Eine Auftragsbestätigung, ohne einen Auftrag erteilt zu haben? Ein Begrüßungsschreiben, ohne irgendwo Kunde geworden zu sein? Das verwirrt. So sahen es auch das OLG Köln und das LG Bonn, die der Telekom derartige Geschäftspraktiken untersagten. Vor dem Hintergrund nicht nachlassender Beschwerden über untergeschobene Verträge ist der Ruf nach einer weiteren Verschärfung des Verbraucherschutzrechts vorprogrammiert, meint Sascha Vander.
Beschwerden über untergeschobene Verträge sind für die Verbraucherzentralen Alltag. Häufig geht es um Gewinnspiele und Zeitschriftenabonnements, immer öfter stößt aber auch die Telekommunikationsbranche auf Unmut bei ihren Kunden. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen zog nun gegen unerwünschte Bestätigungs- und Begrüßungsschreiben der Telekom vor Gericht.
In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte sich ein Kunde in einem Telekom-Shop beraten lassen (Urt. v. 16.05.2012, Az. 6 U 199/11). Kurz darauf erhielt er eine "Auftragsbestätigung": Die Deutsche Telekom AG teilte ihm mit, dass der bestehende Vertrag seinem "Wunsch entsprechend" geändert werde. Gegenstand der Änderung war die Umstellung auf den kostenintensiveren Tarif "Entertain Comfort".
Das zweite Verfahren vor dem Landgericht (LG) Bonn betraf ein "Begrüßungsschreiben" (Urt. v. 29.05.2012, Az. 11 O 7/12). Die Deutsche Telekom Deutschland GmbH hatte einer Verbraucherin über ein Call-Center telefonisch ein Angebot unterbreitet, um diese als Neukundin zu gewinnen. Einige Tage später erreichte den Ehemann der potentiellen Neukundin ein Anschreiben: Die Telekom "begrüßte" ihn "wieder als Kunde".
Untergeschobene Verträge wettbewerbswidrig
Sowohl das OLG Köln als auch das LG Bonn stellten fest, dass die Versendung einer Auftragsbestätigung oder eines Begrüßungsschreibens ohne zugrunde liegenden Kundenauftrag eine wettbewerbswidrige Geschäftspraxis darstellt: Die Schreiben erweckten den unzutreffenden Eindruck, dass bereits ein verbindlicher Auftrag erteilt worden ist. Dies war in beiden Verfahren jedoch nicht der Fall.
Insoweit unterscheiden sich die Fälle maßgeblich von der auf den ersten Blick ähnlich gelagerten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Sachen "Kreditkartenübersendung" (BGH, Urt. v. 03.03.2011, Az. I ZR 167/11). Die Entscheidung betraf einen Fall, in welchem die Postbank bereits auf den Namen von Kunden ausgestellte VISA-Kreditkarten mit einem Antragsformular zur Freischaltung einer Postbank VISA Card GOLD versendet hatte. Der BGH hielt diese Geschäftspraktik für zulässig, weil der angesprochen Kunde erkennen könne, dass die übersandte Kreditkarte nicht ohne eine weitere Erklärung seinerseits einsetzbar ist. Es sei für ihn offensichtlich, dass er das Schreiben samt Karte ohne weiteres entsorgen könne. Dies war bei der "Auftragsbestätigung" und dem "Begrüßungsschreiben" in Sachen Telekom nach Ansicht der rheinländischen Gerichte gerade nicht der Fall.
Während das OLG Köln die "Auftragsbestätigung" für eine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hielt, sah das LG Bonn in dem "Begrüßungsschreiben" zusätzlich eine Irreführung gemäß § 5 UWG. Nach einer Entscheidung des BGH ist der Versand solcher Schreiben aber unabhängig von der normativen Einordnung eine wettbewerbswidrige Geschäftspraxis, wenn der Kunde keinen entsprechenden Auftrag erteilt hat und den unzutreffenden Eindruck vermittelt bekommt, bereits vertraglich gebunden zu sein (BGH, Urt. v. 17.8.2011, Az. I ZR 134/10).
Bei mündlichen Verträgen ist die Beweislast das Problem
Sowohl der Kunde aus dem Telekom-Shop als auch die potentielle Neukundin bekundeten als Zeugen, dass sie der Telekom keine derartigen Aufträge erteilt hatten. Die Telekom trug dagegen vor, dass die Kunden ihr sehr wohl einen Auftrag erteilt hatten. Als Zeugen konnte das Unternehmen jedoch nur seine Mitarbeiter anbieten. Das Problem liegt dabei auf der Hand: Ein Mitarbeiter, der täglich zahlreiche Verträge abschließt, wird sich im Zweifel – anders als der Kunde – an konkrete Einzelheiten und Details nicht mehr erinnern.
Dieses Beweisrisiko liegt in der Natur mündlich geschlossener Verträge. Die Telekom hätte dem gegebenenfalls entgehen können, wenn ihre Mitarbeiter das Vertragsgespräch dokumentiert oder mit Einwilligung des Kunden das Telefonat aufgezeichnet hätten.
Verschärfung des Verbraucherschutzrechts
Angesichts zahlreicher Verbraucherbeschwerden über telefonisch untergeschobene Verträge dürfte der Ruf nach dem Gesetzgeber weiter lauter werden. Die Verbraucherzentralen kämpfen schon seit längerer Zeit heftig für eine so genannte Bestätigungslösung. Danach soll zumindest in Fällen unzulässiger werblicher Anrufe, dem so genannten Cold Calling, ein telefonisch geschlossener Vertrag nur wirksam werden, wenn der Verbraucher seine Vertragserklärung in Textform gegenüber dem Unternehmen bestätigt.
Entsprechende Ansätze finden sich etwa in einem jüngeren Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Verbraucherschutzes bei unerlaubter Telefonwerbung des Bundesrats (BR-Drs. 17/6482). Daneben sieht ein aktueller Referentenentwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken des Bundesjustizministeriums vor, dass Gewinnspieldienstverträge künftig nicht mehr telefonisch, sondern nur noch in Textform geschlossen werden können.
Eine Fortentwicklung des Verbraucherschutzrechts ist daher wohl zu erwarten.
Der Autor Dr. Sascha Vander, LL.M. ist Rechtsanwalt in einer großen deutschen Sozietät in Köln, Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Lehrbeauftragter der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im dortigen LL.M.-Studiengang Informationsrecht.
Sascha Vander, Urteile zu unerwünschten Bestätigungsschreiben: . In: Legal Tribune Online, 22.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6451 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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