2/2: Der Handschlag in NRW
In Nordrhein-Westfalen hatte man sich bereits im vergangenen Jahr in einem ähnlichen, aber doch grundverschiedenen Fall für die Entlassung eines Beamten aus dem Polizeidienst entschieden. Dieser Mann befand sich noch im Beamtenverhältnis auf Probe und wurde von der Behörde als charakterlich ungeeignet befunden. Er hatte nicht nur seiner weiblichen Ausbilderin den Handschlag verweigert: Indem er ihr einen Koran schenkte, der in ein Kopftuch eingewickelt war, habe er auch den Hintergedanken der Missionierung verfolgt, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Köln (Beschl. v. 21.09.2016, Az. 15 L 1965/16). Nach dessen Auffassung sollte das Kopftuch nicht nur das Geschenkpapier ersetzen, wie der Beamte zu überzeugen versuchte. Als befremdlich befand das Gericht auch, dass er seine Ausbilderin in einem Begleitschreiben mit "Sehr verehrte Schwester" ansprach.
Im Dezember 2016 bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und wies die Beschwerde des Beamten zurück (Beschl. 02.12.2016, Az. 1 B 1194/16). Nach einem Personalgespräch habe er zwar grundsätzlich jedem die Hand gereicht. Dennoch konnte der Beamte die Zweifel, dass er das Gebot der Gleichstellung von Mann und Frau von sich aus jederzeit beachten würde, nicht zerstreuen. Außerdem konnte er nicht damit überzeugen, dass er dieses Gebot jederzeit aktiv verteidigen würde. In diesem Fall war es nach Ansicht der Münsteraner Richter deshalb vertretbar, in dem Verhalten des Beamten einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Pflicht zur Neutralität und Mäßigung zu sehen.
Sicherlich ist die Stellung eines Beamten auf Probe eine andere, denn ein solcher kann bereits bei Zweifeln an der charakterlichen Eignung abgelehnt werden. Die Richter bestätigten in diesem Fall die Prognose, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Beamte sich zukünftig vorbehaltlos gegenüber seinen Kolleginnen verhalten werde, selbst wenn er nun auch Frauen die Hand geben werde.
Dabei ist der unterlassene Handschlag sicher nur ein Aspekt in dieser Entscheidung gewesen. Gerade das fragwürdige Geschenk wurde im NRW-Fall als grenzüberschreitend, rätselhaft und verstörend empfunden, denn neben dem Koran, dem Kopftuch und dem Begleitschreiben schenkte er seiner Ausbilderin auch Pralinen und einen Toilettendeckel, auf dem ein Löwenkopf abgedruckt war. Für das Oberverwaltungsgericht war nicht das religiöse Bekenntnis des Beamten zum Islam entscheidend, sondern das konkrete Verhalten gegenüber seiner weiblichen Vorgesetzten.
Erfolgreiche Integration
Gerade mit dem Blick auf den Erfolg von Integration ist es wünschenswert, wenn sich die Vielfalt der Bevölkerung auch in den Behörden der Polizei spiegelt. Dies gilt für Frauen wie für muslimische Polizisten.
Die Polizei repräsentiert den Staat aber auch nach außen und setzt die Gesetze durch, zu deren Einhaltung sich jeder Beamte verpflichtet hat. In Gefahrenlagen müssen sich die Beamten dabei aufeinander verlassen können. Das Team muss funktionieren - und dafür ist Respekt entscheidend.
Die Autorin Sarah Nußbaum ist Rechtsanwältin in der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Dienstrecht, insbesondere Beamten- und Disziplinarrecht spezialisiert.
Disziplinarverfahren nach verweigertem Handschlag: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23845 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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