EU-Kommission will Sperren bei Streaming Diensten aufheben: Mit Net­flix und Spo­tify in den Urlaub

von Dr. Torsten Kraul

23.12.2015

Mit einer neuen Verordnung will die EU-Kommission Verbrauchern den Zugriff auf abonnierte Online-Inhalte auch im Ausland ermöglichen. Was von den jetzt vorgestellten Plänen zu halten ist, erläutert Torsten Kraul.

Immer mehr Verbraucher beziehen über das Internet Filme, Serien oder Musik. Digitaler Content heißt dieses Angebot, dessen Gesamtumsatz in Deutschland jedes Jahr um rund eine Milliarde Euro ansteigt. Anbieter sind Videostreaming-Dienste wie Amazon Video, Netflix und die Mediatheken der Fernsehsender, Musikplattformen wie Spotify und Apple Music sowie etwa Skoobe als Abo-Modell für E-Books. Die Plattformen sind - aus lizenzrechtlichen Gründen sowie zur Angebots- und Preisdifferenzierung - üblicherweise als nationale Dienste konzipiert, d.h. Zugriff auf die Angebote haben Kunden aus Deutschland nur, solange sie sich im Inland aufhalten.

Zur Absicherung solcher territorialen Angebote gegen einen Zugriff vom Ausland aus setzen die Diensteanbieter Maßnahmen des Geoblockings ein. Dabei werden insbesondere ausländische IP-Adressen gesperrt und bei registrierungspflichtigen Diensten geprüft, ob eine inländische Adresse oder Zahlungsart vorliegt.

Der EU-Kommission sind derartige Sperren ein Dorn im Auge. Aus ihrer Sicht beschränkt das Geoblocking den Wettbewerb zwischen den europäischen Anbietern und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission ein Vorgehen gegen das Geoblocking als herausgehobenen Aspekt ihrer Strategie zur Vollendung des digitalen Binnenmarkts angekündigt. In einem ersten Schritt geht die Kommission nun den besonderen Teilaspekt der sogenannten Portabilität an: Durch Maßnahmen des Geoblockings werden Nutzer am Zugriff vom Ausland aus gehindert, etwa im Urlaub oder auf einer Geschäftsreise, auch wenn sie im Inland rechtmäßige Kunden sind, insbesondere für ein entsprechendes Abonnement bezahlt haben.

Auslandszugriff gilt als Inlandsnutzung

Dazu hat die EU-Kommission am 9. Dezember 2015 den Entwurf einer Verordnung veröffentlicht. Als solche soll sie ohne weiteren Umsetzungsakt in den Mitgliedsstaaten unmittelbar wirksam werden. Nach dem Entwurf soll Abonnenten während eines vorübergehenden Auslandsaufenthalts der Zugriff auf die Dienste ermöglicht werden. Der Clou dabei: Dies soll auch für bereits bestehende Vertragsverhältnisse und erworbene Rechte gelten.

Begünstigen will die Kommission ausdrücklich nur Verbraucher. Für die Anbieter digitaler Dienste ist das heikel. Eine trennscharfe Abgrenzung dürfte sie vor Schwierigkeiten stellen, denn die Verbrauchereigenschaft bestimmt sich nach dem Zweck der Nutzung des Dienstes für nicht-geschäftliche Belange. Nicht in den Genuss der Portabilität käme danach, wer eine Plattform beruflich, etwa als Filmkritiker nutzt.

Abonnenten sollen künftig so genannte lineare Dienste, etwa Pay-TV-Angebote, und On-Demand-Plattformen auch im Ausland nutzen können. Es kann sich sowohl um kostenpflichtige als auch um kostenfreie Dienste handeln. Voraussetzung ist aber stets, dass sich die Nutzer registriert haben. Portabilität wäre danach also beispielsweise den registrierten, nicht aber den unregistrierten Nutzern der Videoplattform Youtube zu ermöglichen.

Außerdem ist ein bestehender Vertrag mit dem Diensteanbieter in dem EU-Mitgliedsstaat erforderlich, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt (nicht zwingend seinen Wohnsitz) hat, und ein vorübergehender Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat. Zeitlich ist dieser allerdings nicht beschränkt, solange er nicht in einen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem anderen Mitgliedsstaat übergeht.

Schließlich geht die Kommission in ihren Plänen auch auf Fragen der Lizensierung digitaler Inhalte ein, da die Lizenzen der Diensteanbieter häufig auf das Inland beschränkt sind. Um insofern einen Konflikt zu vermeiden, bestimmt der Verordnungsentwurf, dass die Ermöglichung der Portabilität im Ausland als inländische Nutzung gilt.

Zitiervorschlag

EU-Kommission will Sperren bei Streaming Diensten aufheben: . In: Legal Tribune Online, 23.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17947 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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