Der ehemalige Präsident der Ukraine Janukowitsch dürfte einer der meistgehassten Personen des Landes sein. Nun könnte ein Gericht in Kiew ihn wegen Hochverrats verurteilen. Auch wenn er die Ukraine seit drei Jahren nicht mehr betreten hat.
Noch vor Beginn des Kriegs in der Ostukraine und der völkerrechtswidrigen Annektierung der Krim flüchtete der damalige ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch nach Russland, seit mehr als drei Jahren lebt er dort im politischen Asyl. Dennoch wird in Kiew demnächst voraussichtlich ein Urteil gegen den geschassten Präsidenten ergehen. Das Gericht verhandelt in Abwesenheit.
Die Anklage wirft Janukowitsch in erster Linie Hochverrat am ukrainischen Volk vor. Im Zentrum der Vorwürfe stehen Schreiben an die russische Führung, in welchen Janukowitsch den russischen Präsidenten Putin darum gebeten haben soll, Truppen in die Ukraine zu entsenden.
Nach der Überzeugung der Generalstaatsanwaltschaft hatten diese Schreiben zur Folge, dass Russland die Krim annektierte und den Krieg in der Ostukraine anzettelte. Janukowitsch hatte sich im Februar 2017 in einer öffentlichen Videobotschaft zu den Vorwürfen geäußert. Er bestritt die Existenz der Briefe zwar nicht, erklärte aber, er habe nicht darum gebeten, Truppen in die Ukraine zu schicken. Er habe nur versucht, sein Volk im Rahmen seiner Vollmachten zu schützen.
Zwei wichtige Zeugen starben kurz vor dem Prozess
Der Prozess stand schon vor seinem Beginn unter schlechten Vorzeichen. Zwei der wichtigsten Zeugen starben unter bislang ungeklärten Umständen. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin war im Februar 2017 in seinem New Yorker Büro zusammengebrochen. Der russische Politiker Denis Woronenkow wurde im März 2017 in der Kiewer Innenstadt von Unbekannten erschossen. Tschurkin hatte im März 2014 die Schreiben von Janukowitsch an Putin dem UN-Weltsicherheitsrat in New York vorgelegt, Woronenkow hätte Interna aus Russland in das Verfahren einbringen sollen.
Es zeichnete sich auch schnell ab, dass Janukowitsch nicht persönlich zum Verfahren erscheinen und Russland eine Überstellung verweigern würde. Dennoch begann am 4. Mai 2017 das Hauptverfahren vor dem Obolonski-Bezirksgericht in Kiew.
Die Staatsanwaltschaft wollte damit verhindern, dass die Vorwürfe verjähren. Außerdem gebiete die Gerechtigkeit eine Verurteilung von Janukowitsch, selbst wenn diese in Abwesenheit des Angeklagten gefällt werden müsse.
Janukowitsch hätte sich per Skype zuschalten können
Janukowitschs Verteidiger forderten das Gericht auf, ein offizielles Rechtshilfeersuchen an Russland zu richten, damit der Angeklagte per Videoschaltung an dem Verfahren teilnehmen könne.
Die Staatsanwaltschaft lehnte dies jedoch ab, da sich der Angeklagte mit seinem Aufenthalt in Russland absichtlich einer Verurteilung entziehe. Auch das Gericht lehnte russische Rechtshilfe ab, bot Janukowitsch allerdings an, über eine private Videoübertragung (z.B. per Skype) an dem Prozess teilzunehmen.
Nachdem der Angeklagte weder persönlich erschien noch auf den Vorschlag einer Teilnahme per Videoübertragung einging, gab das Bezirksgericht in Kiew schließlich dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, in Abwesenheit zu verhandeln. Da Janukowitsch daraufhin seine eigenen Verteidiger zurückzog, bestellte das Gericht einen Pflichtverteidiger.
Einer der Wahlverteidiger von Janukowitsch hat laut eigener Aussage wegen der Verhandlung in absentia eine Beschwerde an den EGMR geschickt.
Prozess gegen den Ex-Präsidenten der Ukraine: . In: Legal Tribune Online, 14.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25029 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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