Auch in Frankreich darf Uber seine Vermittlung von Privatleuten im Straßenverkehr nicht starten. Mit formalen Argumenten, dieses Mal einer angeblich unterbliebenen Notifizierung, kommt das Unternehmen nicht durch. Zu Recht, meint Askan Deutsch.
Der amerikanische Mobilitätsdienst Uber muss im europäischen Markt erneut eine bittere Niederlage verkraften. Auch in Frankreich wird das einst so erfolgsverwöhnte Start-up nicht zu seinem ursprünglichen Modell zurückkehren können. Dieses sieht vor, Fahrten mit Privatleuten als Chauffeur zu vermitteln.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat aber entschieden, dass ein solcher Dienst eine Verkehrsdienstleistung ist und entsprechend reguliert werden muss (EuGH, Urt. v. 10.04.2018, Az. C-320/16 – Uber France. Uber ist damit rechtlich mit klassischen Taxi-Diensten gleichgestellt. Die EuGH-Entscheidung ist ein weiterer herber Rückschlag für das US-Unternehmen.
Das französische Verkehrsgesetzbuch als technische Vorschrift?
Am Dienstag bestätigte der Europäische Gerichtshof, dass das Verbot und die strafrechtlichen Sanktionen des französischen Verkehrsgesetzbuchs gegen Uber France wirksam waren. Das Unternehmen hatte nach Ansicht der französischen Behörden gegen diese nationalen Vorgaben verstoßen, weil es über UberPop Fahrgäste durch Privatpersonen, die keine Berufskraftfahrer waren, in ihren eigenen Autos befördern ließ.
Uber France hatte eingewandt, das Verkehrsgesetzbuch könne ihr nicht entgegengehalten werden. Das nationale Verbot sei eine sog. "technische Vorschrift" gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (98/34). Nach der Richtlinie sind bestimmte nationale binnenmarktrelevante Rechtsakte gegenüber der Kommission anzuzeigen (sog. Notifizierungspflicht). Damit hätte, so die Argumentation von Uber, die EU-Kommission informiert werden müssen. Das war unstreitig nicht geschehen.
Auf Vorlage des Regionalgerichts aus Lille sollte der EuGH daher dazu Stellung nehmen, ob das französische Verkehrsgesetzbuch eine solche "technische Vorschrift für einen Dienst der Informationsgesellschaft" sei, über welche die Kommission hätte notifiziert werden müssen - und ob das Verbot deswegen für Uber France nicht anwendbar sei.
EuGH: Kein Dienst der Informationsgesellschaft
Die Richter in Luxemburg folgten nun erwartungsgemäß den Schlussanträgen des Generalanwalts Szpunar. Er verneint eine Notifizierungspflicht. Die Mitgliedstaaten könnten die rechtswidrige Ausübung von Beförderungstätigkeiten im Rahmen des Dienstes UberPop verbieten und strafrechtlich ahnden, ohne vorab der Kommission den Gesetzentwurf mitzuteilen, mit dem dies unter Strafe gestellt wird.
Schon in einem früheren Verfahren in Sachen Uber Spanien hatte der EuGH festgestellt, dass Uber nicht bloß ein elektronischer Vermittlungsdienst, sondern ein komplexer einheitlicher Dienst sei (Urteil vom 20.12.2017, Az. C-434/15). Die elektronisch erbrachte Leistung der Zusammenführung sei nicht von der Beförderungsleistung unabhängig, sondern untrennbar mit ihr verbunden; zugleich übe Uber eine maßgebliche Kontrolle über die eigentliche Beförderungsleistung aus. Schon deswegen sei UberPop kein "Dienst der Informationsgesellschaft", sondern eine Verkehrsdienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit d) der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt (2006/123).
Darauf beziehen sich die Richter in Luxemburg nun erneut: Der Dienst UberPop in Frankreich sei im Wesentlichen identisch und daher auch kein "Dienst der Informationsgesellschaft" im Sinne der Richtlinie 98/34. Das Verkehrsgesetzbuch musste daher nicht der Kommission vorgelegt werden.
Generalanwalt Szpunar hatte zudem das französische Verkehrsgesetzbuch auch nicht für eine "technische Vorschrift" gehalten. Das nationale Verbot ziele nur darauf ab, die Vermittlertätigkeit bei der rechtswidrigen Ausübung der Beförderungstätigkeit zu verbieten. Wenn aber jedes nationale Verbot der Vermittlung rechtswidriger Tätigkeiten schon deshalb als technische Vorschrift anzusehen wäre, weil diese Vermittlung höchstwahrscheinlich elektronisch erfolgt, würde dies zu einer unangemessenen Erweiterung der Notifizierungspflicht führen. Der EuGH übernimmt dieses zusätzliche Argument jedoch nicht, weil es darauf aus seiner Sicht offenbar nicht mehr ankam.
Ein (folge-) richtiges Urteil
Der EuGH folgt damit konsequent seiner Linie und bestätigt nun auch für Uber France, dass der Vermittlungsdienst UberPop den nationalen Regelungen, in Frankreich dem dortigen Verkehrsgesetzbuch unterliege.
Das Ergebnis und die Begründung des Urteils sind absolut folgerichtig. Nachdem Uber in einigen Mitgliedstaaten zunächst mit dem Versuch gescheitert ist, seine Dienste als bloße Informationsdienstleistung zu klassifizieren, führt auch das Bemühen des Unternehmens, ein nationales Verbot über die vermeintlich EU-rechtswidrig unterbliebene Notifizierung zu umgehen, nicht zum Ziel.
Nun steht noch ein Vorabentscheidungsersuchen des BGH zu UberBlack (BGH, Az. I ZR 3/16) aus. Über das Mietwagenmodell des Unternehmens hat der EuGH noch nicht entschieden (EuGH, Az. C-371/17,). Da der Sachverhalt in dem Fall aber nur unwesentlich von den bereits entschiedenen Konstellationen abweicht und trotz elektronischer Elemente der Uber App die Beförderungsleistung auch dort im Mittelpunkt steht, ist mit vergleichbarem Ausgang zu rechnen.
Der Autor Askan Deutsch, LL.M. (SLU) ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei FPS Partnerschaftsgesellschaft mbB in Hamburg und Attorney-at-Law in New York. Er berät Mandanten vom Hamburger Standort aus. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen das Wettbewerbs- und Markenrecht.
EuGH bestätigt Verbot von UberPop: . In: Legal Tribune Online, 11.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27987 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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