Die neue Justizministerin Katarina Barley: Eine Femi­nistin mit Mig­ra­ti­ons­hin­ter­grund an der Spitze des BMJV

von Pia Lorenz

09.03.2018

Was viele bei Seehofer vermissen, hat Barley en masse, ihr juristischer Lebenslauf ist makellos. Mit ihrem Know-How, durchdachten Positionen und einer offenen Streitkultur könnte sie genau das richtige rechtspolitische Gegengewicht sein.

Bis zur letzten Sekunde ist gerungen worden in der SPD. Klar war, dass die amtierende Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auch dem vierten Kabinett von Angela Merkel als Ministerin angehören soll. Nun steht fest, dass sie das nicht im Bundesministerium für Arbeit und Soziales tun wird, das sie seit September 2017 kommissarisch leitete, sondern als neue Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz.

Ihr Lebenslauf scheint sie für dieses Amt geradezu zu prädestinieren. Die deutsch-britische Juristin hat in Marburg und Paris Jura studiert und beim renommierten Staatsrechtler Bodo Pieroth in Münster promoviert. Nach einem Abstecher in eine Hamburger Großkanzlei wechselte sie zum Wissenschaftlichen Dienst des Landtags Rheinland-Pfalz und wurde dann als Wissenschaftliche Mitarbeiterin zum Bundesverfassungsgericht bei Renate Jaeger abgeordnet, nach einer Elternzeit von 2005 bis 2006 dann in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit als deutsche Vertreterin zum Haus der Großregion in Luxemburg.

Im Anschluss daran war sie Richterin (kraft Auftrags, vgl. §§ 8, 14 Deutsches Richtergesetz) am Landgericht Trier sowie am Amtsgericht Wittlich. Von 2008 bis 2013, als sie über Platz 7 der Landesliste in den Bundestag einzog, war die heute 49-Jährige Referentin im rheinland-pfälzischen Justizministerium.
Im Bundestag gehörte Barley sowohl dem Bundesrichterwahlausschuss als auch dem Bundesverfassungsrichterwahlausschuss an, sie war auch schon stellvertretendes Mitglied im Rechtsausschuss.

Feministin, Europäerin, keine radikale Pazifistin

Trotz dieses Lebenslaufs kennt man Barley nicht primär für ihr rechtspolitisches Profil. Die ehemalige Generalsekretärin der SPD, die erst im Juni 2017 zur neuen Familienministerin berufen wurde, nachdem Manuela Schwesig als Ministerpräsidentin nach Mecklenburg-Vorpommern ging, hat sich binnen kürzester Zeit auch außerhalb der Partei einen Namen gemacht. Ihre inhaltliche Arbeit wird geschätzt, ihr toleranter und offener Umgang mit anderen Meinungen bewundert. Sie hat sich für die Große Koalition eingesetzt, wurde aber unter dem Hashtag #stilllovingkatarina auch von deren Gegnern für ihre konstruktive Auseinandersetzung gelobt.  

Nun wird sie die Ministerin, die in der GroKo für Rechtspolitik sorgen soll. Europa will die Tochter eines britischen Journalisten und einer deutschen Ärztin, die im Rahmen eines Austauschs ihrer Universität mit Paris auch französisch lernte, um jeden Preis zusammenhalten. Im Übrigen vertritt sie gemäßigte Positionen, die sie öffentlich erklärt und begründet. Sie stimmte gegen das Gesetz zum Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe und für die Ehe für Alle, CETA will sie weiterverfolgen, die Mietpreisbremse ihres Vorgängers aber nicht verbessern. Eine radikale Pazifistin ist sie nicht, sie hat dafür gestimmt, die kurdischen Peschmerga für den Kampf gegen den IS mit Waffen auszurüsten und die Einsätze der Bundeswehr im Südsudan, in Mali und Somalia zu verlängern.

Als rechtspolitisches Gegengewicht zum bayerischen Hardliner Horst Seehofer im Innenministerium eignet sich die bekennende Feministin, die seit langem Mitglied des Deutschen Juristinnenbunds ist, ganz sicher.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Die neue Justizministerin Katarina Barley: . In: Legal Tribune Online, 09.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27431 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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