Die Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten in Deutschland könnte bald Realität werden. Einen entsprechenden Referentenentwurf hat das federführende Gesundheitsministerium am Freitag in die Ressortabstimmung gegeben.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Wort gehalten: Wie gemeinsam mit seinem Ressortkollegen, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), am 12. April angekündigt, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach Aussagen von Fraktionspolitkern der Ampel einen ersten Gesetzentwurf in Richtung Entkriminalisierung von Cannabis-Konsument:innen in die Ressortabstimmung der Bundesregierung gegeben. Auch ein BMG-Sprecher bestätigte dies gegenüber LTO am Freitag.*
Geprüft wird das Vorhaben nunmehr vom Bundeskanzleramt, daneben aber sicher auch vom Bundesjustizministerium (BMJ), vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und vom Bundesinnenministerium (BMI). Wann der Entwurf im Kabinett beschlossen wird, ist noch unklar.
In den Bundestagsfraktionen herrschte über die Ressorteinbringung des Referentenentwurfs durch das BMG helle Freude: Die SPD-Abgeordneten Carmen Wegge und ihr Dirk Heidenblut posteten auf Twitter ein gemeinsames Foto und erklärten: "Warum wir so strahlen? Nach unserer Kenntnis ist gerade […]] der Referentenentwurf in die Ressortabstimmung gegangen. Das bedeutet, es sind nur noch wenige Meter bis zu uns in Parlament."
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Auch die Fachpolitikerinnen von Grünen und FDP bestätigten nahezu zeitgleich: "Das Cannabis-Gesetz zur Entkriminalisierung, zu Eigenanbau und Cannabis-Clubs ist soeben in die RessortaAbstimmung gegangen", schrieb Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther von den Grünen.
FDP-MdB Kristine Lütke postete erfreut: "Es geht voran! Der Gesetzentwurf zu Säule 1 der kontrollierten Abgabe von #Cannabis geht heute in die Ressortabstimmung - lange kann es also nicht mehr dauern! Sobald der Entwurf vorliegt, setzen wir die Cannabis-Legalisierung im parlamentarischen Verfahren zügig um."
50 Gramm pro Monat für Vereinsmitglieder straffrei
Der Gesetzentwurf betrifft ausschließlich Säule-1 des zweisäuligen Cannabis-Vorhabens der Ampel. Geregelt wird darin ein gemeinschaftlicher Cannabis-Anbau in Vereinen sowie die Legalisierung des privaten Anbaus von maximal drei weiblichen blühenden Pflanzen. In den Vereinen ("Cannabis Social Clubs") wird die Abgabe auf maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag, maximal aber 50 Gramm pro Monat, maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat begrenzt. Die Abgabe ist ausschließlich an Vereinsmitglieder erlaubt. An Heranwachsende unter 21 Jahren ist sie begrenzt auf eine Menge von 30 Gramm pro Monat.
Wichtigster Punkt für die Cannabis-Community dürfte indes das lang ersehnte Ende der Strafverfolgung sein: Erlaubt wird der straffreie Besitz (Mitführen in der Öffentlichkeit) zum Eigenkonsum bis 25 Gramm. Bisherige Verurteilungen, also solche, die nach dem neuen Gesetz nicht strafbar wären, können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Mit Inkrafttreten des Gesetzes, womit nicht vor Ende des Jahres zu rechnen ist, werden auch entsprechend laufende Ermittlungs- und Strafverfahren durch die in der Strafprozessordnung (StPO) vorgesehenen Möglichkeiten beendet. Unter anderem sieht § 206b StPO die Einstellung des Verfahrens wegen Gesetzesänderung durch Gerichte vor.
Abgabe an Kinder und Jugendliche weiter strafbar
Strafbar bleibt unterdessen der über die genannten Mengen hinausgehende Besitz, der Handel und die Abgabe an Nicht-Mitglieder des Vereins sowie an Kinder und Jugendliche. Auch die Abgabe von nicht in Cannabis Social Clubs angebautem Gras bleibt strafbewehrt. Eine Notifizierungspflicht gegenüber der EU-Kommission, also die Prüfung, ob das Säule-1-Gesetz gegen geltendes EU-Recht verstößt, gibt es nach dem Entwurf nicht.
Nach der Sommerpause will das BMG dann einen weiteren Gesetzentwurf auf den Weg bringen (Säule-2). Ähnlich wie aktuell z.B. in den Niederlanden soll es eine Art "Legalisierung Light" mit Modellprojekten in ausgewählten Regionen geben. Die gewerbliche Produktion und der Vertrieb von Cannabis wird dann in speziellen Fachgeschäften wissenschaftlich erprobt. Laut BMG wird dieser Teil des Cannabis-Vorhabens jedoch "voraussichtlich der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt."
Mit dem nunmehr zweigeteilten Plan war Lauterbach von einem ursprünglich wesentlich umfassenderen Legalisierungs-Plan, den er noch im Oktober 2022 vorgestellt hatte, massiv abgerückt. Grund dafür ist die Sorge, dass die Pläne gegen internationales Recht verstoßen könnten.
*Von der Redaktion nach Erscheinen des Artikels ergänzt (30.4.2023).
Ressortabstimmung zum Cannabis-Gesetz gestartet: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51664 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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