Illegales Online-Glücksspiel: Die Lösung aus dem deut­schen Norden

von Dr. Bernd Berberich und Dr. Wulf Hambach

15.11.2017

2/2: Das Problem mit dem Financial Blocking

Die Erfahrungen in Großbritannien und Dänemark zeigen, wie eine schlagkräftige Vollzugsbehörde aufgebaut werden kann, wenn Lizenzen für das Online-Glücksspiel ausgegeben werden. Bundestagsvizepräsident Wolfang Kubicki hält aus solchen Gründen die aktuelle Regulierungslage für schlicht rechtswidrig: "Ein Staatsvertrag nützt doch keinem etwas, wenn wir am Ende einen komplett deregulierten Glücksspielmarkt vorfinden, weil der Staatsvertrag nicht europafest ist". Den milliardenschweren Markt könne man nicht beeinflussen, egal wie sehr man sich rhetorisch für die Suchtprävention einsetze. "Einfluss gewinnen wir erst wieder, wenn wir den illegalen und nicht-regulierten Markt zurückdrängen, und das geht nur durch attraktive und legale Angebote", so Kubicki weiter.

Und während gegen den aktuellen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag aberhundert Klagen anhängig sind, sind keine gegen das GlüG SH als solches bekannt. Dies zeigt, dass ein rechtlich belastbares Fundament möglich, aber auch erforderlich ist - gerade hinsichtlich des Themas "Financial Blocking", bei dem staatliche Verbotsverfügungen unter Einbeziehung der Banken- und Kreditkartenunternehmen ergehen, um Zahlungen an illegale Online-Glücksspielanbieter zu verhindern.

Für diese Methode zur Verhinderung illegalen Glücksspiels im Internet hat nämlich der ehemalige Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz, Thilo Weichert, dezidiert herausgearbeitet, dass nach bisheriger Gesetzeslage eine effektive Durchsetzung des Financial Blocking unter Beachtung des Datenschutzes nicht möglich ist. Die Finanzdienstleister können nämlich gar nicht hinreichend zwischen legalen und illegalen Angeboten unterscheiden.

Ulrike Eppe aus dem niedersächsischen Glücksspielreferat, welches das Financial Blocking zentral organisiert, betont wohl auch deshalb, dass ihr Referat noch keine Strafanzeige gegen Banken erstattet habe. Vielmehr stellt Eppe klar: "Wir verfolgen einen kooperativen Ansatz." Angesichts der bestehenden Grauzone scheint dies nur konsequent, zumal der 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag explizit eine faktisch ins Leere laufende Rechtsgrundlage vorsieht: Zwar kann danach den am Zahlungsverkehr Beteiligten nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel untersagt werden - es gibt aber bisher keinen einzigen Fall, in dem es zu einer solchen Bekanntgabe kam.

Was sich mit deutschen Lizenzen verbessern ließe

Wenn aber neue Lizenzen für alle relevanten Online-Glücksspielarten erteilt würden, können datenschutzrechtliche Probleme ausgeräumt werden, indem im Rahmen des Lizenzverfahrens das Einverständnis der Lizenznehmer eingeholt wird und der Vollzugsbehörde Daten zur Überwachung beziehungsweise zur Umsetzung eines effektiven Financial Blocking zur Verfügung gestellt werden. Über die Lizenzgebühren ließen sich zudem die Gelder generieren, um eine entsprechend schlagkräftige Vollzugsbehörde aufzubauen. Zu erwägen wäre schließlich, dem Bund zumindest die Internetregulierung kompetenzrechtlich zuzusprechen, da dieses Medium keine Ländergrenzen kennt und damit Kompetenz- und Anwendungskonflikte von vornherein ausgeschlossen würden.

Auf Basis einer zukunftsorientierten und vor allem EU-rechtskonformen Regulierungslage, welche die Möglichkeiten der unaufhaltsam voranschreitenden Digitalisierung für einen effektiven Schutz nutzt, statt das Internet weiter zu dämonisieren, lässt sich sehr wohl das Chaos um das Offshore-Glücksspiel beenden.

Für die deutschen Glücksspielregulierer wäre eine enge Zusammenarbeit mit der EU-Kommission hier zielführend, um nicht nur das EU-Notifizierungsverfahren heil zu überstehen, sondern auch den lang ersehnten Rechtsfrieden im deutschen Glücksspielrecht zu erreichen. Dies wären wahrhaftig paradiesische Zustände, da alle Seiten (Glücksspielveranstalter, Glücksspielaufsichtsbehörde, Medienanbieter, Medienaufsichtsbehörde, Finanzaufsichtsbehörde, deutsche Polizeibehörden, etc.) zwischen legal und illegal endlich wirksam unterscheiden könnten.

Der Autor Dr. Wulf Hambach ist Gründungspartner der Kanzlei Hambach & Hambach mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Regulierung. Er ist Mitherausgeber und Autor des Kommentars "Glücksspiel- und Gewinnspielrecht in den Medien".

Der Autor Dr. Bernd Berberich ist Rechtsanwalt bei Hambach & Hambach mit dem Tätigkeitsschwerpunkten Straf- und Verwaltungsrecht sowie Glücksspiel- und Vollstreckungsrecht. Er ist Mitautor des Kommentars Streinz/Liesching/Hambach zum "Glücksspiel- und Gewinnspielrecht in den Medien".

Zitiervorschlag

Wulf Hambach, Illegales Online-Glücksspiel: . In: Legal Tribune Online, 15.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25541 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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