Felor Badenberg wird neue Berliner Justizsenatorin: Maaßen-Zuar­bei­terin und lei­den­schaft­liche AfD-Jägerin

von Hasso Suliak

24.04.2023

Die bisherige Vizepräsidentin des Verfassungsschutzes Felor Badenberg wird neue Berliner Justizsenatorin. Unter CDU-Rechtsausleger Hans-Georg Maaßen hat sie Karriere gemacht. Bekannt ist sie aber für ihr beherztes Engagement gegen die AfD.

"Überraschend, bemerkenswert, ein Coup" - mit diesen Worten kommentierten Berliner Journalist:innen, aber auch CDU-Bundestagsabgeordnete am Montag eine Meldung des Tagesspiegels: Die 47-jährige parteilose Verwaltungsjuristin Dr. Felor Badenberg soll auf Wunsch der Berliner CDU neue Berliner Justizsenatorin in einer künftig aus CDU und SPD zusammengesetzten Landesregierung werden. Inzwischen bestätigte die Berliner CDU gegenüber LTO die Personalie.

Badenberg, erst seit Juni 2022 Vize-Präsidentin im Bundesamt für Verfassungsschutz, wird damit die Nachfolge von Linken-Senatorin Lena Kreck antreten. Eine ihrer ersten rechtspolitischen Herausforderungen als neue Senatorin ist die Leitung der Ende Mai in Berlin stattfinden Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und -minister (JuMiKO).

Badenberg, geboren als Felor Haghighi-Niat 1975 in Teheran, kam im Alter von zwölf Jahren nach Deutschland. Ihre rechtswissenschaftliche Ausbildung bestritt sie im Wesentlichen in Köln: 2002 legte sie dort das erste Staatsexamen ab, von 2004 bis 2006 absolvierte sie ihr Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln. Unmittelbar im Anschluss an Examen und Dissertation folgte eine steile Karriere im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV).

Steile Karriere im Geheimdienst

Bevor die Juristin am 15. Juni 2022 von SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser zur ersten Vizepräsidentin der Kölner Behörde berufen wurde, durchlief Badenberg beim Verfassungsschutz diverse Stationen: Zunächst arbeitete sie als Referentin in der Abteilung Auslandsbezogener Extremismus und ab 2007 in verschiedenen Funktionen in der Abteilung Zentrale Dienste. Im Jahr 2008 übernahm sie die Leitung des Personalreferates, bevor sie im Jahr 2012 mit der Leitung des Haushaltsreferates betraut wurde.

In dieser Zeit flog auch die rechtsextreme Terrorgruppe NSU auf – und es wurde klar, dass der Geheimdienst von der Existenz des Trios offenbar nichts gewusst hatte, obwohl es jahrelang mordend durchs Land gezogen war. "Ich habe mich damals so geschämt, und ich schäme mich heute noch", verriet Badenberg 2022 der taz.

2013 wurde Badenberg die Leitung des zentralen Berichtswesens im Amtsleitungsstab des BfV übertragen. Ab 2015 war sie für die Cyberabwehr zuständig – zunächst als Referatsgruppenleitung in der Spionageabwehr. 2019 wurde sie Leiterin der neugegründeten Abteilung Cyberabwehr. Ab Januar 2020 übernahm Badenberg dann die Leitung der Abteilung für Rechtsextremismus und -terrorismus – das ist das Thema, für das sie brennt.

Berliner CDU-MdB: "Gewinn für Berlin, Verlust für Verfassungsschutz"

Nicht überraschend erfolgte insoweit im vergangenen Jahr ihre Ernennung als Vizepräsidentin des BfV in der Männerhochburg Geheimdienst. Bundesinnenministerin Faeser (SPD) kommentierte damals auf Twitter erfreut: "Dr. Felor Badenberg bringt mit ihrer Führungsstärke und Erfahrung genau das mit, was der Verfassungsschutz angesichts der großen Herausforderungen braucht, denen er begegnen muss." Über Badenbergs Weggang nach Berlin dürfte man sowohl im BMI als auch im Geheimdienst selbst alles andere als erfreut sein.

