Gericht soll Vergleichsvorschlag machen: Streit zwi­schen El Ghazi und Mainz 05 noch nicht ent­schieden

von Dr. Max Kolter

19.06.2024

Rechtfertigen die Gaza-Posts von Anwar El Ghazi eine fristlose Kündigung? Das bleibt vorerst weiter ungeklärt: Die Parteien sind vergleichsbereit, ihre Forderungen gehen aber weit auseinander. Nun soll das Gericht einen Vorschlag machen.

Im Rechtsstreit zwischen dem Fußballspieler Anwar El Ghazi und dem Bundesligaverein FSV Mainz 05 kam es am Mittwoch vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Mainz nicht zu einer Entscheidung. Nachdem die Parteien eine Viertelstunde hinter verschlossenen Türen erfolglos über einen möglichen Vergleich verhandelt hatten, vertagte die Vorsitzende Richterin Bettina Chaudry die Verhandlung. Die Kammer soll nun selbst einen Vergleichsvorschlag machen.

Der niederländische Angreifer erhob im vergangenen Jahr Kündigungsschutzklage gegen den Fußballverein Mainz 05. Der hatte El Ghazi Anfang November nach einer Reihe "israelkritischer" Posts in den sozialen Medien fristlos gekündigt. Mit der Kündigungsschutzklage will der Spieler erreichen, dass das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt. Das hätte zur Folge, dass der Vertrag zwischen den Nullfünfern und dem Stürmer fortbesteht. In diesem Fall stünde ihm das Gehalt bis Ende der Vertragslaufzeit am 30. Juni 2025 zu. Den Gesamtbetrag bezifferte El Ghazis Anwalt Alexander Bergweiler (König Rechtsanwälte) am Mittwoch auf 4,2 Millionen Euro.

Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung erschien unwahrscheinlich, dass sich die Parteien durch Vergleich einigen. Bereits im Gütetermin im Januar hatten sich Verein und Spieler nicht entscheidend annähern können. Die Erwartungshaltung am Mittwochmorgen daher: Es wird streitig verhandelt und am Ende wird das Gericht ein Urteil fällen. Doch es kam anders.

Auf Nachfrage von Chaudry nach einer möglichen Vergleichsbereitschaft zogen sich der persönlich erschiene El Ghazi, ein Justiziar des Vereins und die beiden Anwälte zurück. Mit Erfolg? "Nein, leider nicht", antwortete Bergweiler auf Nachfrage des Gerichts. Nun soll die 10. Kammer selbst einen Vorschlag machen.

Gericht lässt noch keine Rechtsauffassung erkennen

Die Forderungen der Parteien liegen zu weit auseinander: El Ghazi fordere mindestens das volle Gehalt für die laufende Saison plus eine Teilentschädigung für das kommende Spieljahr, sagte Bergweiler. Der Verein dagegen will El Ghazi nichts zahlen. Hier legt man Wert darauf, dass die fristlose Kündigung Bestand hat. Man würde aber auf die per Widerklage geltend gemachte Vertragsstrafe sowie die Teilrückzahlung eines Bonus verzichten. Echte Vergleichsbereitschaft sieht anders aus, beide Seiten sehen offenbar gute Chancen, dass das Gericht zu ihren Gunsten urteilt.

Dynamik hätte die 10. Kammer deshalb nur selbst hineinbringen können, indem sie hätte durchscheinen lassen, zu welcher Rechtsauffassung sie in dem juristisch kniffligen Fall neigt. Doch Richterin Chaudry ließ sich an rechtlichen Einschätzungen nur das entlocken, was unstreitig ist.

"Wenn ein Profifußballspieler privat etwas postet, ist das nichts ganz Privates", sagte Chaudry zu Beginn. Auch stellte sie klar, dass eine Kündigung nur wegen El Ghazis Tweet vom 1. November in Betracht komme, in dem er sagte, sich nicht von seiner bisherigen Position zum Gaza-Krieg zu distanzieren. Der inhaltlich allein problematische Beitrag, eine Instagram Story vom 15. Oktober, sei kein tauglicher Anknüpfungspunkt. Denn zwischen dem Post und der Kündigung lagen mehr als zwei Wochen, damit ist die Frist des § 626 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch abgelaufen. Wie LTO im Vorfeld bereits ausführlich berichtete, wird es darauf ankommen, ob El Ghazi die – längst gelöschte – Instagram Story durch seine Nicht-Distanzierung vom 1. November reaktiviert hat. "Das ist hier die spannende Frage", so Chaudry.

Ob das Gericht diese Frage noch beantworten wird, ist offen. Nun wird es zunächst zeitnah einen Vergleichsvorschlag unterbreiten, über den die Parteien dann außergerichtlich verhandeln. Dass es zu einer Einigung kommt, ist angesichts der weit auseinanderliegenden Forderungen nicht sehr wahrscheinlich. Einigen sie sich nicht, geht es am 12. Juli an derselben Stelle weiter.

Zitiervorschlag

Gericht soll Vergleichsvorschlag machen: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54812 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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