Ab dem 12. Juni beginnt die Fußball-WM in Brasilien, und damit kann es auch in deutschen Innenstädten laut werden. Zehntausende Fußballanhänger werden die Spiele, die nach hiesiger Zeit oft erst in den späten Abendstunden stattfinden, bei Public-Viewing-Veranstaltungen mitverfolgen. Um das zu ermöglichen, gibt es eine eigene Ausnahmeverordnung - Alfred Scheidler stellt sie vor.
Der Begriff des Public Viewing kam in Deutschland 2006 auf, als die Fußball-WM im eigenen Land stattfand und Zehntausende von Fans die Spiele gemeinsam vor Großbildleinwänden live miterlebten. Seitdem gibt es zahlreiche Public-Viewing-Veranstaltungen, sei es im kleineren Kreis im Biergarten oder als Großveranstaltung in der Innenstadt. Die Atmosphäre kommt dabei der im Stadion oft nah – und der Geräuschpegel ebenfalls.
Wegen der Zeitverschiebung reichen bei der diesjährigen WM in Brasilien viele Spiele bis in die Nachtstunden nach 22 Uhr hinein, so etwa die Halbfinalspiele am 8. und 9. Juli, die erst um 22:00 Uhr unserer Zeit beginnen oder das Finale, das am 13. Juli um 21:00 Uhr anfängt. Dass dadurch weniger fußballbegeisterte Bürger am Schlafen gehindert werden können, liegt auf der Hand.
Das müssen die WM-Verschmäher jedoch ein Stück weit hinnehmen. Für internationale Sportveranstaltungen von herausragender Bedeutung, wie etwa die Fußball-WM, bejaht die Bundesregierung ein "herausragendes öffentliches Interesse". In der Konsequenz schafft sie mit der "Verordnung über den Lärmschutz bei öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien über die Fußball-WM 2014" analog zu den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 Ausnahmevorschriften, mit denen der Lärmschutz für die Zeit der WM gelockert ist.
Öffentliche Fernsehdarbietungen im Freien unterliegen hinsichtlich des Lärmschutzes grundsätzlich den strengen Vorschriften über nicht genehmigungsbedürftige Anlagen in den §§ 22 ff. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Lärm, der den Nachbarn nicht zumutbar ist, ist danach verboten.
Ausnahmen nur für öffentliche Veranstaltungen
Mit der genannten Verordnung, die nur für die Zeit der Fußball-WM 2014 gilt und nur Live-Übertragungen erfasst, werden Ausnahmen von diesem Lärmschutz zugelassen. Diese Ausnahmen gelten aber nur für Bereiche, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind und aufgrund ihrer Beschaffenheit zum Aufenthalt bei Fernsehdarbietungen im Freien (auch in Zelten) genutzt werden. Darunter fallen zum Beispiel Freilichtbühnen, Freiluftgaststätten, Fest-, Sport- oder Marktplätze. Nicht erfasst ist der Lärmschutz im privaten Bereich, also der private Betrieb von Fernsehgeräten auf Terrassen, Balkonen oder in Gärten. Hier bleibt es bei den allgemeinen Lärmschutzvorschriften.
Die Ausnahmeverordnung selbst enthält keine Lärmrichtwerte, sondern erklärt insofern die so genannte Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) für entsprechend anwendbar. Diese differenziert zum einen nach Baugebieten und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Schutzbedürftigkeit von der konkreten Umgebung abhängt; so ist zum Beispiel in Gewerbegebieten ein höherer Schallpegel zulässig als in Wohngebieten. Zum Anderen sind die Werte differenziert nach Tages- und Nachtzeit festgelegt.
Die Ausnahme gilt allerdings nicht automatisch, sondern muss beantragt werden. Wer Public Viewing anbietet und damit rechnet, dass es laut werden kann, sollte sich also bei der zuständigen Immissionsschutzbehörde (in Bayern etwa ist dies die Kreisverwaltungsbehörde) schlau machen und gegebenenfalls einen Antrag stellen. Die Behörde entscheidet hierüber unter Abwägung der Nachbarschaftsinteressen mit dem Interesse der Allgemeinheit an öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien.
Der Autor Dr. Alfred Scheidler ist Oberregierungsrat in Neustadt und Autor zahlreicher Publikationen zum öffentlichen Recht.
Alfred Scheidler, Fußballweltmeisterschaft 2014: . In: Legal Tribune Online, 20.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11388 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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