2/2: Wenig IT-Einsatz bei deutscher Justiz
Schwache Werte verzeichnet Deutschland wiederum beim Einsatz digitaler Kommunikationstechnologie: Gemäß einer Umfrage nutzen nur knappe 20 Prozent der deutschen Anwälte elektronische Kommunikationsmittel im Austausch mit Gerichten, noch weniger zur elektronischen Signatur von Dokumenten oder zur Klageerhebung. Eine geringere Nutzung digitaler Technologien liegt nur noch in Luxemburg, Griechenland und Zypern vor.
Demgegenüber liegt der Anteil elektronischer Gerichtskommunikation in Estland, Portugal, Italien, Tschechien, Spanien, Dänemark, Ungarn, Litauen, Schweden und Frankreich jeweils zwischen 80 und 99 Prozent.
Als Gründe für die nur wenig ausgeprägte Nutzung gaben die befragten Anwälte der schwach abschneidenden Staaten vor allem mangelnde Verfügbarkeit entsprechender Angebote beziehungsweise schlechte Erfahrungen mit deren Nutzung an. Einige verwiesen auch auf fehlende rechtliche Rahmenbedingungen oder fehlendes Vertrauen.
Erst Recht ist hierzulande nicht an innovative Ansätze zu denken, etwa die Information der Parteien über den Fortgang des Verfahrens via Internet oder die Mitteilung von Terminverschiebungen per SMS oder E-Mail, wie sie laut Justizbarometer bereits in etlichen Mitgliedstaaten praktiziert wird.
Deutschland Spitzenreiter bei den Gerichtskosten
Erstmals wurde in diesem Jahr auch die Höhe der Gerichtsgebühren in den EU-Staaten erfasst. Hier schneidet Deutschland schwach ab: Die Gebühren für einen Zivilrechtsstreit mit einem höheren Streitwert (das Justizbarometer veranschlagt 6.000 Euro) liegen in keinem anderen EU-Staat so hoch wie hier. Die Gebühren für einen Streit über einen geringen Betrag (das Justizbarometer veranschlagt die Summe, die als monatliches Einkommen der Armutsgrenze entspricht) liegt in Deutschland am sechsthöchsten – noch teurer sind solche Verfahren nur in Finnland, Lettland, Estland, Portugal und Ungarn.
Ebenfalls zum ersten Mal in diesem Jahr enthält das Justizbarometer Angaben zur Häufigkeit, mit der Verbraucher die Schlichtungsstelle der EU für Streitigkeiten im Online-Versandhandel nutzen. Online-Händler und andere Dienstanbieter müssen auf diese Möglichkeit seit Anfang 2016 hinweisen. In Deutschland liegt die Nutzungsquote derzeit bei acht pro 100.000 Einwohner, was hinter Litauen, Großbritannien, Estland und Malta der fünfthöchste Wert ist. In Tschechien , Polen, der Slowakei und Finnland machen hingegen nicht einmal 2 von 100.000 Einwohnern vom Streitschlichtungsangebot der EU Gebrauch.
Constantin Baron van Lijnden, Justizbarometer 2017: . In: Legal Tribune Online, 18.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22669 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag