Die von drei ehemaligen Studenten gegründete Firma DeinBus.de organisiert im Stil einer Mitfahrzentrale Busreisen quer durch Deutschland, sobald sich mehr als 15 Personen für eine Fahrt zusammenfinden. Die Deutsche Bahn hat das Unternehmen nun auf Unterlassung verklagt. Der Vorwurf: Die Touren seien in Wahrheit Linienverkehr – und dafür habe DeinBus.de keine Genehmigung.
Nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) benötigt jeder eine Genehmigung, der mit Kraftfahrzeugen Personen im "Linienverkehr" oder im "Gelegenheitsverkehr" befördert. "Linienverkehr" ist die zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltepunkten ein- und aussteigen können. "Gelegenheitsverkehr" ist die Beförderung von Personen, die nicht Linienverkehr ist.
Da DeinBus.de nicht zwischen "bestimmten Ausgangs- und Endpunkten" eine Verkehrsverbindung einrichtet, sondern die Fahrten spontan nach Wahl der Kunden zustande kommen, hat das Unternehmen keine Genehmigung für den Linienverkehr, sondern für den Gelegenheitsverkehr beantragt. Die zuständige Genehmigungsbehörde hat dies auch so gesehen und die Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr erteilt.
Genehmigung nur, wenn vorhandene Verkehrsmittel nicht ausreichen
In dem Genehmigungsverfahren für den Gelegenheitsverkehr konnte die Deutsche Bahn (DB) keinen Konkurrenzschutz geltend machen. Möglich ist dies jedoch bei Linienverkehren: Nach § 13 PBefG muss die Genehmigung versagt werden, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann.
Diese Einschränkung hat "drittschützende" Wirkung. Das heißt, die DB kann sich darauf berufen, dass sie den Verkehr bereits mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient. Sie kann sich zum Verfahren beiladen lassen, Ablehnung der Genehmigung beantragen und gegen eine erteilte Genehmigung Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht erheben.
Inwieweit der Konkurrenzschutz der DB bei Linienverkehren allerdings weiterhin Bestand haben wird, ist seit einem vielbeachteten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 24. 06.2010, Az. 3 C 14.09) fraglich geworden.
Bundesverwaltungsgericht: Verkehr durch Bahn nicht ausreichend bedient
Diesem Verfahren lag eine Liniengenehmigung der Deutschen Touring für Busverkehr von Frankfurt a.M. nach Dortmund zu Grunde. Die Genehmigungsbehörde hatte auf die Einwände der DB die Meinung vertreten, der Verkehr zwischen diesen Städten werde nicht mit den vorhandenen Verkehrsmitteln – also dem Eisenbahnangebot der DB – befriedigend bedient.
Begründung: Wegen des Mangels an umsteigefreien Verbindungen, der häufigen Unpünktlichkeit und der gehobenen Preise der Bahn liege der Anteil der Pkw-Fernreisen bei 74 Prozent, der des Bahnverkehrs nur bei elf Prozent. Durch die genehmigte Buslinie sei daher eine "wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung" zu erwarten.
Das BVerwG hat diese Argumentation gestützt, der Anfechtungsklage der DB aber gleichwohl stattgegeben: Nach dem PBefG darf die beantragte Liniengenehmigung nämlich auch dann nicht gewährt werden, wenn die bereits vorhandenen Unternehmer oder Eisenbahnen bereit sind, die notwendige Ausgestaltung des Verkehrs innerhalb einer gesetzten Frist selbst durchzuführen. Im konkreten Fall bedeutet das zwar nicht, dass der DB die Möglichkeit eingeräumt werden musste, selbst einen Fernverkehr mit Bussen einzurichten. Sie musste aber ihre vorhandenen Eisenbahnverkehre an die festgestellten Bedarfslücken anpassen können.
Das Monopol der Bahn bröckelt
Da DeinBus.de keine Liniengenehmigung, sondern eine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr beantragt hat, konnte die DB in dem Genehmigungsverfahren keinen Konkurrenzschutz geltend machen. Sie steht allerdings auf dem Standpunkt, dass die Bustouren in Wahrheit Linienverkehr sind. DeinBus.de biete Verkehre überwiegend zwischen deutschen Großstädten mit Hilfe eines speziellen Geschäfts- und Buchungsprozesses an und unterhalte damit ein Angebot an deutschen Intercity-Verbindungen.
Die DB hat DeinBus.de nun zivilrechtlich verklagt, gestützt auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). § 4 Nr. 11 UWG nimmt ein unlauteres Geschäftsgebaren an, wenn ein Unternehmen "einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln". Hier wäre dies § 13 PBefG.
Die Vorgehensweise der DB erinnert an die UWG-Klagen der Deutschen Post aufgrund vermeintlich zu Unrecht erteilter Postlizenzen an Wettbewerber, die angeblich das gesetzliche Postmonopol unterliefen. Die Monopolkommission hatte in der Folge die Klagepraxis der Deutschen Post als wettbewerbsbehindernd gerügt – eine Rüge, mit der auch die DB rechnen könnte.
Mit Blick auf die Zukunft könnte es der DB überdies ähnlich ergehen wie der Deutschen Post, deren Monopol inzwischen aufgehoben worden ist. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung heißt es: "Wir werden Busfernlinienverkehr zulassen und dazu § 13 PBefG ändern."
Dr. Anselm Grün ist Rechtsanwalt in Berlin und Partner der Sozietät Orth Kluth.
Konkurrenzschutz im Fernverkehr: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1971 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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