Investitionsschutzabkommen: Mit leichten Reformen zu einem besseren System

von Jun.-Prof. Jörn Griebel

11.02.2014

Das Freihandelsabkommen mit Amerika liegt für drei Monate teilweise auf Eis. Grund dafür ist massive Kritik an dem Kapitel zum Investitionsschutz, der amerikanischen Investoren Sicherheit in der EU bieten soll – und umgekehrt. Jörn Griebel hält manche der Vorwürfe für berechtigt, aber von einer "Allzweckwaffe von Unternehmen in politischen Auseinandersetzungen" zu sprechen, sei Unsinn.

Die EU verhandelt derzeit mit den USA, aber auch mit Kanada, Singapur, Indien sowie weiteren Staaten über internationale Handels- und Investitionsregeln. Auch mit China haben kürzlich Verhandlungen zu einem Investitionsschutzabkommen begonnen. Speziell die Regeln zum Schutz von Auslandsinvestitionen stoßen in Deutschland jedoch auf erhebliche Kritik aus unterschiedlichen Lagern, die darin teilweise etwa eine "Allzweckwaffe von Unternehmen in politischen Auseinandersetzungen" oder einen "Freifahrtschein jenseits geltender Gesetze" erkennen wollen. Die Kritik ist nicht völlig unberechtigt, schießt jedoch vielfach über das Ziel hinaus.

Internationale Investitionsschutzregeln finden sich in völkerrechtlichen Verträgen, die Investoren vor typischen politischen Risiken in den Gastgeberstaaten schützen sollen. Weltweit beteiligen sich fast alle Staaten an solchen – meist bilateralen – Verträgen; das Ergebnis ist ein Netz von ca. 3.000 völkerrechtlichen Abkommen. In diesen Abkommen werden etwa Diskriminierungen ausländischer Investoren gegenüber inländischen Wettbewerbern verboten; Enteignungen dürfen nur erfolgen, soweit eine Entschädigung vorgesehen ist. Beides sind reale Gefahren, besonders nach einem Regierungswechsel oder bei der Bewältigung wirtschaftlicher Krisen.

Die den Investoren gewährten Schutzrechte können diese gegenüber den Gaststaaten vor internationalen Schiedsgerichten geltend machen. Damit soll die Bereitschaft zu privaten Investitionen im Ausland gefördert werden, was letztlich sowohl zum Wohlstand des Gast- als auch des Heimatsstaates beitragen soll. Das Internationale Investitionsrecht hat daher eine erhebliche weltwirtschaftliche und entwicklungspolitische Bedeutung.

Verfahren finden hinter verschlossenen Türen statt – aber nicht mehr lange

Die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass das gegenwärtige System des Internationalen Investitionsrechts Schwächen aufweist. Anschaulich zeigt sich das beim Blick auf die Schadensersatzklage des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland. Durch den von der früheren Bundesregierung sehr kurzfristig entschiedenen Atomausstieg sieht sich Vattenfall in seinen Schutzrechten aus dem Investitionsabkommen Energiecharta-Vertrag verletzt.

Kritisiert wird an dem Verfahren zum einen, dass es hinter verschlossenen Türen stattfindet. Aufgrund der bestehenden Regeln hat die Öffentlichkeit kaum Möglichkeiten, von den Hintergründen, dem klägerischen Begehren, den Argumenten der Parteien und den schiedsgerichtlichen Entscheidungen Kenntnis zu erlangen. Das Verfahren kann komplett vertraulich durchgeführt werden.

Diese Kritik ist berechtigt, schließlich handelt es sich um Belange von erheblichem öffentlichem Interesse, die den Bürgern nicht vorenthalten werden sollten. Der insoweit bestehende Reformbedarf wurde von der Europäischen Kommission jedoch bereits erkannt. Es kann fest damit gerechnet werden, dass zukünftige europäische Investitionsabkommen, soweit sie vom Rat und dem Europäischen Parlament gebilligt werden, sehr weitgehende Regeln zur Öffentlichkeit von Investitionsschiedsverfahren vorsehen werden.

Zitiervorschlag

Investitionsschutzabkommen: . In: Legal Tribune Online, 11.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10955 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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