Daher wird sich gerade im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung häufig eine dritte Variante des Umgangs mit Medienanfragen anbieten, die man mit dem Begriff "Umgarnungsstrategie" wohl am treffendsten wird bezeichnen können. Sie hat zum Ziel, den Journalisten nach Möglichkeit auf die eigene Seite zu ziehen und zu erreichen, dass er von der Berichterstattung entweder Abstand nimmt oder sie letztlich so gestaltet, dass das Unternehmen dabei möglichst gut wegkommt.
Dieses Ziel lässt sich häufig dadurch erreichen, dass man dem Journalisten das gibt, was Grundlage seiner Tätigkeit ist: Informationen. Und zwar nach Möglichkeit solche, die er noch nicht hat und die auch sonst noch nicht in die Medien gelangt sind. So könnte es etwa vielversprechend sein, mit dem Journalisten auf den Vorwurf übermäßiger Steueroptimierung hin in ein Gespräch über die rechtlichen und wettbewerblichen Rahmenbedingungen zu kommen. So könnte etwa aus einer negativ konnotierten Geschichte über vermeintliche Steuervermeidungsstrategien schnell ein Bericht über die Dysfunktionalität des Steuerrechts oder die Zwänge des internationalen Wettbewerbs werden.
Nun ist auch die Umgarnungsstrategie nicht das Allheilmittel für jede Situation. Manchmal kann die Drohkulisse sinnvoller sein, manchmal Schweigsamkeit. Gerade im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung aber wird sich durch einen von Offenheit geprägten Umgang mit Journalisten häufig mehr erreichen lassen als durch Schweigen oder Drohen.
Kämpfen versus Aussitzen
Welche dieser Strategien im Einzelfall gewählt werden sollte, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Wesentlich wird es darauf ankommen, wie weit die Geschichte bereits ausrecherchiert ist und was ihr Gegenstand ist. Nicht jede Story wird sich noch beeinflussen lassen. Droht die Übernahme einer Geschichte durch weitere Medien, so kann ein rechtliches Vorgehen durchaus angezeigt sein, um deren Weiterverbreitung nach Möglichkeit zu unterbinden. In solchen Fällen kann es sich anbieten, nach der Hamburger Strategie zu verfahren und zu sehen, ob sich ein rechtliches Vorgehen nach der Veröffentlichung lohnt.
Auch die Frage, ob ein bereits veröffentlichter Bericht mit rechtlichen Mitteln angegriffen werden sollte, bedarf sorgfältiger Prüfung. So ist dem Betroffenen dringend anzuraten, nur dann rechtliche Mittel zu ergreifen, wenn deren Erfolgsaussichten weit überwiegen. Ein verlorener Prozess gegen ein Medienhaus kann sonst leicht zum nächsten PR-Gau werden: Dass ein Gericht bestätigt hat, dass die erhobenen Vorwürfe berechtigt waren, möchte kein Betroffener gerne in der Zeitung lesen, zumal die Geschichte dadurch unter Umständen Wochen oder Monate später noch einmal aufgewärmt wird.
Insbesondere wenn der Berichterstattungsanlass einmalig ist und nicht die Gefahr besteht, dass sie in größerem Umfang von anderen Medien aufgegriffen wird, kann es sehr viel sinnvoller sein, einen Skandal einfach auszusitzen, anstatt ihm durch einen Rechtsstreit zusätzliche Bedeutung zu verleihen.
Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und arbeitet bei JBB Rechtsanwälte in Berlin. Er arbeitet schwerpunktmäßig im Presserecht.
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