Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks soll klarer geregelt werden. Nun diskutieren die Rundfunkreferenten der Länder den Arbeitsentwurf zur Einführung des Rundfunkbeitrags. Was sich ändert und was sich ändern sollte – von Prof. Dr. Rolf Schwartmann und Sebastian Kocks.
Die Rundfunkkommission der Länder hat sich im Juni auf ein neues Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verständigt. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag wird aufgehoben und durch den "Rundfunkbeitragsstaatsvertrag" ersetzt.
Bisher war eine Rundfunkgebühr für jedes zum Empfang bereit gehaltene Gerät zu entrichten. Ab Januar 2013 muss jeder Haushalt monatlich zahlen. Abgegolten wird nicht mehr das Empfangsgerät, sondern die Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen. Man zahlt die "Quelle der Information, Unterhaltung und kulturellen Anregung" – so der ehemalige Verfassungsrichter und ausgewiesene Experte für Finanzverfassungsrecht Paul Kirchhof.
Die Logik ist einfach: Jeder hat einen Fernseher, ein Radio, einen Computer oder ein Handy, also ein Empfangsgerät. Bei lebensnaher Pauschalbetrachtung hört und sieht damit auch jeder öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es macht bei der Vielzahl der Geräte aber keinen Sinn, auf jedes einzelne zu sehen. Die Lösung: Man zahlt pro Haushalt, egal wie viel Geräte man hat, aber nur einmal.
Haushalt statt Gerät, Beitrag statt Gebühr
Die Gebühr soll künftig richtig Beitrag heißen. Das ist eine begriffliche Klarstellung: Gebühren sind von einer tatsächlichen Gegenleistung abhängig, Beiträge werden für die Bereitstellung einer Leistung erhoben, ohne dass es einer tatsächlichen Inanspruchnahme bedarf. So ist es hier, weil man ja auch dann zahlt, wenn man im Haushalt oder in der Tasche kein Empfangsgerät bereit hält. Das dürfte bei lebensnaher Betrachtung allerdings nur auf sehr wenige Bürger zutreffen.
Die Bereitschaft des Bürgers, für das Kulturgut öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu zahlen, ist in der Bevölkerung nicht hoch. ARD und ZDF wollen ein einfacheres und gerechteres Modell, das die Akzeptanz für eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beim Bürger erhöht. Finanzierung auf zeitgemäßer Grundlage, weniger Kontrolle und mehr Privatsphäre für GEZ-Geplagte sind die Stichworte.
Anlass für die Neuregelung ist für ARD und ZDF die "Gebührenerosion". Die Einnahmen von rund 7 Milliarden Euro jährlich sind rückläufig, weil "Schwarzseher" und Zahlungsbefreiungen - derzeit zehn Prozent der Gebührenzahler - zunehmen.
Der Zweck: Gerechtigkeit und einfache Vollziehbarkeit
Konkret funktioniert es nach dem heute von den Rundfunkreferenten diskutierten Entwurf so: Die Kombination von Grundgebühr (zum Beispiel nur für Radio oder internetfähigen PC) und Fernsehgebühr entfällt. Künftig soll jeder Haushalt – Beitragsschuldner ist hier jeweils der Hauptmieter – und jede Betriebsstätte einen Beitrag von 17,98 € entrichten.
Es kommt nicht mehr darauf an, wie viele Personen wie viele Rundfunkgeräte nutzen und ob dort überhaupt ein Rundfunkgerät steht. Unternehmen zahlen degressiv gestaffelt: Ab 5 Mitarbeitern den einfachen Betrag, ab 15 Mitarbeitern doppelt, ab 50 vierfach, ab 250 wird der achtfache Beitrag fällig. Für 20.000 Mitarbeiter zahlt man 2697,-- € (das entspricht 150 Beiträgen) monatlich. Ob die Beitragshöhe stabil bleibt, ist ungewiss.
