Der Bundestag hat nach langer Diskussion ein Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet. Es könnte schon im Juni in Kraft treten. Zeit, Ärzte und Unternehmen vorzubereiten, raten Oliver Kraft und Julia Lange.
Seit 2012 wird über die Einführung eines Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen diskutiert. Damals hatte der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) in einer Grundsatzentscheidung erklärt, dass sich niedergelassene Ärzte, die von Pharmaunternehmen Vorteile als Gegenleistung für die bevorzugte Verschreibung bestimmter Medikamente annehmen, nicht nach den geltenden Korruptionsvorschriften strafbar machen (Beschl. v. 29.03.2012, Az. GSSt 2/11).
Der Aufschrei in der Öffentlichkeit war groß. Waren doch seit der Aufdeckung des Herzklappenskandals 1994 immer wieder Sachverhalte bekannt geworden, bei denen Ärzte für die Verschreibung bestimmter Arzneimittel oder die Verwendung bestimmter Medizinprodukte Geld, Autos oder eine ganze Praxisausstattung bekamen. Auch von Pharmaunternehmen finanzierte Reisen zu angeblichen Fortbildungen in Ferienparadiesen – oft gemeinsam mit der ganzen Familie – waren keine Seltenheit. Selbst von Kopfprämien für die Überweisung von Patienten an bestimmte Krankenhäuser war die Rede.
Während angestellte Ärzte sich in solchen Fällen schon heute wegen Bestechlichkeit strafbar machen, hatten niedergelassene, selbstständig tätige Ärzte nach der Grundsatzentscheidung des BGH nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Die Annahme von Zuwendungen als Gegenleistung für ein bestimmtes Verordnungsverhalten hat zwar auch für sie berufs- und sozialrechtliche Konsequenzen. Doch werden diese Sanktionsmöglichkeiten allgemein als nicht ausreichend empfunden, um Korruption im Gesundheitswesen wirksam zu bekämpfen.
Verschiedene Gesetzentwürfe wollten Strafbarkeitslücke schließen
Und so wurde der Gesetzgeber aktiv. Mit dem Entwurf eines Präventionsgesetzes der Bundesregierung sowie dem eines Strafrechtsänderungsgesetzes der Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz befassten sich gleich zwei Gesetzentwürfe im Jahr 2013 mit der Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen. Beide , fielen aber mit dem Ende der letzten Legislaturperiode dem Grundsatz der Diskontinuität anheim.
Im Februar 2015 legte dann das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen neuen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen vor. Dieser wurde in der Folgezeit weiter überarbeitet und von der Bundesregierung im Oktober 2015 in den Bundestag eingebracht. Ein wenige Wochen vor dem Entwurf des BMJV vorgelegter ähnlicher Entwurf Bayerns wurde nicht weiter verfolgt.
Das Regierungspapier sah zwei neue Tatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen als § 299a und § 299b StGB vor.
Strafbar sollte sich wegen Bestechlichkeit im Gesundheitswesen danach machen, wer einen Vorteil als Gegenleistung dafür annimmt, dass er bei der Verordnung von Arzneimitteln die Produkte eines bestimmten Unternehmens in unlauterer Weise bevorzugt oder bei der Verordnung oder dem Bezug von Arzneimitteln seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletzt.
Kritik am Regierungsentwurf: Bock als Gärtner, Apotheker als Verlierer
Gerade die letztgenannte Tatbestandsvariante stieß aber während des Gesetzgebungsverfahrens auf erhebliche Kritik.
Die Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit seien in den einschlägigen Berufsordnungen zum Teil sehr unterschiedlich geregelt, so die Kritiker. So gebe es für unterschiedliche Heilberufe ganz verschiedene Berufsordnungen, für einige Berufsgruppen gar keine. Zudem wichen die Regelungen von Bundesland zu Bundeland teilweise erheblich voneinander ab, weil
jede Kammer ihre eigene Berufsordnung erlasse. Schließlich würde der Bock zum Gärtner gemacht, wenn man den Adressaten einer Strafnorm selbst die Definition der Pflichten überließe, deren Verletzung strafbewehrt ist.
Weitere Kritikpunkte an dem Regierungsentwurf waren die Ausgestaltung der §§ 299a, 299b StGB-E als Antragsdelikte sowie die Einbeziehung des Bezugs von Arzneimitteln in den Tatbestand. Dadurch würden insbesondere Apotheker gegenüber anderen selbstständigen Unternehmern außerhalb des Gesundheitssektors schlechter gestellt. Letztere müssen – soweit sie selbst Betriebsinhaber sind – nämlich keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten, wenn sie die Entscheidung über den Einkauf von Waren auch von Vorteilsgewährungen wie Rabatten abhängig machen.
Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen: . In: Legal Tribune Online, 09.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19293 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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