Der CDU-Ortsverband Ratingen will der Piratenpartei Nachhilfe in Sachen Internet erteilen und hat sich mehrere Domains gesichert, bei deren Aufruf man die Netzpartei erwarten würde. Ist das ganze nur eine Wahlkampfposse oder liegt ein Fall des Domaingrabbings vor? Niklas Haberkamm und Dennis Tölle klären, ob es rechtlich bedenklich ist, wenn die CDU im Netz unter falscher Flagge segelt.
Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, so hört man es häufig aus den Mündern von CDU-Politikern. Möglicherweise muss der CDU-Ortsverband Ratingen nun am eigenen Leib erfahren, dass auch im weltweiten Netz Gesetze gelten. Der CDU-Ortsverband Ratingen hat sich die Domains www.piratenratingen.de, www.piraten-ratingen.de und www.piratenparteiratingen.de registrieren lassen. Gab man am Dienstag eine der Adressen in den Browser ein, so landete man nicht, wie man vielleicht vermuten mag, bei der Piratenpartei, sondern beim Ratinger Ortsverband der Christdemokraten. Inzwischen landet man jeweils auf einer schlicht weißen Seite.
Der zuständige CDU Stadtverbandsvorsitzende teilte hinsichtlich dieses Vorgehens seiner Partei mit, er sei überrascht gewesen, dass die Domains noch nicht registriert waren, "da haben wir sie uns natürlich erst einmal reserviert".
Auch wenn die Aktion auf den ersten Blick als mehr oder weniger gelungener politischer Seitenhieb gewertet werden kann und von beiden Seiten bislang ohne böse Worte kommentiert wurde, ist sie aus rechtlicher Sicht alles andere als ein simpler Böser-Jungen-Streich.
Persönlichkeitsrecht für Piratenpartei
Denn die Aktion verstößt klar gegen das Namensrecht der Piratenpartei gemäß § 12 BGB. Dieses Recht schützt den Namensberechtigten davor, dass ein Dritter seine Berechtigung bestreitet oder unbefugt den gleichen Namen gebraucht. Im Falle eines Missbrauchs kann der Berechtigte verlangen, dass eine Beeinträchtigung beseitigt wird und Unterlassungansprüche durchsetzen.
Als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützt das Namensrecht also unter anderem vor der Namensanmaßung. Verwendet jemand unberechtigt den Namen eines anderen, so entsteht zunächst der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. Dies gilt sowohl für den bürgerlichen Namen, als auch die Firma oder das Unternehmenskennzeichen unter denen natürliche oder juristische Personen, wie vorliegend die Piratenpartei, auftreten. Werden in diesem Zusammenhang fremde Bezeichnungen verwendet, um eine Domain zu registrieren, so spricht man von Domaingrabbing, als spezielle Form der Namensanmaßung.
Auch das Vorgehen des CDU-Ortsverbandes ist nichts anderes. Um die Störung beseitigen zu lassen, kann die Piratenpartei die drei Domains sperren lassen und über einen so genannten Dispute-Eintrag bei der zentralen Registrierungsstelle für .de-Domains (DENIC) letztlich auf sich selbst übertragen lassen. Auch wenn sie die Aktion bislang entspannt sieht und von juristischen Schritten absehen will.
Domaingrabbing ist auch markenrechtlich relevant
Darüber hinaus bestehen Unterlassungsansprüche und auch ein Schadensersatzanspruch, weil der CDU-Ortsverband kein eigenes substantiiertes Recht an der Domain innehat und zudem bei der Registrierung offenkundig von dem Namensrecht der Piratenpartei wusste.
Zu klären wäre dann allerdings noch, ob der Piratenpartei ein konkreter Schaden durch die Aktion entstanden ist und die damit einhergehende, genaue Bezifferung der Höhe eines diesbezüglichen Schadensersatzes.
Neben Ansprüchen aus dem Namensrecht kommen beim Domaingrabbing markenrechtliche Ansprüche in Betracht. Auch das Markenrecht gewährt Ansprüche, nach denen der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung in Form eines Unternehmenskennzeichens vor unzulässiger Verwendung durch Dritte geschützt wird. Entsprechende markenrechtliche Ansprüche auf Beseitigung, auf Unterlassung und bei Verschulden auch auf Schadensersatz bestehen in Fällen des Domaingrabbings gemäß §§ 15, 5 Abs. 1, 2 Markengesetz (MarkenG), wenn das Unternehmenskennzeichen von der fraglichen Registrierung betroffen ist.
Unlauterer politischer Wettbewerb
Das Vorgehen des Ortsverbandes der CDU ist außerdem aus wettbewerbsrechtlicher Sicht relevant. Denn auch auf politische Parteien sind die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) grundsätzlich anwendbar, solange deren Verhalten geschäftliche Handlungen im Sinne des § 2 Nr. 1 UWG darstellen. Bei einem Domaingrabbing kommen deshalb immer Unterlassungsansprüche aufgrund einer unlauteren Handlung in der Form einer gezielten Behinderung von Mitbewerben nach § 4 Nr. 10 UWG in Betracht, wobei das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses für diesen Anspruch immer unabdingbare Voraussetzung ist.
Auch deliktrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB kann die Piratenpartei möglicherweise geltend machen. Hierfür muss der Domainnamen gerade in der Absicht angemeldet und genutzt werden, den Namensinhaber in sittenwidriger Weise zu schädigen. Diese Schädigungsabsicht ist durch den Namensinhaber zu beweisen, wobei sie in offensichtlichen Fällen des Domaingrabbings indiziert wird.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Piratenpartei im Jahr 2009 aber selbst eine Domain mit einem populären Wahlspruch der CDU „gekapert“ hat, sollte aus politischer Sicht der Ball vielleicht eher flach gehalten werden. Einer gütlichen Einigung steht aus Sicht beider Parteien damit im Ergebnis wohl nichts entgegen.
Der Autor Niklas Haberkamm, LL.M. oec. ist Partner der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum. Dennis Tölle ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Rechtsanwälte Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum sowie Begründer des Portals www.rechtambild.de.
Niklas Haberkamm, CDU-Ortsverband kapert Piraten-Domains: . In: Legal Tribune Online, 29.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5897 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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