Kampf gegen Piraterie am Horn von Afrika: Deutschland will eine Zulassung für bewaffnete Begleiter

von Michael Karschau

10.09.2012

Nach dem Mord an einem Seemann durch somalische Seeräuber werden die Rufe nach bewaffneten Sicherheitskräften an Bord von Seeschiffen lauter. Deutschland will deren Einsatz ab August 2013 nur noch mit einer Zulassung erlauben. Der Gesetzentwurf schießt aber über das Ziel hinaus, da Subunternehmer die Schiffe nicht mehr schützen können, kommentiert Michael Karschau.

Medienberichten zufolge ist kürzlich ein von somalischen Piraten als Geisel gehaltener syrischer Seemann ermordet worden. Dem Anführer der Piratengruppe Hassan Abdi zufolge war der Akt ein Protest gegen die Dauer der Lösegeldverhandlung. "Mehr Tote werden folgen", drohte er, "zwei Jahre sind genug".

Das unter der Flagge von Panama fahrende MS "ORNA" wurde damals von Piraten auf der Durchfahrt des Hochrisikogebiets vor Somalia, auf einem so genannten Transit gekapert. Das Muster ist dabei stets gleich: Die Piraten greifen an, um Geiseln zu nehmen und möglichst hohe Lösegelder zu erpressen. Alleine im Jahre 2011 erbeuteten sie laut einer Studie auf diese Art etwa 160 Millionen US-Dollar. 

Der Schaden durch Piraterie wird für 2011 auf etwa 8 Milliarden US-Dollar geschätzt. Insbesondere langsam fahrende Schiffe mit niedrigem Freibord sind gefährdet. Daher wählen die Reeder Ausweichrouten, die zu kostenträchtigen Reiseverzögerungen führen. Hinzu kommen kostspielige technische Vorrichtungen wie ein Schutzraum an Bord ("Zitadelle"), Wasserwerfer, Stacheldraht und ähnliche Anlagen.

Bewaffnete Sicherheitskräfte auf Schiffen unter deutscher Flagge

Eine weitere Sicherheitsvorkehrung ist der Einsatz bewaffneter Sicherheitskräfte. Diese Maßnahme erweist sich als äußerst effizient: Bislang wurde kein Schiff mit solchen Kräften an Bord entführt.

Daher werden auf vielen der derzeit 495 unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe Sicherheitskräfte eingesetzt. Deutsche Schiffe sind deutsches Territorium. Reeder können mit Hilfe der Sicherheitskräfte, die nach geltendem Recht lediglich erfolgreich eine Sachkundeprüfung gem. § 34 a Gewerbeordnung (GewO) abgelegt haben müssen, auf Grundlage der Notwehr- und Nothilferechte die Besatzung und Güter des Schiffes schützen.

Gleichwohl will Deutschland ab dem 1. August 2013 den Einsatz bewaffneter Sicherheitskräfte an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge nur noch mit einer teuren und aufwändigen Zulassung gestatten. Hierdurch soll ein höherer Qualitätsstandard gewährleistet werden – die Vorschrift des § 34 a GewO, die für das Bewachungsgewerbe maßgeblich ist, war eher auf Türsteher gemünzt als auf Sicherheitskräfte, die unter Beschuss ein Hochrisikogebiet durchqueren müssen. Details zum Verfahren sind noch nicht bekannt, der Einsatz nicht zugelassener Bewachungsunternehmen aber wird jedenfalls strafbar sein.

Der Gesetzesentwurf ignoriert den Einsatz von Subunternehmern

Ein Großteil der zumeist internationalen Unternehmen setzt aber für die Bewachung kein eigenes Personal, sondern Subunternehmer ein, die anhand interner Gütekriterien ausgesucht werden. Dies ist in den Regulierungsvorschlägen der internationalen Schifffahrtsorganisation ("IMO") auch anerkannt. Dabei handelt es sich meist um Einzelunternehmer wie ehemalige Spezialkräfte. Auch diese Klein(st)unternehmen fallen unter den Wortlaut der anvisierten Zulassungspflicht und der Strafbarkeit. Diese werden aber weder die Kosten tragen noch die wirtschaftlichen und organisatorischen Anforderungen für die Zulassung erfüllen können. Sie werden ihr Gewerbe aufgeben müssen.

Letztlich wird durch die Zulassungspflicht auch das Fahren unter deutscher Flagge unattraktiver. Schon jetzt führt vor allem wegen der Lohnkosten und Sozialabgaben lediglich ein Sechstel der deutschen Handelsflotte die schwarz-rot-goldene Flagge. Andere Flaggenstaaten sind demgegenüber im Vorteil, wenn sie den Einsatz von Subunternehmern erlauben und sich hierdurch die Kosten eines Transits reduzieren.

Der Tod des syrischen Seemanns wird den Druck erhöhen, die besten verfügbaren Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Seeleute zu ergreifen. Auch die Diskussion um den Einsatz bewaffneter Kräfte wird anhalten. Deutschland als zweitgrößte Handelsnation mit der drittgrößten Handelsflotte der Welt wird hierbei mit dem Zulassungsverfahren international eine herausragende Rolle einnehmen. Der Gesetzgeber sollte sie nutzen, um einen hohen Qualitätsstandard zu schaffen. Dabei darf er aber die Praxis nicht aus dem Blick verlieren.

Michael Karschau ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht in der Kanzlei Grimme und Partner und fast ausschließlich im Bereich der maritimen Wirtschaft, des Transport- und Versicherungsrechts tätig. Einer seiner Schwerpunket ist die Sicherheit in Lieferketten.

Zitiervorschlag

Michael Karschau, Kampf gegen Piraterie am Horn von Afrika: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7025 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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