Kim Schmitz, der Betreiber des abgeschalteten Filehosters megaupload.com, ist öffentlichkeitswirksam in Neuseeland festgenommen worden. Der Zugang zur Seite ist gesperrt, das FBI warnt dort vor Internet-Piraterie. Die Medien befürchten nun Abmahnwellen bisher ungekannten Ausmaßes auch in Deutschland. Ganz so schlimm wird es nicht, meint Christian Oberwetter.
Bei Filehosting- Diensten lädt der Kunde Dateien auf den Server des Speicherplatzanbieters hoch und erhält einen Downloadlink. Mit diesem Link kann er die Datei jederzeit abrufen, er kann ihn aber auch an Dritte weitergeben. Große Datenmengen kann man so auf dem Server speichern.
Alles kein Problem, solange der Nutzer auch die Rechte an dem hochgestellten Material besitzt. Das ist aber zum Leidwesen der Rechteinhaber nicht immer der Fall, sondern die Nutzer können auch Musik-, Film- oder sonstige Dateien, an denen sie keinerlei Rechte haben, auf den Servern ablegen und durch den Link anderen zugänglich machen. Diese unerlaubte digitale Vervielfältigung stellt für die Verwertungsgesellschaften ein großes Problem dar, denn potenzielle Einnahmen gehen verloren.
Im Grunde nichts anderes als bei den Filesharing Diensten, könnte man meinen. Gemeinsam ist beiden Diensten jedoch lediglich, dass sie Urheberrechtsverletzungen ermöglichen. Die Enttarnung der Rechtsverletzung ist jedoch beim einen leicht und beim anderen schwierig.
Filehoster-Kunden nicht über IP-Adresse identifizierbar
Bei Filesharing Diensten handelt es sich um so genannte Tauschbörsen, ein Download von Dateien ist normalerweise nur möglich, wenn auch Dateien zum Upload bereit gestellt werden. Die beteiligten Rechner identifizieren sich über ihre IP-Adresse, über welche wiederum die Anschlussinhaber identifiziert und im Ergebnis abgemahnt werden.
Die Kunden der Filehoster-Dateien dagegen nutzen diese über einen genau definierten Link, so dass die IP-Adresse in der Regel nicht ermittelt werden kann. Die Dienste berufen sich auf die Haftungsprivilegierung des § 10 Telemediengesetz (TMG), wonach sie erst in die Pflicht genommen werden können, wenn sie positive Kenntnis von einer Rechtsverletzung haben.
Versuche der Rechteinhaber, vor allem der GEMA, den Filehostern umfassende Prüfungspflichten aufzuerlegen, hatten bislang keinen Erfolg. Das OLG Düsseldorf hat in mehreren Entscheidungen festgehalten, dass Filehoster keine besonderen Prüfpflichten treffen, sie also nicht zum Beispiel Wortfilter einsetzen, manuell Dateien auf ihre Rechtswidrigkeit prüfen oder auch bestimmte IP-Adressen sperren müssen (OLG Düsseldorf, Urt. V. 27.04.2010, Az. I-20 U 166/09).
Auch wenn die meisten Filehoster in ihren Nutzungsbedingungen festhalten, dass nur Material hochgestellt werden darf, für das der Nutzer die Rechte besitzt, konnten sich Rechteverletzer bislang relativ sicher fühlen.
Womöglich werden Daten gelöscht
Ist nun zu befürchten, dass über die auf den Servern gelagerten Datenbestände ermittelt wird, wer Rechtsverletzungen begangen hat? Damit ist kaum zu rechnen. Über die Dateien selbst werden die Rechteverletzer nicht ermittelt werden können.
Ungemach droht vielmehr jenen, die megaupload zu ganz legalen Zwecken genutzt haben, zum Beispiel zur Speicherung ihrer juristischen Examenshausarbeit. Die US-amerikanischen Behörden beschreiben die offizielle Megaupload-Funktion als Datenspeicher zur Tarnung, um im Hintergrund das Hoch- und Herunterladen urheberrechtlich geschützten Materials zu ermöglichen.
Auf dieser Grundlage wird es womöglich zur Löschung aller Daten auf den Servern kommen. Entspannt zurücklehnen können sich die Kunden von Megaupload also nicht – aber immerhin wird es auch keine teure Post vom Anwalt geben.
Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg und Verfasser zahlreicher Publikationen auf diesen Gebieten.
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Christian Oberwetter, Nach dem Megaupload-Aus: . In: Legal Tribune Online, 02.02.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5469 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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