Am Dienstag hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen Saudi-Arabien in den Menschenrechtsrat gewählt – trotz abgehackter Diebeshände, ausgepeitschten Homosexuellen und moderner Sklavenhaltung. Keine gute Wahl, findet Michael Lysander Fremuth. Denn in dem Gremium hat das Königreich eigentlich die Aufgabe, den Schutz der Menschenrechte zu fördern, Verletzungen aufzudecken und zu kritisieren.
Nicht alles sollte anders, aber manches besser werden, als im Jahr 2006 der Menschenrechtsrat die Nachfolge der Menschenrechtskommission angetreten ist. Die 1946 errichtete Kommission war die für Menschenrechtsfragen zuständige Fachkommission der Vereinten Nationen. Sie hat große Dienste geleistet, insbesondere die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 sowie viele der großen internationalen Menschenrechtsverträge vorbereitet und ausgearbeitet.
Auch infolgedessen erfuhren die Menschenrechte im Laufe des vergangenen Jahrhunderts wachsende Aufmerksamkeit und Bedeutung. Mittlerweile ist der Schutz der Menschenrechte neben den Themen Frieden und Sicherheit sowie Entwicklung eine der drei tragenden Säulen der Vereinten Nationen.
Aus Menschenrechtskommission wurde Menschenrechtsrat
Die Kritik an der Kommission wuchs jedoch in den letzten Jahren ihrer Existenz. Sie sei zu einem effektiven Menschenrechtsschutz nicht mehr imstande. Auf Menschenrechtsverletzungen reagiere sie verspätet, in der Auswahl der untersuchten und kritisierten Staaten sei sie zu selektiv und unter den Mitgliedern völlig zerstritten.
Vor allem aber wandte sich die Kritik gegen die Mitgliedschaft von Staaten mit schlechter Menschenrechtsbilanz. Im Jahre 2001 wurden der Sudan und Kuba, nicht aber die USA, in den Rat wiedergewählt. Libyen übernahm 2003 gar den Vorsitz. Staaten bewarben sich nicht des Schutzes der Menschenrechte wegen um einen Sitz in der Kommission, sondern um sich und andere vor Kritik zu schützen.
In Reaktion darauf schlug der frühere Generalsekretär Kofi Annan vor, die Kommission durch einen wirkungsvolleren Menschenrechtsrat zu ersetzen. Dessen Mitglieder sollten höchsten Menschenrechtsstandards genügen und durch eine Mehrheit von Zweidritteln der Mitglieder der Generalversammlung gewählt werden. So könne der gute Ruf der Vereinten Nationen wiederhergestellt und der Schutz der Menschenrechte ernsthaft und glaubhaft betrieben werden.
Keine Zweidrittel-Mehrheit für Wahl in den Rat
Die Generalversammlung griff den Vorschlag tatsächlich auf und richtete 2006 den Menschenrechtsrat ein, der auch einige Fortschritte erzielen konnte. So tagt der Rat häufiger und länger als die frühere Kommission. Zudem kann er Sondersitzungen zu aktuellen Krisenlagen einberufen und tut dies auch, schon mehrfach etwa im Falle von Syrien.
Mit dem sogenannten allgemeinen regelmäßigen Staatenüberprüfungsverfahren ist außerdem ein neues und wirkungsvolles Instrument geschaffen worden, in dessen Rahmen alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen regelmäßig darauf kontrolliert werden, ob sie ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen einhalten.
Eine Zweidrittel-Mehrheit hat die Generalversammlung gleichwohl nur für die Aussetzung der Mitgliedschaftsrechte vorgesehen. Dass es dazu 2011 erstmals gegenüber Libyen unter Gaddafi kam, war eine Sternstunde des institutionellen Menschenrechtsschutzes. Im Übrigen aber wählt die Generalversammlung die Mitglieder für drei Jahre mit absoluter Mehrheit. Damit entfällt eine wichtige Hürde für Staaten mit zweifelhafter Menschenrechtsbilanz.
Privatdozent Dr. Michael Lysander Fremuth, Saudi-Arabien im UN-Menschenrechtsrat: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10030 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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