Historisches Urteil gegen Trump: In allen Ankla­ge­punkten schuldig

von Ekaterina Venkina

31.05.2024

Zum ersten Mal in der Geschichte der USA wurde ein ehemaliger US-Präsident strafrechtlich für schuldig befunden. Ekaterina Venkina hat die Stimmung in Manhattan eingefangen. Welche Folgen hat die historische Entscheidung für die Präsidentschaftswahl?

Als der ehemalige US-Präsident Donald Trump am Donnerstag im historischen Schweigegeldprozess vor dem Strafgericht in Manhattan in allen 34 Anklagepunkten für schuldig befunden wurde, ging das Raunen "Guilty, guilty!" wie eine Welle durch die Menge seiner Anhänger, die sich im Collect Pond Park vor dem Gerichtsgebäude versammelt hatten. Links von ihnen, nur durch Metallabsperrungen getrennt, drängten sich die Trump-Gegner. Es war der erste Schuldspruch gegen ein ehemaliges US-Staatsoberhaupt, das nun erneut für das Weiße Haus kandidieren wird. Sowohl der Jury-Spruch als auch das spätere Urteil könnten Auswirkungen auf den Verlauf des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA haben.

Die Geschworenen hatten mehr als 11 Stunden beraten. Die Beratungen begannen am Mittwoch kurz vor 11.30 Uhr Ostküstenzeit. Nach einer nächtlichen Pause und weiteren Konsultationen wurde das Verdikt am Donnerstag um 17.10 Uhr Richter Juan Merchan übergeben.

Foto: Ekaterina Venkina

Das Strafmaß soll am 11. Juli verkündet werden. Das ist nur vier Tage vor dem Parteitag der Republikaner in Milwaukee, auf dem Trump zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt werden soll. Dem ehemaligen US-Präsidenten droht eine mehrjährige Haftstrafe (maximal vier Jahre für jeden der 34 Anklagepunkte), die auch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, oder eine Geldstrafe (maximal 5.000 Dollar für jeden Anklagepunkt). Eine bedingte Freilassung oder Hausarrest sind ebenfalls möglich. Auch Reisebeschränkungen könnten gegen Trump verhängt werden, aber der Richter sagte, er wolle seinen Wahlkampf nicht behindern. Der Oberste Gerichtshof prüft derzeit, ob Trump bei mutmaßlichen Straftaten während seiner Amtszeit absolute Immunität genießt.

Kein Ausschluss von der Wahl im November

Der Anwalt Todd Blanche hat bereits angedeutet, dass das Anwaltsteam nun "energisch kämpfen" werde, es werde um Anträge gehen, die nach dem Prozess gestellt werden können. Und "wenn das nicht erfolgreich ist", so der Anwalt, werde man nach der Urteilsverkündung im Juli in Berufung gehen.

Die Verurteilung wird Trump nicht daran hindern, für das Weiße Haus zu kandidieren. Laut US-Verfassung müssen Präsidentschaftskandidaten mindestens 35 Jahre alt sein, "natural-born", also von Geburt an US-Bürger sein und mindestens 14 Jahre in den USA gelebt haben. Es gibt keine Regelung, die vorbestrafte Kandidaten ausschließt. Man kann sogar im Gefängnis sitzen und trotzdem für das Präsidentenamt kandidieren.

Nach dem Schuldspruch bezeichnete Trump den Prozess als "manipuliert" und als "Schande". Er plädierte in allen gegen ihn laufenden Strafverfahren auf "nicht schuldig". "Das wahre Urteil wird am 5. November von den Bürgern gefällt", so der Ex-Präsident. Damit meinte er den Wahltag. Nach dem Schuldspruch verließ er das Gerichtsgebäude und stieg zügig in sein Auto. Der Secret Service erklärte, der Schuldspruch habe keinen Einfluss auf Trumps Personenschutz. "Unsere Sicherheitsmaßnahmen bleiben unverändert", hieß es.

Hubschrauber über dem Gerichtsgebäude und Rangeleien zwischen Trump-Anhängern und -Gegnern

Die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Gerichtsgebäude wurden am Tag der Verkündung verstärkt. Ein Hubschrauber kreiste in der Luft. Die Straße vor dem Gebäude war für den Verkehr gesperrt. Ein Polizeifahrzeug blockierte die Zufahrt. Das Gelände wurde von der New Yorker Polizei, der Gerichtspolizei und dem Secret Service bewacht. Als Trump schuldig gesprochen wurde, kochte die Stimmung unter seinen Anhängern hoch. Die Polizei musste vereinzelt einschreiten. Viele Demonstranten blieben aber nicht lange vor dem Gerichtsgebäude.

Bereits in den Tagen zuvor hatten viele von ihnen aktiv protestiert. "MAGA (Make America Great Again, Anm. d. Red.) hat mich aufgenommen, aber die Liberalen haben mich abgewiesen", sagte einer mit einer gehörnten Pelzmütze auf dem Kopf. "Wenn sie (die Geschworenen, Anm. d. R.) ihn verklagen, wird Trump zum Märtyrer."

Foto: Ekaterina Venkina

Auf der linken Seite des Parks jubelten die Trump-Gegner. Eine Frau mittleren Alters mit rosa Mütze, Turnschuhen und einem T-Shirt mit Trumps Konterfei und der Aufschrift "Endlich" entrollte ein Transparent mit der Aufschrift "Trump verurteilt". "Lock him up" stand auf dem Plakat der anderen Demonstranten. Eine Transperson meinte, man könne Trump nicht trauen. Der Aktivist Mike Hisey trug eine Maske des ehemaligen Präsidenten Donald Trump und eine orangefarbene Gefängnisuniform. Er lief fröhlich herum und posierte für die Fotografen.

Weißes Haus: "Wir respektieren die Rechtsstaatlichkeit"

Der Fall der Pornodarstellerin Stormy Daniels ist nur eines der Verfahren gegen Trump. Die Staatsanwaltschaft warf dem Ex-Präsidenten vor, mit der Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an Daniels seine Erfolgschancen im Wahlkampf 2016 verbessern zu wollen. Dabei habe Trump versucht, diese Taten zu verschleiern, indem er "Dutzende falsche Einträge in Geschäftsunterlagen" gemacht habe, hieß es.

Insgesamt laufen noch drei Verfahren gegen Trump: In der Hauptstadt Washington und im Bundesstaat Georgia geht es um seine Versuche, das Wahlergebnis von 2020 umzudrehen. In einem weiteren Verfahren in Miami wird ihm die illegale Aufbewahrung streng vertraulicher Regierungsdokumente in Privaträumen vorgeworfen.

Wie sich das Urteil auf die Meinungsumfragen auswirken wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass US-Präsident Joe Biden einen Grund bekommen hat, von Trump als Kriminellen zu sprechen. "Wir respektieren die Rechtsstaatlichkeit", hieß es derweil aus dem Weißen Haus.

Zitiervorschlag

Historisches Urteil gegen Trump: . In: Legal Tribune Online, 31.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54664 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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