GPS in Streifenwagen: Polizei fürchtet "Totalüberwachung" in den eigenen Reihen

von Dr. Frank Braun

26.07.2013

2/2: Datenerhebung nur unter engen Voraussetzungen

Danach dürfen Geolokalisationsdaten nur zum Zwecke der Sicherheit des Beschäftigten (zum Beispiel Chip im Überlebensanzug eines Bohrinselmitarbeiters) oder zur Koordinierung des Einsatzes des Beschäftigten (zum Beispiel bei Speditionsbetrieben oder eben bei Polizeieinsätzen) und auch nur dann erhoben werden, wenn keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten entgegenstehen.

An Letzterem können hier kaum Zweifel bestehen, dient doch die GPS-Ortung der Effektuierung der Gefahrenabwehr beziehungsweise der Strafverfolgung und damit dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter, gegenüber denen die Interessen der "überwachten" Polizeibeamten zurücktreten. Ohnehin kann ein auf Streifenfahrt befindlicher Polizist nicht ernstlich die Erwartung großer Privatheit bezüglich seiner Position hegen; vielmehr ist diese auch bisher – per Funk – auf Anfrage an die Zentrale mitzuteilen.

Eine Datenerhebung allein zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Beschäftigten wäre dagegen unzulässig, wie auch eine sogenannte "Totalüberwachung", mittels derer der Beschäftigte durch Erstellung eines lückenlosen Bewegungsprofils zum bloßen Beobachtungsobjekt degradiert würde. Freilich ist diese Gefahr vorliegend gebannt, wenn die erhobenen Daten – soweit nicht zur Einsatzkoordination benötigt – tatsächlich umgehend  automatisch gelöscht werden.

Im Übrigen dürfen zulässige Kontrollen selbstverständlich nur während der Dienstzeit stattfinden. Eine "heimliche" Datenerhebung ist rechtswidrig; die Beschäftigten müssen über das Ausmaß der Aufzeichnungen und die vorgesehenen Auswertungen umfassend informiert werden.

Da die Daten ausschließlich zu den vorgenannten Zwecken genutzt werden dürfen, ist zudem die Verwertung sogenannter "Zufallsfunde" grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn durch den Zufallsfund der hinreichende Verdacht einer strafbaren Handlung des Beschäftigten begründet wird.

Somit kann – unter Beachtung der angedeuteten organisatorischen Schutzvorkehrungen – der Einsatz von GPS-Sendern in polizeilichen Einsatzfahrzeugen rechtskonform gestaltet werden.

Zurückhaltung der Gewerkschaftsvertreter wäre wünschenswert

Die Hamburger Polizisten brauchen folglich keine Angst vor "totaler Überwachung" zu haben, wie es aus den Meldungen der DPolG hervorklingt. Natürlich sind die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Beamten Rechtsgüter von hohem Rang. Auch mögen empfindliche Reaktionen auf geplante oder durchgeführte Überwachungsmaßnahmen gerade in Zeiten von PRISM & Co. nachvollziehbar sein.

Über Hohn und Spott darf man sich dennoch nicht beklagen, wenn der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt sich in der politischen Debatte gegenüber Handelsblatt Online wohlwollend zur Überwachung von Telefon- und Internetdaten in den USA äußert, ähnliches auch für Deutschland anregt und dabei den Schutz vor Terror und Kriminalität als "wertvollstes" Bürgerrecht ausruft.

Letztlich bleibt zu erinnern, dass der Beruf des Polizeibeamten – bislang völlig zu Recht – in der Bevölkerung höchstes Vertrauen und Ansehen genießt. Damit dies so bleibt, stehen auch die Polizeigewerkschaften in der Pflicht. Mehr Zurückhaltung in der öffentlichen Diskussion könnte dabei derzeit nicht schaden.

Der Autor Dr. Frank Braun ist Oberregierungsrat. Er lehrt im Fachbereich Polizeivollzugsdienst an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes NRW Staatsrecht sowie Polizei- und Strafprozessrecht; im Nebenamt lehrt er IT-Recht an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut.

Zitiervorschlag

GPS in Streifenwagen: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9228 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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