Im Zuge der Umstellung wollen die Ministerpräsidenten die Last jedenfalls nicht erhöhen. Das ist nach wie vor ohnehin Sache der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF). Diese wird den von den Anstalten angemeldeten Bedarf im kommenden Jahr turnusgemäß für die Jahre 2013 bis 2016 prüfen und festsetzen, danach entscheiden die Landesgesetzgeber.
Geräteabgabe für Gewerbe-Kfz, kein Werbeverbot und der Datenschutz
Für den Bürger bringt das neue Modell Klarheit und Vorhersehbarkeit. Für die Sender ebenso - und dazu Stabilität. Zu mehr oder weniger Einnahmen soll es ihnen nicht verhelfen, ihnen aber die berechtigte Sorge vor Schwarzsehern nehmen und sie sicher in das Zeitalter der mobilen Endgeräte entlassen.
Wirtschaftsverbände halten es für verfassungswidrig, dass für gewerbliche genutzte Kraftfahrzeuge zusätzlich zum Beitrag für die Betriebsstätte eine Geräteabgabe pro Fahrzeug anfallen soll. Manch einer hätte sich im Gegenzug zur Sicherung der Stabilität für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein Werbeverbot für die Anstalten gewünscht. Dazu ist es nicht gekommen.
Beachtung verdient ein datenschutzrechtlicher Aspekt im heute diskutierten Entwurf. Die Anstalten müssen nach wie vor wissen, wer ihnen Geld schuldet. Nur müssen jetzt nicht länger Endgeräte, sondern beitragspflichtige Hauptmieter ermittelt werden. Zur Feststellung der Beitragspflicht sollen personenbezogene Daten ohne Kenntnis des Betroffenen bei öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, sofern sie Rückschlüsse auf die Beitragspflicht zulassen.
Wer argwöhnisch ist, könnte darin die Etablierung eines Rundfunkgeheimdienstes für Meldeverstöße erblicken. Es geht aber nur um einen Überblick über die Beitragsschuldner.
Sollen die Rundfunkanstalten beim Vermieter über dessen Mieter ohne deren Wissen Auskünfte einholen dürfen? Eine solche Inpflichtnahme von Staat und Privaten scheint überzogen. Wenn die Reform den Schutz der Privatsphäre wirklich erhöhen soll, dann sollten diese Regelungen heute von den Rundfunkreferenten kritisch überprüft werden.
Transparenz für Akzeptanz
Insgesamt sollten ARD und ZDF sorgfältig darauf achten, dem Bürger das neue System transparent zu machen. Denn der Rundfunkbeitrag wird keine Erfolgsstory aus sich heraus werden. Man muss das neue System erklären und die Sender müssen es sich "verdienen".
Dass der Beitrag – so Kirchhof – nicht als echtes "Leistungsäquivalent" gedacht ist, sondern eine "gleichheitsgerechte und maßvolle Verteilung" der Finanzierungslasten gewährleisten soll, hört sich gut an. Das ändert aber nichts daran, dass er den Bürger kostet und dieser ein Äquivalent seiner Leistung sehen möchte.
Diesen Mehrwert zu bieten und dafür zu werben ist Aufgabe und Auftrag der Sender. Für den Rundfunk überhaupt zu zahlen, ist in Zeiten qualitativ hochwertiger Alternativangebote keine Selbstverständlichkeit mehr. Eins ist klar: Ohne Akzeptanz ist auch das konsistenteste Finanzierungssystem langfristig nicht belastbar.
Prof. Dr. Rolf Schwartmann ist Professor für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht, insbesondere Internationales und Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Köln und Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht.
Rechtsanwalt Sebastian Kocks ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht.
Hintergrundinformationen:
http://www.rlp.de/fileadmin/staatskanzlei/rlp.de/downloads/pdf/Medienreferat/Entwurf_F%C3%BCnfzehnter_Rundfunk%C3%A4nderungsstaatsvertrag.pdfGutachten Paul Kirchhof
Rolf Schwartmann, Reform der Rundfunkgebühren: . In: Legal Tribune Online, 29.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1584 (abgerufen am: 20.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag