3/3: Schiedsgerichtsbarkeit ist besser als ihr Ruf
Die Schiedsgerichtsbarkeit genießt aktuell keinen guten Ruf. Gerade in der Diskussion um das TTIP Abkommen wird von "Schattenjustiz im Nobelhotel" gesprochen. Auch die Schiedsgerichtsbarkeit im Sport ist in Verruf geraten; im Verfahren Pechstein wird der inzwischen weitgehend auf die Seite Pechsteins umgeschwenkten Öffentlichkeit suggeriert, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundrechtsverlust seien synonym.
Im Kern der Kritik steht der Vorwurf, dass die Verbände die Unterzeichnung von Schiedsvereinbarungen einfordern und den Profisportlern praktisch keine Alternative dazu verbleibt, sich den Sportgerichten zu unterwerfen. Der Entwurf der Regierung stellt klar, dass solche Schiedsvereinbarungen dennoch wirksam sind, und zwar nicht nur in Dopingstreitigkeiten.
Ob eine Schiedsvereinbarung im Einzelfall oder gar verfassungsrechtlich zulässig ist, kann der (einfache) Gesetzgeber nicht klären. Die jetzige Regelung ist weder eine Reaktion auf das – noch nicht rechtskräftige – Verfahren Pechstein noch ein Zugeständnis an den organisierten Sport, der im Gegenzug die Kröte "Verbot des Selbstdopings" schlucken möge. Der Staat hat ein ureigenes Interesse, rechtliche Zweifel auszuräumen, vor allem da er sich selbst durch das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport 2005 verpflichtet hat, Schiedsgerichte in Sportstreitigkeiten vorzusehen.
Sportgerichtsbarkeit bleibt – aber sie muss sich verbessern
Selbstverständlich sind mit der im Entwurf getroffenen Regelung Schiedsvereinbarungen im Sport auch nicht per se wirksam. Der Prozess Claudia Pechsteins hat Mängel im CAS-Verfahren aufgezeigt. Die Bemühungen um eine Reform des CAS-Verfahrens müssen daher weiter gehen.
Der Sport ist auf den Entscheidungseinklang durch die Schiedsgerichtsbarkeit zwingend angewiesen. Nationale Entscheidungen gefährden die Einheitlichkeit der Sportausübung. Zwangsschiedsgerichtsbarkeit im Sport ist aber nur zu rechtfertigen, wenn im Verfahren Rechte der Sportler effektiv geschützt werden. Dieses zu prüfen ist selbstverständliche Aufgabe staatlicher Gerichte.
Ein mutiger und gelungener Entwurf
Mit der Norm würde der Gesetzgeber zudem den allgemeinen Justizgewährungsanspruch ausgestalten. Sehr treffend hat der Präsident des Bundesverfassunsgerichts, Andreas Voßkuhle, vergangenes Jahr formuliert: "Da es sich beim Justizgewährungsanspruch um einen Leistungsanspruch handelt, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, diesen Anspruch auszugestalten." Nicht mehr, aber auch nicht weniger leistet die Vorschrift.
Die Regierung setzt mit dem Entwurf ihren Koalitionsvertrag konsequent und mutig um und schafft erstmals ein in sich stimmiges Anti Doping Gesetz, das diesen Namen auch verdient. Dass die Zentralgestalt – der Sportler – nun wie alle anderen Beteiligten vom Strafrecht erfasst wird, ist, auch angesichts des Systemdrucks, der auf den Sportlern lastet, richtig.
Der Autor Prof. Dr. Jens Adolphsen ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Nationales und Internationales Zivilverfahrensrecht und Sportrecht an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Regierungsentwurf eines Anti-Doping-Gesetzes: . In: Legal Tribune Online, 22.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15634 (abgerufen am: 05.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag