Wird Popsänger Justin Bieber sein Äffchen nicht wiedersehen? Nach der Beschlagnahme durch den Zoll wegen fehlender Papiere fordert der deutsche Tierschutzbund nun, das Tier gar nicht wieder an seinen Besitzer herauszugeben und diesen gar zu bestrafen: Der Affe sei viel zu früh von seiner Mutter getrennt worden. Was den Teeniestar wirklich erwartet, erklärt Christoph Maisack im LTO-Interview.
LTO: Herr Dr. Maisack, bekommt Justin Bieber Probleme mit der deutschen Justiz, weil er ein Weißschulterkapuzineräffchen nach Deutschland eingeführt hat?
Maisack: Die Probleme hat er schon, denn sein Äffchen ist beschlagnahmt worden. Außerdem hat er nach dem Bundesnaturschutzgesetz zumindest ordnungswidrig gehandelt. Weißschulterkapuzineräffchen sind eine besonders geschützte Art nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen. Ein solches Tier darf man nur mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung besitzen.
LTO: Auf welche Strafe muss er sich einstellen?
Maisack: Eine solche Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. In der Praxis sind die Beträge aber viel geringer.
LTO: Der Popstar durfte den Affen also nicht nach Deutschland einführen?
Maisack: Das ist nicht per se verboten. Er hätte nur eine Einfuhrgenehmigung von einer deutschen Behörde gebraucht. Die bekommt er aber nur, wenn er beweisen kann, dass das Tier aus einer Zucht stammt und kein illegaler Wildfang ist. Außerdem braucht er noch eine Bescheinigung darüber, dass der Affe seuchenfrei ist. Die stellt die Veterinärbehörde des Heimatstaates aus.
LTO: Justin Bieber kann den Affen also auch nicht einfach wieder mit nach Kanada nehmen?
Maisack: Nein. Die Einfuhr ist schon erfolgt. Deswegen darf der Zoll das Tier nicht wieder an ihn herausgeben, so lange er die Papiere nicht hat. Denn sonst würde durch die Herausgabe der illegale Zustand wieder eintreten.
"Das Äffchen von seiner Mutter wegzunehmen, ist vermeidbares Leid"
LTO: Es soll noch schlimmer kommen, der 19-Jährige soll bestraft werden, weil sein tierischer Weggefährte erst 14 Wochen alt ist. Was hat es damit auf sich?
Maisack: Ein Äffchen in diesem Alter von seiner Mutter wegzunehmen, ist eine Zufügung von vermeidbaren Leiden, weil diese Tiere erst nach 6 bis 12 Monaten entwöhnt werden. Das früher zu tun, ist in Deutschland aber nicht unter Strafe gestellt.
Wenn der zuständige Staatsanwalt meint, dem Kapuzineräffchen seien durch die frühe Trennung erhebliche und anhaltende Leiden zugefügt worden, dann muss er Justin Bieber wegen quälerischer Tiermisshandlung anklagen.
Dann kommt noch hinzu, dass das Tier im Ausland von seiner Mutter getrennt wurde. Deutsche Gerichte könnten also nur dann eine Strafe verhängen, wenn diese Tat auch nach dem ausländischen Recht strafbar wäre.
LTO: Was raten Sie einem Justin Bieber-Fan, der nun auch so ein Äffchen erwerben möchte?
Maisack: Jedenfalls deutschen Fans rate ich dringend davon ab. Wenn die Veterinärbehörde davon erfährt, wird sie das Tier fortnehmen und es auf Kosten des Fans artgerecht unterbringen. Das kann sehr teuer werden.
In einem Privathaushalt kann man ein solches Tier nicht artgerecht halten, schon weil es Artgenossen als Gesellschaft braucht. Das ergibt sich aus dem sogenannten Säugetiergutachten, das vom Bundesverbraucherschutzministerium herausgegeben wird.
"Nur solche Tiere halten, die man auch artgerecht halten kann"
LTO: Halten Sie diese Rechtslage für ausreichend oder meinen Sie, dass man sie noch verschärfen sollte?
Maisack: Ich meine, man sollte die Haltung wild lebender Tiere in Privathand nur nach vorheriger behördlicher Zustimmung erlauben. Zum einen, damit die Behörde Bescheid weiß und zum anderen, damit sie im Vorhinein schon prüfen kann, ob hier die Voraussetzungen für eine artgerechte Unterbringung vorliegen.
LTO: Wie geht es mit dem Äffchen jetzt weiter?
Maisack: Wenn Justin Bieber die Genehmigung nicht rechtzeitig vorlegt, wird das Tier eingezogen und geht in das Eigentum des deutschen Staates über. Der wird es dann seinerseits auf ein Tierheim oder einen Zoo übertragen.
LTO: Haben sie einen abschließenden Rat für Justin Bieber?
Maisack: Er sollte Tiere wild lebender Arten, die so hohe Ansprüche an eine verhaltensgerechte Unterbringung stellen, nicht mehr anschaffen. Er sollte sich damit abfinden, dass das Äffchen eingezogen und dem Tierheim oder einem Zoo übertragen wird. Generell sollte nicht bloß der Popstar nur solche Tiere erwerben, deren natürlichen Verhaltensansprüchen er auch genügen kann.
LTO: Herr Dr. Maisack, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Dr. Christoph Maisack ist Erster Vorsitzender der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht und Richter am Amtsgericht. Zur Zeit übt er das Amt des stellvertretenden Landestierschutzbeauftragten in Baden-Württemberg aus. Er ist Mitherausgeber eines Kommentars zum Tierschutzgesetz.
Das Interview führte Ludwig Hogrebe.
Tierschutzrechtler zum beschlagnahmten Äffchen: . In: Legal Tribune Online, 06.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8473 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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