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Beglückt ist hingegen die Berliner CDU. Der Berliner CDU-Rechtspolitiker und Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak, der zeitweise selbst als sicherer neuer Justizsenator gehandelt wurde, kommentierte die Personalie am Montag gegenüber LTO gut gelaunt: Mit der Nominierung von Frau Badenberg sei Kai Wegner ein echter Coup gelungen. "Frau Badenberg verfügt über eine herausragende fachliche Expertise und breite Verwaltungserfahrung. Sie ist eine gewinnende Persönlichkeit und spiegelt mit ihrem persönlichen biografischen Hintergrund die Vielfältigkeit Berlins wider. Sie wird eine ganz hervorragende Justizsenatorin sein", glaubt der Rechtsanwalt. Luczak zufolge steht Badenberg für einen klaren Kurs – nicht zuletzt auch mit Blick auf eine Abgrenzung zur AfD. "Auch wenn diese Personalie für das Bundesamt für Verfassungsschutz sicherlich einen schmerzlichen Verlust bedeutet, freue ich mich für meine Heimatstadt Berlin über diesen enormen Gewinn."

Badenbergs Erfolg: Die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz 

Hervorzuheben ist in der Tat vor allem Badenbergs bisheriges Engagement gegen Rechtsextremismus: Mit ihrer BfV-Abteilung Rechtsextremismus soll sie – gegen den Widerstand aus dem Innenministerium, an dessen Spitze damals noch Horst Seehofer stand – die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall vorangetrieben haben. Wie die taz seinerzeit berichtete, versammelte Badenberg dabei rund 60 Mitarbeitende um sich, Jurist:innen, Historiker:innen, Islamwissenschaftler:innen, auch einen Linguisten. Es sei teils auch nachts gearbeitet worden. "Am Ende steht ein Bericht, 1.001 Seiten stark, eine Dokumentation des Hasses", schrieb die taz. Dass das Verwaltungsgericht Köln im März 2022 die Beobachtung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall billigte, gilt vor diesem Hintergrund auch als Badenbergs Erfolg.

Umso bemerkenswerter ist dieser Erfolg vielleicht auch deshalb, weil Badenberg unter dem 2018 geschassten Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen Karriere gemacht hat. hat. Ausgerechnet unter dem CDU-Rechtsaußen, dem viele heute eine gefährliche Nähe zu Rechtsextremisten attestieren, stieg Badenberg in die Stabsstelle des Geheimdienstes auf und war dort laut Spiegel unter anderem zuständig für Maaßens Vorträge und die Berichte an Parlamentarier. Medienberichten zufolge hat sie es jedoch auch nach Maaßens Amtszeit immer abgelehnt, über ihren ehemaligen Chef zu sprechen.

D'accord mit Rechtsansichten von Kai Wegner? 

Auf die Akzente, die Badenberg als Berliner Justizsenatorin setzen wird, darf man durchaus gespannt sein. Dass die verheiratete Mutter eines Kindes auf CDU-Ticket in der Landesregierung sitzen wird, macht die Sache interessant. 

Badenbergs künftigem Chef, dem designierten Berliner CDU-Oberbürgermeister Kai Wegner, warf nicht nur die SPD-Jugendorganisation Jusos nach seiner umstrittenen Vornamen-Kampagne gegen Menschen mit Migrationshintergrund "Rassismus" vor. 

Davon auszugehen ist, dass auch Felor Badenberg die ein oder andere rechtspolitische Ansicht der Berliner CDU bzw. Kai Wegners nicht teilen wird. Indes: Mit Rechtsauslegern als Vorgesetzen hat die parteilose Juristin Erfahrung. Von guter Arbeit abgehalten hat sie das bisher nicht.

Zitiervorschlag

Felor Badenberg wird neue Berliner Justizsenatorin: . In: Legal Tribune Online, 24.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51614 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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