorgen, dass der Strand nahezu ausgespült wurde. Heute ist das Sicherheitsbedürfnis gestiegen, aber auch das Bewusstsein für das ökologische Gleichgewicht sensibler Küstenlandstriche. "Die Burgen bieten Wind und Wasser eine größere Angriffsfläche als platter Strand, der Sand wird also leichter weggespült und weggeweht", sagt Vielberg. Außerdem würden Strandkörbe bei Flut durch den aufgelockerten Sand in diesen eingespült und könnten dann nicht mehr bewegt werden. Und die gebuddelten Löcher würden zu Stolperfallen für Spaziergängen und sogar zu einem Hindernis für Rettungsfahrzeuge. "Es geht uns also sicher nicht darum, Kindern das Spielen zu verbieten, sondern um Sicherheit und Küstenschutz", so Vielberg.
Daher würde der Verstoß gegen die Satzung bei kleinen Bauwerken auch nicht geahndet, da sage niemand etwas. Und wenn dann doch mal jemand über die Stränge schlägt, löst sich das Problem meistens durch einen Hinweis eines Rettungsschwimmers oder Strandkorbwärters. "Meistens sind die Leute einsichtig, bauen zurück und schütten am Abend die Gräben zu." Und dann ist da ja auch noch der Trecker der Sylter Gemeinden, der morgens mit einer Harke im Schlepptau seine Bahnen am Strand zieht und diesen einebnet. "Manchmal, wenn der Fahrer eine besonders schöne Strandburg sieht, macht er auch mal einen kleinen Schlenker drumherum."
Binz auf Rügen: Graben verboten
Die Insel Sylt steht mit ihren Verboten bzw. Einschränkungen nicht allein da: Auch in der Satzung über die Strand- und Badeordnung der Gemeinde Ostseebad Binz auf Rügen ist klar geregelt, was am Strand erlaubt ist – und was nicht. In § 5 Abs. 1 S. 2 heißt es da: Das Graben von Löchern und Tunneln ist verboten. Burgen sind grundsätzlich erlaubt, sie dürfen aber "nicht höher als 0,30m und in ihrem obersten Durchmesser nicht größer als 3,50m sein". Langeoog ist da ein bisschen großzügiger: Die Höhe der Burg ist zwar auch auf 0,3 Meter begrenzt, der Durchmesser allerdings darf fünf Meter betragen. Auf der ostfriesischen Insel Langeoog müssen die Dünen geschützt werden: Der Sand für die Burgen darf daher bis auf fünf Meter Abstand von den Dünen strandwärts nicht abgegraben werden – in Binz sind es wiederum zwei Meter Abstand zu den Dünen.
Auch in Zempin auf Usedom achtet die Gemeinde auf den Küstenschutz, verbietet daher laut Satzung den Bau von Strandburgen und das Graben von tiefen Löchern, allerdings nur in einer Entfernung von weniger als zwei Metern vom seeseitigen Dünenfuß und von weniger als fünf Meter vom Steiluferhangfuß. Gebaut werden muss mit Sand: Strandgut und andere Stoffe dürfen nicht verwendet werden, das gilt auch in anderen Gemeinden wie Langeoog und Binz sowie in Warnemünde.
Kein Verbot hat übrigens das ostfriesische Nordseebad Harlesiel, quasi der Ort mit dem Meerzugang bei Carolinensiel: Dies hat auf LTO Anfrage bestätigt, dass am dortigen Strand das Bauen von Sandburgen nicht verboten ist. Eine ganz allgemeine Aussage lässt sich also nicht treffen, bestätigte die Ostfriesland Tourismus GmbH: Letztlich handelt es sich um eine spezifische Sachlage der einzelnen Orte und Gemeinden.
Auch die Insel Baltrum hat sich entschieden, keine Regelung aufzustellen, um Burgenbau und ähnliches zu untersagen. "Weniger ist da aus unserer Sicht manchmal mehr", sagt Harm Olchers, Leiter des Ordnungsamtes auf Baltrum. Falls es doch einmal zu doll wird mit dem Burgenbau, sprechen Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung die Urlauber an und erklären die potenziellen Probleme. Denn dass sich die Strandkörbe durch Wind und Regen und ab und an durch höhere Wasserstände in den Sand eingraben und auch schneller kaputt gehen, passiert natürlich auch auf Baltrum. "Wir haben auch das Möwen füttern nicht explizit verboten", sagt Olchers. "Dass das keine gute Idee ist, merken die Menschen spätestens, wenn sie angeschietert werden oder Ihnen Fischbrötchen, Pommes oder Eis geklaut wurden."
Und Hunde?
Und was ist mit Hunden? Ganzjährig nutzbare spezielle Hundestrände gibt es offenbar überall, sogar an die Badestrände dürfen Hunde oft mitgebracht werden. Ausgenommen sind regelmäßig die Sommermonate, in denen viele Touristen die Strände besuchen: In dieser Zeit – meist von Mai bis Oktober - untersagen einige Gemeinden den Zugang der Hunde zu den Badestränden. Analog gilt so eine Einschränkung für Flugdrachen: Häufig gibt es spezielle Drachenstrände, an denen der Gebrauch unbegrenzt möglich ist. Wenn nicht, haben die Gemeinden zeitliche Beschränkungen und vor allem die Abgrenzung von leichten Flug- zu den schnellen Lenkdrachen, die deutlich strenger reglementiert sind.
Auf Sylt gibt es übrigens noch mehr Verbote: Grillen, laute Musik, Abfälle am Strand liegen zu lassen oder zu vergraben, das Steigenlassen von Drohnen und Möwen füttern. Wer nun glaubt, mangels Trutzburgbau-Erlaubnis die Strandkörbe zusammenzustellen und sich damit gegen die anderen Urlauber abschirmen zu können: Ist nicht – diese zu Burgen zusammenzustellen ist genauso verboten wie die Strandkörbe umzuwerfen.
Was Sie am Strand dürfen – und was nicht: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36697 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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