2/2: "Es wird immer Schwierigkeiten geben"
LTO: In ihrer Stellungnahme haben Sie auch angeregt, den Kreis der Auskunftsberechtigten zu erweitern, beispielsweise um die Kinder des Kindes, die aufgrund möglicher Erbkrankheiten ein Interesse an der Kenntnis ihrer Abstammung haben könnten. Glauben Sie, dass solche Vorschläge sich irgendwann durchsetzen werden?
Becker: Sie sind auf jeden Fall sinnvoll. Die Medizin schreitet stetig voran und entwickelt stetig neue Möglichkeiten, weshalb genetische Informationen immer interessanter werden. Natürlich wird man bei einer Ausdehnung des Anspruchs auch immer das Persönlichkeitsrecht des Spenders im Blick behalten müssen. Aber das mögliche Behandlungsinteresse des Kindes halte ich für ebenfalls sehr gewichtig.
LTO: Das Gesetz trifft gewisse Vorkehrungen, die die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs sichern sollen, z. B. Ordnungswidrigkeitsnormen, die unterbliebene Mitteilungen an das DIMDI sanktionieren. Halten Sie das für ausreichend?
Becker: Man wird nicht viel mehr machen können. Es wird in der Praxis immer Schwierigkeiten geben, den wahren Spender zu ermitteln, ob aufgrund von Namensänderungen, fehlender Wohnsitzanmeldung oder einfach menschlichem Versagen. Aber das sind Einzelfälle, die eine Grundsatzregelung nicht entwerten.
LTO: Viele Kinder, die mit Samenspenden gezeugt wurden, erfahren dies allerdings oft erst spät oder gar nicht. Wäre vor diesem Hintergrund nicht eine Verpflichtung des DIMDI sinnvoll, den Kindern dies mitzuteilen?
Becker: Das ginge mir etwas zu weit. Man würde den Kindern damit schließlich die Information darüber aufdrängen. Viele möchten es auch möglicherweise wissen, manche aber nicht. Und dieses Recht, es nicht zu wissen, sollte man ihnen zugestehen.
"Die Spender sind umfassend geschützt"
LTO: Wie stehen Sie zu dem Schutz der leiblichen Väter, für die die Neuregelung vorsieht, dass sie nicht zum rechtlichen Vater erklärt werden können, was sie vor Unterhaltsansprüchen bewahrt?
Becker: Mehr Schutz vor rechtlichen Verpflichtungen kann es für sie nicht geben. Ob so eine Regelung allerdings zwingend ist, wage ich zu bezweifeln. Zwar haben einige unserer europäischen Nachbarländer ebenfalls sehr liberale Regelungen in dieser Hinsicht. Doch der Hinweis, dass andere es auch so machen, trägt nur bedingt, denn man muss eine Norm auch immer im sozialen und rechtlichen Kontext sehen. Durch die Entscheidung zwischen der medizinisch assistierten Spende, bei der der Haftungsausschluss gilt, und der "Becherspende" wird die wirtschaftliche Verantwortung letztlich ins Belieben des Spenders gestellt. Das lässt mich doch etwas die Stirn runzeln.
LTO: Die Freiheit vor Unterhaltsansprüchen ist das eine, aber ich würde annehmen, dass viele Spender bereits bei dem Gedanken zurückschrecken, später überhaupt einmal von "ihren" Kindern konfrontiert zu werden. Lassen sich unter diesen Umständen überhaupt noch genügend Männer finden, die zur Samenspende bereit sind?
Becker: Bisher haben sich auf der Basis der aktuellen Rechtslage offenbar genügend Samenspender gefunden. Andere Zahlen sind mir nicht bekannt.
LTO: Durch das neue Gesetz entsteht in jedem Fall eine ganz andere Ausgangslage für Samenspender. Wie schätzen Sie abschließend die praktischen Auswirkungen dieser Neuregelung ein?
Becker: Ob das Spendenaufkommen nun zurückgeht, lässt sich schwer vorhersagen. Ebenso gibt es keine belastbaren Zahlen dafür, ob es bereits nach den Gerichtsentscheidungen, die einen Auskunftsanspruch des Kindes bejaht haben, zurückgegangen ist oder es überhaupt einen Mangel an solchen Spenden gibt.
Im Zentrum des neuen Gesetzes steht vor allem das Kind, für das es nun mehr Rechtssicherheit gibt. Und das ist gut so.
Das Interview führte Maximilian Amos.
Maximilian Amos, Gesetz über Samenspenderregister: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23403 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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