2/2: Austausch vor allem über die Presse
Die Organisation von Entscheidungen, etwa die, wer Sprecher der GGBO werden sollte – sei schon eine Herausforderung. "Wir haben Mitglieder in den Gefängnissen und draußen, die eigentlichen Akteure allerdings sind drinnen." Sie bestimmten die Themen, die Menschen draußen griffen diese auf. Doch die Kommunikation sei schwierig, auch die Übermittlungen von Information über die GGBO an sich. Email sei verboten, die Mitglieder müssten postalisch kommunizieren. Die zunehmende Presseberichterstattung spiele ihnen bei der Information allerdings in die Hände, 850 Mitglieder gebe es inzwischen, Tendenz steigend.
Genug Themen hat die Gewerkschaft allemal: In der JVA Butzbach haben die Gefangenen einen Hungerstreik angekündigt. Irgendwie seien die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse aus den Betrieben der JVA in die Hände der Inhaftierten gelangt – und hätten zu Unmut geführt, erzählt Rast.
Zudem führe in vielen JVA eine dünne Personaldecke "de facto zu einer Haftverschärfung". Denn Umschlüsse, Sportangebote oder Besuchszeiten würden in der Folge eingeschränkt. Mit der Forderung, das Personal in den Haftanstalten aufzustocken, liegt die GGBO inhaltlich jedenfalls mit der Interessenvertretung der Justizvollzugsbediensteten auf einer Linie.
Und die Erfolgsaussichten?
Ob sie mit ihren Forderungen allerdings durchkommen werden, ist eine andere Frage.
"Die Gefangenen stehen in einem außergewöhnlichen Arbeitsverhältnis, sie sind zur Arbeit gegen geringen Lohn verpflichtet und die Arbeit der Inhaftierten gilt zugleich als Therapiemaßnahme", sagt Professor Dr. Henning Ernst Mueller von der Uni Regensburg.
Zwar gebe es den Angleichungsgrundsatz, nach dem die Lebensverhältnisse drinnen und draußen möglichst angepasst werden sollten, etwa hinsichtlich von Arbeitszeiten oder Schutzvorschriften. Doch ob sich Betriebe fänden, für die Arbeit entrichtet werden könne, wenn diese Lohn und Sozialabgaben in voller Höhe entrichten müssten, bezweifelt der Strafrechtler, der sich seit langem mit dem Strafvollzug beschäftigt. Die Produktivität von Häftlingen sei bislang mit der von Arbeitnehmern in der freien Wirtschaft nicht vergleichbar, es fehlte an Motivation der Insassen. Aber natürlich sei die Motivation auch vor allem wegen der niedrigen Entlohnung geringer als in Freiheit.
Auch den Streit, ob eine Einzahlung in die Rentenversicherung sinnvoll wäre, gebe es schon ziemlich lange, so Mueller. Das Bundesstrafvollzugsgesetz von 1977 habe sogar ausdrücklich für die Zukunft vorgesehen, die Gefangenen in die Rentenversicherung einzubeziehen. Doch diese Regelung wurde nie umgesetzt und die jetzt geltenden Landesgesetze sehen dies auch nicht mehr vor. "Allerdings haben sich im Juni 2015 die Justizminister darauf geeinigt, prüfen zu lassen, ob man Gefangene in die Rentenversicherung einbeziehen kann. Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn insbesondere langjährige Gefangene sind durch den Rentenverlust massiv benachteiligt und dies ist ein echtes Hindernis für die Resozialisierung", so Müller.
Einkommen von Häftlingen können noch eine weitere Bedeutung entfalten: In den Niederlanden etwa startete im vergangenen Jahr ein noch Konzept, nach dem Häftlinge für ihre Unterbringung mit 16 Euro pro Tag zur Kasse gebeten werden sollten. Und tatsächlich gibt es in Deutschland bereits vergleichbare Regelungen. § 50 StVollzG, seit der Föderalismusreform mit verschiedenen Varianten in den Landes-Strafvollzugsgesetzen, macht es möglich, von den Strafgefangenen Haftkostenbeiträge zu erheben, wenn sie die selbstverschuldet nicht in der JVA arbeiten oder in der freien Wirtschaft bzw. Selbstbeschäftigung ein höheres Einkommen erzielen, als dies innerhalb der JVA möglich wäre.
Tanja Podolski, Gewerkschaft für den Knast: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17573 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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