3/3: Unterhalt abhängig vom Wohnsitz des Kindes
Noch ist eine Umsetzung der europäischen Vorgaben nicht erfolgt. Unwahrscheinlich ist, dass dies noch in der aktuellen Legislaturperiode gelingt. Dies hängt auch damit zusammen, dass sich aus einer Abkehr vom Residenzmodell viele Veränderungen ergeben:
So hat der Gesetzgeber in § 1606 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Ermittlung des geschuldeten Kindesunterhaltes nur das Residenzmodell formuliert. Diese Regelung knüpft an den Wohnsitz des Kindes an – und hat finanzielle Auswirkungen in Bezug auf Unterhalt und Steuern wie der fehlende Haushaltsfreibetrag für das Kind, für das man "nur" Unterhalt zahlt. Hier ist der Gesetzgeber ganz entschieden gefordert, diese Regelungen an die europäische Vorgabe des Wechselmodells anzupassen.
Doppelresidenzmodell und doppelter Barunterhalt
Vereinbaren die Eltern nun ein Wechselmodell, entsteht häufig die Frage, wie sich dies auf die Barunterhaltspflicht gem. §1606 BGB auswirkt. Der BGH (Beschl. v. 12.03.2014, Az. XII ZR 234/13) verlangt für eine Abweichung von der einseitigen Barunterhaltspflicht ein „echtes“ Wechselmodell. Mit seiner Entscheidung vom 5. November 2014 (Az. XII ZB 599/13) stellt er klar, dass bei paritätischer Betreuung auch beide Elternteile ihren Kindern zu Barunterhalt verpflichtet sind.
Etliche Elternpaare gehen davon aus, dass bei einem echten Wechselmodell die Unterhaltspflicht entfällt. Diese Überlegung erscheint zunächst realitätsnah, sie ist indes nicht richtig. Durch den Fortfall des Residenzmodells entsteht eben ein Doppelresidenzmodell, das dann zu einer doppelten Barunterhaltspflicht führt. Nur bei nahezu identischen Einkommensverhältnissen kann es daher zu einem „Fortfall“ der Barunterhaltspflicht kommen, weil die Anteile der jeweils paritätisch kinderbetreuenden Elterneile eben gleich hoch wären. Da dies nur in den seltensten Fällen zutrifft, hat sich die Rechtsprechung in den vergangenen –Jahren immer häufiger damit auseinandersetzen müssen, wie der Unterhalt dann zu berechnen ist.